Mit Gottesdiensten und Konzerten haben die Augsburger am Sonntag das Friedensfest gefeiert. Beim Festgottesdienst zu dem bundesweit einzigartigen Stadtfeiertag, der auch immaterielles Unesco-Kulturerbe ist, rief der katholische Theologe Josef Freitag die Menschen zu Achtsamkeit und gegenseitiger Hilfe auf.
„Wer an die anderen nicht denkt, macht sich selbst unnötig zum Opfer“, sagte Freitag laut Predigtmanuskript in der evangelischen Kirche St. Anna. Das zeige etwa die Corona-Pandemie: „Die schlimmeren Virus-Varianten kommen aus den Gegenden, in denen bis heute keine Hilfe geleistet wurde.“
Freitag plädierte für mehr Fürsorge der Menschen untereinander. Man dürfe andere nicht übersehen, denn das führe zu Konflikten. „Das Übersehen in Hinsehen zu verwandeln“ schaffe dagegen Frieden, sagte der emeritierte Erfurter Theologieprofessor.
Unter dem Motto „Fürsorge“ waren beim Kulturprogramm zum Friedensfest in den vergangenen Wochen rund 70 Veranstaltungen über die Bühne gegangen, darunter ein multireligiöses Friedensgebet und ein Predigtslam zum Thema „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lukas 6,36). Das Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Thema sei bemerkenswert, erklärte Christiane Lembert-Dobler, die Leiterin des Augsburger Friedensbüros.
Für Sonntag hatte die Stadt die Bürger dazu eingeladen, sogenannte „Friedenspicknicks“ zu veranstalten. Die privaten Treffen zu Hause, in Gärten oder auf Plätzen sollten die große Friedenstafel auf dem Rathausplatz ersetzen. Sie musste wegen der Corona-Pandemie ausfallen.
Das Augsburger Friedensfest wird seit 1650 jedes Jahr am 8. August gefeiert. Damals bekamen die Protestanten nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges die Religionsfreiheit zurück. 1629 waren in Ausgburg alle evangelischen Prediger entlassen, Kirchen geschlossen oder abgerissen worden. Seit 1950 ist der Tag ein gesetzlicher Feiertag, der nur im Stadtgebiet Augsburg gilt. Seit 2018 ist das Friedensfest immaterielles Unesco-Kulturerbe.