Bayern: Streit um Hausunterricht beigelegt

M ü n c h e n (KEP) - Das bayerische Kultusministerium hat im Streit mit der christlichen Gemeinschaft "Zwölf Stämme" um die Schulpflicht ihrer Kinder eine neue Regelung gefunden. Die Gemeinschaft darf künftig auf ihrem Gelände eine private Ergänzungsschule betreiben.
Von PRO

Die Gemeinschaft wurde im Jahr 2000 in dem Dorf Deiningen in der Nähe von Nördlingen gegründet. Im Sommer 2001 begann der Streit zwischen der Gemeinschaft und dem bayerischen Kultusministerium. Die Mitglieder weigerten sich, ihre 36 Kinder in öffentliche Schulen zu schicken.

Vor allem die Art des Sexualkundeunterrichts und die im Biologieunterricht gelehrte Evolutionstheorie lehnen die Eltern ab. Einige Väter wurden sogar in Beugehaft genommen, weil sie die als Strafe verhängten Bußgelder nicht zahlten.

Auf ihrer Internetseite begründen die Eltern ihre Haltung: „Wir lehnen es ab, unsere Kinder in unordentliche Klassenzimmer zu schicken, in denen Rebellion gegen Eltern, Lehrer, die Menschenwürde und die Religionsfreiheit (die vom Grundgesetz geschützt wird) vorherrscht. Außerdem nehmen sexuelle Freizügigkeit, Drogenmissbrauch und antichristliches Gedankengut überhand…“

Die Gemeinschaft hat sich nun verpflichtet, die staatlichen Lehrpläne einzuhalten. Außerdem werden zwei ausgebildete Gymnasiallehrer die Kinder unterrichten, ein Grundschullehrer soll noch eingestellt werden. Der Unterricht wird durch regelmäßige Besuchen der staatlichen Schulaufsicht überprüft.

Die Frankfurter Sonntagszeitung berichtete über den Fall

In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) berichtete Julia Schaaf über das Thema. Sie beschrieb die aktuellen Entwicklungen im Schulstreit und gab Hintergrundinformationen zum so genannten Homeschooling.

In den USA habe sich das „Homeschooling“ seit vielen Jahren etabliert. Doch auch in Deutschland wachse „die kleine Zahl der Schulverweigerer aus Überzeugung“, heißt es in der FAS. „Wir beobachten, dass das Thema in den letzten Jahren auf bescheidenem Niveau an Relevanz gewinnt“, so der Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Andreas Fincke. Die Gesamtzahl der Heimschüler in Deutschland liege zwischen 500 und 1.000. In den USA werden knapp drei Millionen Schüler zuhause unterrichtet.

Meist sind es christliche Eltern, die ihre Kinder lieber zu Hause unterrichten wollen als sie den aus ihrer Sicht unzulänglichen Lernbedingungen an staatlichen Schulen auszusetzen. Aber auch reformpädagogisch orientierte Eltern, denen es um ein „Familienkonzept“, um ein „ganzheitliches Lebens- und Arbeitsverständnis“ geht, reihen sich ein in die Liste derer, die für den Heimunterricht kämpfen. Oft wollen die Eltern ihre Kinder aus pädagogisch wertvollen Gründen nicht an öffentliche Schulen schicken.

Die Vorteile dieses Modells, so zietiert die „FAS“ die Eltern, lägen auf der Hand: besseres Lernklima dank kleinerer Lerngruppen von vier bis sechs Schülern, höhere Effizienz, keine Gefährdung der Kinder durch Drogenkonsum an Schulhöfen und kein Okkultismus, kein Sexualkundeunterricht sowie die Lehre der Schöpfung neben der Evolutionstheorie.

Skepsis und Kritik bei Fachleuten

Pädagogen und Kultusminister stehen dem Konzept des Homeschooling jedoch eher skeptisch gegenüber: Sie verweisen auf die Schulpflicht, die zudem das Schulrecht beinhalte. Sie fordern, dass „Kinder und Jugendliche nach einem festen Lehrplan unterrichtet werden“, sodass die Kinder „eines Tages ein Examen haben, mit dem sie ihr Leben selbst gestalten können“, so der Sprecher des bayrischen Kultusministeriums Ludwig Unger. Nur die Schule könne die Einhaltung dieser Standards gewährleisten, heißt es in dem Beitrag der FAS weiter.

In Deutschland gibt es bislang keine staatlich anerkannte Möglichkeit, Materialien für den Heimschulunterricht zu erhalten. Institutionen wie die Deutsche Fernschule (Wetzlar) bieten Unterrichtsmaterialien für Kinder, die im Ausland leben und dort zu Hause unterrichtet werden.

In Deutschland dürfen Kinder nur in Ausnahmefällen zu Hause unterrichtet werden. In anderen Ländern wie den USA oder in Österreich können Eltern bereits ihre Kinder in Absprache mit den Behörden legal selbst unterrichten. Am Schuljahresende nehmen die Kinder an Prüfungen teil. Wer diese besteht, darf weiterhin zu Hause lernen, wer durchfällt, muss in die Schule.

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