Auf dem Weg zum Staatsislam?

Einen "Verfassungsbruch auf Zeit" stelle die Einführung des islamischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen dar. Der Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat werde unterwandert. Das meint der Journalist Gernot Facius in einem Leitartikel in der Zeitung "Die Welt". Auch andere Blätter äußern sich kritisch zum Vorstoß der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen.
Von PRO

Als erstes Bundesland führt Nordrhein-Westfalen flächendeckend Islamunterricht ein. Im kommenden Schuljahr, das am 22. August beginnt, wird es ihn zunächst an Grundschulen geben. Voraussetzung dafür ist, dass sich mindestens zwölf Elternpaare an einer Schule dafür aussprechen und einer der 40 vorgesehenen Lehrer verfügbar ist. Diese Möglichkeit eines Islamunterrichts soll später auch an weiterführenden Schulen eingeführt werden.

Die Organisation des islamischen Schulunterrichts verstoße jedoch gegen den Grundsatz einer "Trennung von Kirche und Staat". Denn für die Gestaltung des Religionsunterrichts sei ein Beirat zuständig, dessen Mitglieder zum Teil vom nordrheinisch-westfälischen Parlament ausgewählt werden. Damit jedoch mische sich der Staat in die Belange einer Religionsgemeinschaft ein. "Der Staat beruft Personen, die den Ersatz für etwas darstellen sollen, das nach dem Grundgesetz vom Staat unabhängig zu sein hat!"

Der Beirat wurde ins Leben gerufen, da es vom muslimischer Seite keinen Ansprechpartner für den Staat gibt. Im christlichen Bereich sind dies die evangelische und katholische Kirche. Bei deutschen Muslimen gebe es hingegen keine Religionsgemeinschaft im Sinne einer "auf Dauer angelegten Vereinigung von Menschen, die ein religiöses Bekenntnis teilen", bemängelt Facius. Für den Journalisten bedeutet dies: "Ohne Religionsgemeinschaft kein Religionsunterricht als staatliche Veranstaltung."

Problematische Zusammensetzung des Beirats

Umgekehrt sieht Facius darin ein Problem, dass vier Mitglieder des "Beirates" vom "Koordinationsrat der Muslime" (KRM) ausgewählt werden. Jedoch sähen sich nur 20 Prozent der deutschen Muslime durch diesen 2007 gegründeten Spitzenverband muslimischer Organisationen repräsentiert. Außerdem beheimate ein Mitglied des KRM, der "Zentralrat der Muslime in Deutschland" (ZMD), "fundamentalistische Muslimbrüder".

Auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) bemängelt die Vermischung von Staat und Kirche in dem nordrhein-westfälischen Vorhaben. Der Journalist Hermann Horstkotte hat bereits Ende Juli darauf hingewiesen, das ein Mitglied des KRM die  "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religionen" (Ditib) sei, ein "langer Arm der türkischen Heimatregierung".

Horstkotte bemängelt außerdem, dass der "Beirat" die Lehrkräfte auswählen darf. Dies geschehe nicht nur im Gegensatz zum christlichen Pendant, wo allein die Berufsausbildung über die Qualifikation entscheide. Kirchen betrieben keine "fachliche Nachprüfung". Das Auswahlverfahren sei zudem intransparent. Auch auf Nachfrage habe es keine Auskunft darüber, sondern nur Andeutungen gegeben. Dass es bei den Auswahlgesprächen auch um die Meinung der zukünftigen Lehrkräfte über Koran-Suren und Rechtstraditionen geht, ist in den Augen Horstkottes"nicht harmlos". (pro)

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