Der Bundesrat hat den Weg für die rezeptfreie „Pille danach“ freigemacht. Ärtzeverbände warnen vor einer Verharmlosung des Problems durch die neue Regelung.
Der Bundesrat hat den Weg für die „Pille danach“ ohne Rezept geebnet. Ärzteverbände haben dagegen Bedenken geäußert
Der Bundesrat hat den Weg für die rezeptfreie „Pille danach“ freigemacht. In ihrer Sitzung am Freitag stimmte die Länderkammer einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu – allerdings unter Auflagen. Die Länder fordern als begleitende Maßnahme ein Versandhandelsverbot. Das soll sicherstellen, dass die Notfallverhütung so bald wie möglich nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen wird. Die „Pille danach“ wird nun in Deutschland auch ohne Rezept vom Arzt erhältlich sein. Das war bislang nicht möglich.
Gegen die Rezeptfreiheit der „Pille danach“ haben sich verschiedene Ärzteverbände ausgesprochen. Sie befüchten, dass Frauen ohne die Verordnung durch den Arzt nicht oder nicht mehr ausreichend beraten werden. Die Verbände haben ihre Bedenken am Dienstag in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mitgeteilt. Eine gemeinsame Erklärung des Berufsverbandes der Frauenärzte (BVF), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin besagt: „Eine fehlerhafte Beratung erhöht jedoch die Gefahr unerwünschter Schwangerschaften dramatisch.“
Auch der Evangelische Fachverband für Sexualethik und Seelsorge Weißes Kreuz, äussert Bedenken wegen der Rezeptfreiheit der „Pille danach“. Nikolaus Franke, Jugendreferent beim Weißen Kreuz, sagte auf Anfrage von pro: „Es ist offensichtlich, dass durch die Freigabe die Verantwortung immer weiter nach hinten hinausgeschoben wird – zeitlich und finanziell.“ Franke wertet die Annahme, dass Gesetze nur bestehende Wirklichkeiten reflektierten, als „albern“. „Sie schaffen ebenso neue Wirklichkeiten: In dem Falle wird sich das Verhütungsverhalten verändern – mit einem Trend zu geringerer Kondomnutzung – denn es gibt problemlos ja die Pille danach. Damit werden dann nicht nur Schwangerschaften verhindert, sondern auch Schwangerschaften induziert, die es jetzt gar nicht gegeben hätte“, sagt Franke. Der Jugendreferent befürchtet, dass mit der Neuregelung auch eine „Zunahme ungeschützten Verkehrs und damit verschiedener Geschlechtskrankheiten“ einhergeht. Bereits jetzt würden die Infektionen mit Chlamydien rapide zunehmen. Die Infektion mit dem Bakterium kann bei Frauen zur Unfruchtbarkeit führen.
Die „Pille danach“ ist auch aus ethischer Sicht umstritten, da Unklarheit bei der Wirkung der Medikamente herrscht. Vertreter der Kirchen und der „Lebensrechtsbewegung“ schreiben den Präparaten eine abtreibende und nidationshemmende (die Einnistung der befruchteten Eizelle hemmende) Wirkung zu. Sie sehen darin eine „frühabtreibende Wirkung“. Dies wird als unbewiesene Behauptung von Kritiker zurückgewiesen. Sie argumentieren mit der ovulationshemmenden (Hemmung des Eisprungs) Wirkung der „Pille danach“. Mit dem Medikament kann noch Tage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft verhindert werden. Wer ohne Rezept vom Arzt das Medikament haben möchte, muss allerdings selber dafür zahlen. Für die Kostenübernahme durch eine Krankenkasse ist auch nach der Aufhebung der Rezeptpflicht durch den Bundesrat weiterhin die Vorlage einer ärztlichen Verordnung erforderlich. (pro)
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