Wenn sich Schriftsteller und Wissenschaftler mit dem Islam befassen, etwa über Islamisten oder islamistische Ideologien Bücher veröffentlichen, dann kommt es seit 2006 immer wieder zu Diskussionen zwischen Autoren und Verlegern. Warum? In jenem Jahr sorgten Muslime für weltweite Proteste aufgrund von "Mohammed-Karikaturen" – und bis heute prägt der Aufstand die Verlagsbranche.
Von PRO
Foto: www.leda-verlag.de
Im August dieses Jahres sorgte ein Buch für neuen Wirbel um die dänischen Karikaturen des Propheten Mohammed aus dem Jahr 2005. Am 30. September 2005 hatte die Zeitung "Jyllands Posten" die Zeichnungen erstmals veröffentlicht, zu sehen war etwa Mohammed mit einem Turban, in dem eine Bombe steckte. Erst im Januar 2006 aber, nach weiteren Abdrucken in anderen Blättern, kam es in weiten Teilen der muslimischen Welt zu teilweise gewaltsamen Protesten gegen die Darstellungen. Botschaften westlicher Staaten in muslimischen Ländern wurden angegriffen, Korrespondenten westlicher Fernsehanstalten verletzt, Hunderttausende Muslime protestierten, rund 200 Menschen starben in den Tumulten und bei Angriffen. Selbst vor deutschen Verlagsgebäuden machten Islamisten nicht Halt: Am 3. Mai 2006 etwa drang ein 28-jähriger Pakistaner, bewaffnet mit einem Messer, in das Berliner Verlagsgebäude der Tageszeitung "Die Welt" ein, er wollte den damaligen Chefredakteur wegen der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen angreifen.
Die Konsequenzen nach Publikationen von für Muslime missliebigen Bildern oder Texten sind also seit 2006 bekannt – und sie prägen die Verlagswelt nach wie vor. Als etwa die Politikwissenschafterin Jytte Klausen im renommierten Verlag "Yale University Press" ein Buch über die Aufstände veröffentlichen wollte, musste sie sich mit einer Anordnung des Verlages auseinander setzen: Die Bilder von Mohammed sollten in ihrem Buch nicht veröffentlicht werden. Der Verlag begründete die Verweigerung damit, dass er die Mitarbeiter und das Ansehen der Universität als internationale Forschungsstätte schützen müsse. Zudem seien die Bilder ja im Internet öffentlich zugänglich, es bestehe somit kein zwingender Grund zum Abdruck. Und auch die Kontroversen um eine Inszenierung der Mozart-Oper "Idomeneo", die 2006 aus Angst vor islamistischen Anschlägen und Protesten aus dem Programm der Deutschen Oper in Berlin genommen wurde, oder die Debatte um das Buch "Aisha – Juwel von Medina" im Jahr 2008 waren von den Protesten in der islamischen Welt geprägt.
"Ehre, wem Ehre…"
Anfang Oktober bewegte die Verlagswelt eine Meldung des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel". Der Düsseldorfer Droste-Verlag hatte die Veröffentlichung eines Krimis abgelehnt, in der die Schriftstellerin Gabriele Brinkmann unter dem Pseudonym W.W. Domsky das Thema "Ehrenmorde" aufgreift, unter dem Titel "Wem Ehre gebührt". Verleger Felix Droste hatte laut "Spiegel" den Roman von Experten prüfen lassen und die Autorin aufgefordert, einige Aussagen zu überarbeiten. Das aber hatte die Autorin abgelehnt. Der Verleger ließ die Schriftstellerin daraufhin laut "Spiegel" wissen: "Spätestens nach den Mohammed-Karikaturen weiß man, dass man Sätze oder Zeichnungen, die den Islam diffamieren, nicht veröffentlichen kann, ohne ein Sicherheitsrisiko einzugehen."
Nach dem viel kritisierten Rückzug des Verlags wird der "Ehrenmord"-Krimi von Brinkmann nun aber doch veröffentlicht. Der Leda-Verlag in Leer in Ostfriesland hat "nach eingehender Prüfung keine Aussagen gefunden, die Bevölkerungsgruppen oder Religionsgemeinschaften diskreditieren und diffamieren". Daher habe man sich entschlossen, "die Freiheit der Kunst als eines unserer höchsten Güter zu achten und das Buch im Leda-Verlag zu veröffentlichen".
Auf seiner Internetseite teilte der Verlag in dieser Woche zudem mit: "Wir sind der Meinung, dass sich jeder ein eigenes Bild machen sollte. Wir haben in dem Text nichts festgestellt, das einer Veröffentlichung widersprechen könnte und bringen das Buch ungekürzt heraus." Der Inhalt bleibt, aber der Titel wird neu: "Ehre, wem Ehre…"
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