Barack Obama: „Ich lese täglich in der Bibel“

"Uns allen hilft es, wenn wir innehalten, beten und auf den Schöpfer hören." Das sagte US-Präsident Barack Obama beim 60. Nationalen Gebetsfrühstück in Washington D.C. Gegenüber pro schildern Mitglieder der deutschen Delegation ihre Eindrücke von dem Treffen - darunter der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).
Von PRO

"Wir sind hier, um gemeinsam Gottes Angesicht zu suchen", sagte Obama am Donnerstagmorgen (Ortszeit) zu den etwa 3.000 Besuchern des Gebetsfrühstücks im Washingtoner Hilton-Hotel. "In unserer Zeit ist es leicht, sich zu verlieren oder im Alltag unterzugehen. Die Momente des Gebets erden uns, sie entschleunigen das Leben", so der Präsident. "Egal wie hoch unser Arbeitspensum und wie wichtig unsere Titel sind – keiner von uns ist perfekt, und es hilft uns, wenn wir auf den Schöpfer hören."

Politiker, Diplomaten und Würdenträger aus allen Teilen der Welt sind laut der Veranstalter zu dem traditionellen Treffen angereist. "Ich spreche jeden Morgen ein Gebet und lese kurz in der Bibel", sagte Obama über sein persönliches Glaubensleben. Hin und wieder würden die mit ihm befreundeten Pastoren Joel Hunter oder T.D. Jakes anrufen oder ihn im Weißen Haus besuchen, um gemeinsam zu beten – "für mich, unser Land und meine Familie".

Während Obama im Vorjahr konkret über seine persönliche Beziehung zu Jesus Christus sprach, blieb er in dieser Rede allgemeiner. Persönlich wurde es, als er von seiner letzten Begegnung mit dem Evangelisten Billy Graham berichtete: "Billy begrüßte mich, wie man einen Verwandten oder engen Freund begrüßt", so Obama. "Nachdem er für mich gebetet hatte, spürte ich das Verlangen, auch für ihn zu beten. Ich wusste zuerst nicht, was ich beten soll, aber der Heilige Geist half mir. Mein Gebet war kurz, doch es kam von Herzen. Dann haben wir uns umarmt."

Eric Metaxas: Echter Glaube kommt von Herzen

Unmittelbar vor Präsident Obama erntete der "New York Times"-Journalist und in Deutschland durch seine Bonhoeffer-Biografie bekannte Schriftsteller Eric Metaxas für seine Rede großen Applaus – und schallendes Gelächter. In seiner von Wortwitz und Scherzen aufgelockerten Predigt ermutigte er die Zuhörer zu einem authentischen Glauben, der sich durch Nächstenliebe manifestiert. "Wir alle kennen Menschen, die nur in die Kirche gehen, aber nicht die Liebe Jesu im Herzen haben. Echter Glaube kommt aber aus dem Herzen." Gott sei kein Besserwisser mit erhobenem Zeigefinger, er kenne und liebe jeden einzelnen Menschen.

Metaxas appellierte an die Zuhörer, auch das Gebot der Feindesliebe umzusetzen: "Du musst auch deine politischen Gegner durch Gottes Augen sehen. Er liebt ja auch sie. Wenn dir das gelingt, hat sich dein Glaube bewährt." Mit einem Augenzwinkern ging der Journalist auf linksgerichtete Demonstranten der "Occupy"-Bewegung ein, die vor dem Hilton-Hotel ein alternatives Gebetsfrühstück abhielten. "Für die sind der Präsident und ich eine Marionette der Mächtigen – dabei haben sie den Präsidenten selbst gewählt." Am Ende seiner Rede überredete Metaxas das Publikum dazu, sich spontan zu erheben und den Gospelklassiker "Amazing Grace" zu singen.

Joachim Herrmann: Bekenntnis mehr als Sonntagsrede

Vertreter der deutschen Delegation beim Gebetsfrühstück äußerten sich gegenüber pro positiv über das Treffen. "Ich habe sehr stark wahrgenommen, dass das christliche Bekenntnis von Präsident Obama mehr war als eine Sonntagsrede", sagte der bayerische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU). "Der Glaube reicht in den Alltag hinein." Das überparteiliche Bekenntnis zur christlichen Verantwortung habe Demokraten und Republikaner an diesem Morgen geeint. Ihm persönlich sei Obama nachdenklicher erschienen als noch vor einem Jahr, so der Minister. Auch die Rede von Eric Metaxas hat Herrmann angesprochen: "Für deutsche Gemüter ist der ausgeprägte Humor in diesem kirchlichen Kontext vielleicht ungewohnt gewesen – aber es handelt sich ja schließlich auch um eine frohe Botschaft."

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Meinhardt hat sich über Metaxas‘ Rede gefreut: "Sein Beitrag über Bonhoeffer hat mich persönlich sehr angerührt – auch deswegen, weil Bonhoeffer für mich politisch wie religiös ein Vorbild ist", sagte er im Gespräch mit pro. Barack Obama habe seine Worte sehr ruhig und sorgfältig gewählt: "Er war erstaunlich zurückhaltend und weniger offensiv, als ich es erwartet hätte", so Meinhardt. Die gesamte Veranstaltung hat er als sehr positiv erlebt: "Die Kombination von Musik, Reden und Gebeten war eine ganz besondere Zusammenstellung", sagte er.

"Barack Obama hat authentisch gewirkt", erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein. Die Rede des Präsidenten sei mit ehrlichem Applaus belohnt worden, der allerdings auch länger hätte ausfallen können. Das Gebetsfrühstück sei für ihn ein "Mosaikstein" von mehreren interessanten Begegnungen während seines Washington-Aufenthalts. Er habe viele Bekannte unter den US-Abgeordneten und werde sich unter anderem mit dem jetzigen Senator und früheren US-Botschafter in Berlin, Daniel Coats, treffen. "Hier begegnen sich nicht nur Christen, sondern Menschen aller Religionen, aus allen Teilen der Welt", berichtete Klein im Gespräch mit pro. Eric Metaxas sei ein Redner, der nicht nur viel Inhalt transportiere, sondern auch einen hohen Unterhaltungswert habe. "Es ist ein Genuss, ihm zuzuhören, und ich hoffe, er kommt bald wieder zu Besuch nach Deutschland", so Klein.

Bernhard Felmberg: "Fragezeichen bei Jesusverständnis"

Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Bernhard Felmberg, bewertete die Ansprache Obamas als "staatstragend und emotional zurückhaltend". "Der Präsident hat deutlich gemacht, dass die USA auf ein Glaubensbekenntnis gegründet sind, dessen Werte auch im politischen Handeln nicht außen vor bleiben müssen." Eric Metaxas habe die Zuhörer mit Humor und tiefen Gedanken zum Glauben begeistert. Da er auch über Dietrich Bonhoeffer gesprochen hat, habe das "Jubiläums-Gebetsfrühstück" sehr stark unter dem Eindruck Bonhoeffers gestanden. Auf der Veranstaltung hätten sich Vertreter unterschiedlicher Religionen getroffen: "Diese Begegnung geschah im Geiste des Jesus von Nazareth, der allen Menschen mit Respekt begegnet – nicht unbedingt unter dem Verständnis von Jesus als Christus. Das möchte ich als evangelischer Theologe mit einem Fragezeichen versehen", so Felmberg.

Weitere Teilnehmer der deutschen Delegation waren der Vizepräsident des niedersächsischen Landtags, Hans-Werner Schwarz (FDP), der bayerische Landtagsabgeordnete Florian Herrmann (CSU), der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Werner Raab (CDU) sowie der Bundestagsabgeordnete Raju Sharma (Die Linke). Das erste Gebetsfrühstück in Washington gab es 1953. Ähnliche Gebetstreffen gibt es mittlerweile auch im Deutschen Bundestag und in verschiedenen Landtagen. (pro) 

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