Auch in schlechten Zeiten an Gott festhalten

Diese Frage hat sich sicher jeder in seinem Leben schon einmal gestellt: Warum lässt Gott das Leid zu? Der Schweizer Autor Thomas Härry möchte in seinem neuen Buch „Sterne leuchten nachts“ dazu ermutigen, an Gott festzuhalten, auch wenn man ihn nicht versteht. Eine Rezension von Johannes Weil
Von PRO
Leid und Schmerz sind in der Gesellschaft allgegenwärtig. Manchmal greift Gott in letzter Sekunde ein, ein anderes Mal nicht. Menschen erleben eine beglückende Gotteserfahrung, andere müssen mit einen schmerzhaften Verlust hinnehmen. Warum das so ist? Dieser Frage geht Autor Thomas Härry in dem Buch „Sterne leuchten nachts“ nach. Für Härry entzieht sich manche Entwicklung jeder sinnvollen Deutung. Zumutungen Gottes hätten keine erkennbare Ursache und brächten einen an die eigenen Grenzen. Zudem habe der Mensch das enorme Bedürfnis, das Schwere im Leben einordnen zu können. Gott sei aber nicht verpflichtet, alles Geschehene nachvollziehbar zu machen.

Gott in allem erkennen

Menschen versuchten seit jeher mit den dunklen Seiten Gottes fertig zu werden: „Und so geben wir den Versuch nicht auf, andere Menschen, uns selbst und Gott festlegen und verfügbar machen zu wollen“, schreibt Härry. Er möchte für sich den biblischen Ansatz wählen und Gott in allem erkennen, ohne ihn dabei vollständig verstehen zu müssen. Dies bedeute nicht, auf den Verstand zu verzichten: „Wir können mit Gott leben, ihm vertrauen, ihn liebend erkennen – auch wenn wir ihn nicht verstehen.“ Für Härry gehört dazu, Gottes Pläne Gott zu überlassen. Das Buch wird bereichert durch die Lebensgeschichten von Menschen, die eigene Erfahrungen mit der schwierigen Thematik gemacht haben. Ihnen sei es gelungen, Gott ihr Herz ungeschützt auszuschütten und trotz unbeantworteter Fragen bei Gott zu bleiben.

Nicht erklärbare Ruhe und innerer Frieden

Härry ist es wichtig, auch in Zeiten des Verlustes in Beziehungen zu bleiben und für andere da zu sein. Menschen, denen dies gelingt, seien für ihn Vorbilder im Umgang mit den Zumutungen des Lebens. Sie hätten oft eine nicht erklärbare Ruhe und einen tiefen Frieden. Menschen im Umfeld etwa eines schwer Erkrankten rät er dazu, den Leidtragenden gute Begleiter zu sein. Auch hier gibt der Autor einige praktisch Tipps. Es sei vor allem wichtig, Probleme nicht kleinzureden und die Deutungen dem Gegenüber zu überlassen. Leidenden falle es schwer, zu glauben, dass Kapriolen des Lebens Gott nicht daran hindern, „seinen Weg mit uns zu gehen“. Auch diesen Bereich blendet Härry nicht aus – und das ist gut so: „Inmitten von Lebenstrümmern zeigt sich Auferstehungsleben, finden Menschen Mut“, schreibt der Theologe. Mitten im Leid zeige Gott oft seine formende Kraft. So könne man erleben, dass man von höherer Hand geführt wird, oder das aus der eigenen Lebensgeschichte Segen für andere wird: „Manchmal bewirkt die Schwere der Gegenwart, dass wir die Schönheit des Himmels neu entdecken.“ Der Wendepunkt des Lebens ist es, zu bejahen, dass der schwierige Weg manchmal der richtige ist. Das Buch kann keine einfachen Antworten liefern. Aber es nähert sich einem Thema, das die Menschen bewegt. Autor Thomas Härry kann aus der Praxis gute Ansatzpunkte dafür geben, wie man einem sehr schwierigen Thema mit breiter Brust begegnet. Die Kürze des Buches macht es lesenswert und liefert Impulse zum Weiterdenken. (pro)

Thomas Härry, Sterne leuchten nachts: Gott im Leiden lieben lernen, SCM Edition Aufatmen, 128 Seiten, 10,95 Euro. ISBN 9783417267839

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