Autorin Meray: „Glaube endet nicht an Landesgrenzen“

Die deutsch-türkische Autorin Sema Meray plädiert an ihre Landsleute in der Türkei für den Erhalt des Klosters Mor Gabriel. In einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" fordert sie dazu auf, sich kritisch mit den Plänen der Politik für das Kloster auseinander zu setzen.
Von PRO

Das syrisch-orthodoxe Kloster ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt. Es liegt nahe der türkischen Stadt Midyat und gehört als geistliches Zentrum der christlichen Minderheit zu den bedeutendsten Einrichtungen der syrisch-orthodoxen Kirche. 2007 wurde der amtierende Abt des Klosters für zwei Tage entführt. Zwölf Monate später verklagten drei kurdische Dörfer „Mor Gabriel“ wegen „rechtswidriger Ansiedlung“.

Durch das daraus resultierende Gerichtsverfahren ist das Kloster seitens türkischer Behörden in seiner Existenz bedroht. Die Behörden verlangen die Verstaatlichung des Grundstücks und der Ländereien. Die Kläger werden durch lokale Politiker der regierenden AKP unterstützt, während die Europäische Union zu dem Prozess Beobachter entsandt hat.

Meray stützt ihre Kritik auf die Worte des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk. Zugleich bemängelt sie, dass das türkische Volk mit seinem Verhalten diesen Weg nicht mitgehe. Auch sie sei stolz, Türkin zu sein, „doch schäme ich mich, wenn ich die Nachrichten aus meinem Heimatland lese“. Es gelte, nicht nur gemünzt auf das Kloster Mor Gabriel, auch anderen Respekt zu zollen, deren Ehre zu achten und die Möglichkeit zu prüfen, das eigene Verhalten zu überdenken.

„Nicht nur die islamischen Bestandteile der Gesellschaft sehen“

„Es ist sinnlos, den eigenen Stolz erst dann zu zeigen, wenn Ausländer sich um die antiken Zeugnisse des Landes kümmern, sie sichern, restaurieren und allen Menschen der Welt zugänglich machen“, findet Meray deutliche Worte. Atatürk habe nicht nur versucht, den Stolz auf die eigene Geschichte zu fördern und sich mit der Heimat zu identifizieren, sondern auch das Ziel gehabt, den Blick für alles andere zu öffnen. Logische Schlussfolgerung daraus müsse sein, dass man nicht nur die islamischen Bestandteile der Gesellschaft sehe, sondern auch die Kunst und Baudenkmäler, die vor der Geburt des Islam entstanden seien.

So kostbare Zeugnisse wie das Kloster Mor Gabriel dürften nicht zerstört oder anderweitig genutzt werden: „Unser Volk braucht keinen Machtbeweis, dass wir christliche Bauten anders nutzen können. Respektiert den Glauben anderer Religionen, die in unserem Land leben, lasst auch sie glauben, so wie ihr glauben wollt und dürft.“ Den Beweis, ob sie diesen Weg mitgehen wollen, müssen die amtierenden Machthaber erst noch antreten.

Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht

Die Türkei hat eine bewegte Geschichte, was die Toleranz gegenüber Religionen angeht. In dem Land am Bosporus fielen 1915 mehr als eine Million armenische Christen der Vertreibung und Ermordung zum Opfer. Acht Jahre später waren es etwa genauso viele griechische Christen. Obwohl die Religionsfreiheit weltweit als Menschenrecht anerkannt ist, wurden zu Beginn des 21. Jahrhunderts weltweit mehr als 200 Millionen Christen verfolgt und durften ihren Glauben nicht frei leben.

Die 41-Jährige Sema Meray ist deutsch-türkische Schauspielerin und Autorin. Sie wuchs als türkische Staatsbürgerin in Deutschland auf und hat unter anderem in der WDR-Fernsehserie „Die Anrheiner“ und in der „Lindenstraße“ mitgewirkt. Ihr Theaterstück „Wegen der Ehre“ war bis vor kurzem in Köln zu sehen. (PRO)

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