Balkan-Komödie über Priester, Sex und Moral

Die Kirche hat klare Regeln, was Sünde ist, und was nicht. Verhütung mit Kondomen beispielsweise will der Vatikan nicht. Aber dass Sünde manchmal auch von Gesetzen nicht verhindert werden kann, zeigt eine wunderbare Komödie aus Kroatien. Eine Filmkritik von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher

Auf einer kleinen dalmatinischen Insel gibt es ein Problem: Es werden keine Kinder mehr geboren, und der örtliche Pfarrer hat mehr mit Beerdigungen zu tun als mit Taufen. Der Grund: Verhütungsmittel sind in ganz Kroatien immer häufiger im Einsatz. Und so kommt es, dass zwar alle möglichen Leute Sex miteinander haben, aber trotzdem immer weniger Kinder zur Welt kommen. Der Kiosk-Verkäufer Petar freut sich natürlich über den großen Absatz von Kondomen. Gleichzeitig plagt den gläubigen Katholiken das Gewissen: Verhütung ist doch Sünde!?

Eine Nadel vernichtet nicht nur Kondome

So beichtet Petar dem jungen Priester Fabijan sein leider erfolgreiches Geschäft mit den Gummis. Fabijan ist alarmiert. Er erteilt Petar zwar die Absolution, schmiedet mit ihm aber auch einen – fast könnte man sagen: teuflischen – Plan: sie stechen heimlich mit einer Nadel ein Loch in jedes Kondom, das über die Ladentheke geht. Noch dazu vertauscht der Apotheker des Ortes Verhütungspillen mit Vitaminen. Die Kroaten in Kroatien dürfen schließlich nicht aussterben! Ausländer gibt es im Land ohnehin schon zu viele…
Die Folge: Natürlich steigt die Geburtenrate an. Die Insel wird durch Fernsehberichte überall bekannt als Ort mit magischen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit. Doch auch andere, sehr unangenehme Konsequenzen folgen aus dem gut gemeinten Plan. Don Fabijan, der Kioskverkäufer Petar und der Dorfapotheker müssen mit ansehen, wie die ungewollten Schwangerschaften in den Leben vieler Menschen alles andere als Segen bewirken. Natürlich würde sich der Papst in Rom freuen, wenn ihm ein Priester von seiner kroatischen Insel einen wundersamen Babyboom vermelden kann, doch manchmal kommt eine Schwangerschaft für eine Frau eben einer Katastrophe gleich. Die Beziehungen sind vielleicht gar nicht geklärt, die Vaterschaft unklar, oder die Eltern sind zu arm, um ein Kind gesund aufzuziehen. Außerdem verhindern Kondome Krankheiten wie AIDS. Auf einmal greift die Komödie ernste Fragen auf, die weit in ethische und theologische Themen hineingreifen.

Na klar: Der Bischof kommt auf der Luxus-Yacht

„Gott verhüte!“ gelingt es, auf wunderbare Art und Weise zu unterhalten und den Zuschauer an vielen Stellen zum Lachen zu bringen und dennoch zentrale Themen der Kirche kritisch anzusprechen. Die vielleicht beste Szene ist der Besuch eines Bischofs aus Rom: Mit einer riesigen Luxus-Yacht fährt er vor, um zu klären, was es mit dem Priester auf sich hat, bei dem man Kondome gefunden hat. Der Gesandte aus Rom geht fest davon aus, dass Don Fabijan ein sexuelles Verhältnis mit irgendwem hat und die Sache mit dem Loch-Stechen nur eine perfekte Ausrede ist. Recht abgehärtet erwartet er das Schlimmste, doch als er erfährt, dass es sich immerhin nicht um Missbrauch von Minderjährigen handelt, ist für ihn die Sache schnell abgehandelt („sonst hätte ich Sie versetzen müssen“), und er verschwindet wieder auf seiner Yacht. Auch das Thema sexueller Missbrauch in der Katholischen Kirche spricht die Komödie an, ohne jemals wirklich respektlos zu werden.
Die Kirche verurteilt aus ihrer Sicht zu Recht falsche sexuelle Praktiken in ungeordneten Verhältnissen und ist gegen Verhütung, da Gott der Gott des Lebens ist und Kinder ein Geschenk sind. Dennoch können ungewollte Schwangerschaften das Leben der Eltern in ein Chaos stürzen, das drückende schlechte Gewissen kann in den Selbstmord führen, und Lügen führen immer zu Bösem. Kurz: Sünde passiert immer, und wenn ein Priester versucht, mit einer kleinen Nadel das Leben vieler Menschen zu manipulieren, begeht er selber eine Sünde. Dass selbst Geistliche, die schon so lange im Dienst sind wie Fabijans Vorgänger sogar noch schlimmere Sünden begehen können als die Schäfchen der Gemeinde, zeigt der Film auf eindrucksvolle Weise. Und dennoch ist „Gott verhüte!“ ein sehr lustiger Film mit exzellenten Schauspielern, gut getimten Gags und schöner Musik.
Wer die Filme des jugoslawischen Regisseurs Emir Kusturica („Schwarze Katze, weißer Kater“) oder die burlesk-grotesken Filme von Veit Helmer („Tuvalu“) mag, dem wird auch die Balkan-Komödie „Gott verhüte!“ gefallen. Regisseur Vinko Bresan hat ein Theaterstück des kroatischen Autoren und Musikers Mate Matišić bunt umgesetzt. Auch wenn die Geschichte im letzten Drittel ausufert und ohne große Verluste hätte gekürzt werden können, kann man diese kirchenkritische Komödie jedem empfehlen, der eine Mischung aus leichter Unterhaltung und ernsten Tönen mag. (pro)
Gott verhüte! – Originaltitel: Svecenikova Djeca, seit dem 7. August 2014 im Kino, Drama/Komödie, Serbien, Kroatien 2013, ca. 97 min, FSK: ab 12

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