Attacken gegen den Islam: Angst in den Niederlanden und Österreich

Der niederländische Politiker Geert Wilders hatte den Koran im Sommer als "faschistisches Buch" bezeichnet und ein Verbot gefordert. Nun hat der Parlamentsabgeordnete angekündigt, einen kritischen Film über den Koran zu veröffentlichen. Die niederländische Regierung befürchtet ähnlich starke Unruhen wie nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen und trifft entsprechende Vorsichtsmaßnahmen.
Von PRO

Ende November gab der niederländische Abgeordnete Geert Wilders bekannt, dass er an einem Film über den Koran arbeite. Er wolle darin zeigen, dass er „kein altes, verstaubtes Buch“ sondern „Anleitung und Inspirationsquelle für Intoleranz, Mord und Terror“ sei, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.). Wilders will das zehnminütige Video noch im Januar auf der Internet-Plattform „Youtube“ veröffentlichen.

„Koran ist faschistisch“

Niemand wisse genau, was in dem Film zu sehen sein wird. „Doch man kann sich vorstellen, dass es sich um keinen Werbespot für Mohammed handelt“, so die Zeitung. Im vergangenen Sommer hatte Wilders ein Verbot des Koran gefordert. Er bezeichnete das Buch als faschistisch und verglich es mit Hitlers „Mein Kampf“. Wilders ist Vorsitzender der rechtspopulistischen „Partei der Freiheit“, die mit neun Sitzen im Parlament vertreten ist. Bekannt ist der Politiker vor allem für seine Forderungen wie „Ausweisung statt Einwanderung“. Nach zahlreichen Todesdrohungen steht der Politiker seit rund drei Jahren unter Personenschutz.

In den Niederlanden werde nun befürchtet, dass Wilders Film ähnlich starke Reaktionen wie die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen 2005 auslöst, schreibt die F.A.Z. Vielen Menschen sei zudem noch der Mord an Theo van Gogh im Gedächtnis. Der niederländische Filmemacher wurde 2004 von einem Islamisten getötet, nachdem er einen Film nach dem Drehbuch der islamkritischen Abgeordneten Ayaan Hirsi Ali gedreht hatte.

Wie ernst die Regierung das Filmprojekt von Wilders nimmt, zeigt ein 20-seitiges Geheimdokument, das an die Öffentlichkeit gelangte, heißt es in dem Bericht weiter. Darin werde diskutiert, ob eine Gefahr von Wilders Video ausgeht und welche Gegenmaßnahmen getroffen werden können.

Angst vor weltweitem Aufruhr

Der niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende sagte am Wochenende, dass es auf Wilders Film Reaktionen geben könne, die der Wirtschaft, der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung schaden, schreibt die F.A.Z. Auch der Chef der niederländischen Anti-Terror-Behörde warnte vor gewalttätigen Demonstrationen. Muslimische Würdenträger und ausländische Botschafter befürchteten sogar einen weltweiten Aufruhr gegen die Niederlande.

Auf Grund dieser Einschätzungen habe das niederländische Außenministerium Botschafter in islamischen Ländern angewiesen, sich im Namen der Regierung von dem Film zu distanzieren und die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken. In einigen Staaten existierten auch Evakuierungspläne für niederländische Staatsangehörige. Darüber hinaus seien alle Bürgermeister angewiesen worden, mit Bürgern und Vertretern von muslimischen Gemeinden zu sprechen, um Unruhen und Spannungen zu vermeiden. Wie die niederländische Presse berichtete, wurde die Polizei außerdem dazu angehalten, Anzeigen gegen Wilders Anti-Koranfilm auch dann aufzunehmen, wenn eine strafbare Handlung nicht erkennbar sei. Dies könne ein geeignetes Ventil für Muslime darstellen, die sich beleidigt fühlten.

FPÖ-Politikerin: „Mohammed ist ein Kinderschänder“

In Österreich spielen sich derzeit ähnliche Szenen ab. Vor zwei Wochen attackierte die Politikern Susanne Winter bei einer Wahlkampfveranstaltung den Propheten Mohammed. Winter bezeichnete ihn als „Kinderschänder“ und sagte, er habe den Koran unter epileptischen Anfällen geschrieben. In einem Interview erklärte sie zudem, dass Kindesmissbrauch bei muslimischen Männern „weit verbreitet“ sei und warnte vor einem „muslimischen Einwanderungs-Tsunami“. Den Terminus „Tsunami der Islamisierung“ hatte auch der Niederländer Wilders bereits benutzt.

Bisher habe sich das Zusammenleben der rund 400.000 Muslime und 5,7 Millionen Katholiken relativ friedlich gestaltet, schreibt das Magazin „Focus“. Die Islam-Angriffe Winters könnten das Verhältnis jedoch nachträglich beschädigen, zitiert der „Focus“ den deutschen Islam-Experten Udo Steinbach. Dieser hält die Aussagen der Kommunalpolitikern Winter für „drastischer“ als den Karikaturenstreit, da der Prophet als moralische Instanz angegriffen wurde. Immerhin 61 Prozent der Österreicher fürchten, dass sie nun ähnlich bedroht seien wie die Dänen, schreibt der „Focus“.

Drohvideos bei Youtube

Nachdem die FPÖ-Politikerin den Propheten attackiert hatte, tauchte bei YouTube ein Video auf, das die rauchenden Türme des World Trade Centers in New York zeigt. In dem Video wird die Warnung eingeblendet: „Schau her, Susanne, wegen deiner Aussagen kann sowas ähnliches auch in deinem Land passieren – du bisst verantwortlich dafür.“

Zahlreiche österreichische Politiker kritisierten Winter scharf für ihre Attacken. Der Grazer Vizebürgermeister und Chef der Sozialdemokraten, Walter Ferk, nannte die Äußerungen „puren Rassismus und eine klare Volksverhetzung gegen eine seit vielen Jahren in Österreich anerkannte Glaubensgemeinschaft“. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Winter wegen des Verdachts auf Volksverhetzung aufgenommen. Gleichzeitig wurde sie unter Personenschutz gestellt, weil mehrere Morddrohungen gegen sie eingegangen waren. (PRO)

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