Attacke auf US-Botschaft: Terror statt Demo

Der Anschlag auf die US-Botschaft in Libyen, bei dem vier Amerikaner umkamen, war wohl keine Reaktion auf die Veröffentlichung des umstrittenen Mohammed-Videos. Das ist das Ergebnis einer Anhörung im amerikanischen Kongress. Tatsächlich könnte der Angriff am 11. September 2012 lange geplant gewesen sein. Presse und Politik hatten die Attacke dennoch geradezu reflexartig mit dem islamkritischen Film in Verbindung gebracht.

Von PRO

Am Abend des 11. September hatte ein wütender Mob die Botschaft in Bengasi gestürmt – so zumindest lauteten lange Zeit die offiziellen Angaben der Amerikaner. In den Medien wurde der Vorfall, bei dem unter anderem der US-Botschafter Chris Stevens getötet wurde, schnell in Verbindung mit der Veröffentlichung des Anti-Islam-Videos "Unschuld der Muslime" gebracht. Wie eine Anhörung im Kongress nun zeigte, hatte der Anschlag aber wohl nichts mit dem umstrittenen Film zu tun. Tatsächlich könnte die Attacke von langer Hand geplant gewesen sein, wie US-Medien berichten. Anlass war wohl der Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center. US-Behörden stufen den Angriff laut der Presseagentur AFP derweil als Terrorakt ein und vermuten eine Verbindung zum Terrornetzwerk Al-Qaida, Einzelheiten sind aber noch immer unklar.

Von der Anhörung im US-Kongress berichtet unter anderem die "Tagesschau". Demnach hatte es am Abend des 11. September 2012 in Bengasi eine unübersichtliche, rasch eskalierende Situation mit Beschuss, Feuer, Rauch und Toten gegeben. Jedoch keine Demonstration, keinen wütenden Mob. Stattdessen liegt die Vermutung nahe, die US-Regierung habe mit gezielten Falschmeldungen verhindern wollen, dass die Öffentlichkeit von einem gezielten Anschlag am 11. September erfuhr.

"Dies war ein Test, ausgeführt von Terroristen"

So sollen es etwa die Verantwortlichen in Washington seit diesem Frühjahr mehrfach abgelehnt haben, die Sicherheitsvorkehrungen so zu erhöhen, wie es das diplomatische und das Sicherheitspersonal im libyschen Bengasi gefordert hatten – und das trotz klarer Warnsignale. Schon im Sommer hatte eine selbstgebaute Bombe ein riesiges Loch in die Außenwand der Botschaft gerissen. "Dies war ein Test, ausgeführt von Terroristen – und erfolgreich! Und wir haben nicht angemessen darauf reagiert", zitiert die "Tagesschau" den republikanischen Abgeordneten Jason Chafez aus Utah. Er sei sich sicher, "dass wir mit Sicherheitsvorkehrungen, die wenigstens dem Mindeststandard entsprechen, Botschafter Stevens und das Leben der anderen hätten retten können und müssen".

Lieutenant Colonel Andrew Wood, der bis Ende August das Botschafts-Sicherheitsteam geleitet hatte, erinnerte sich bei der Anhörung daran, dass sich die offiziellen Milizen in der früheren Rebellenhochburg Bengasi im Vorfeld des Anschlags zusehends gegenseitig bekämpften: "Gezielte Angriffe auf Menschen aus dem Westen nahmen zu. Im Juni hatte der Botschafter über Facebook eine Morddrohung für den Fall erhalten, dass er nach Tripoli kommen würde." Dennoch hatten die UNO-Botschafterin Susan Rice und der Sprecher des Weißen Hauses, Jim Carney, noch bis zu sieben Tage nach der Attacke erklärt, sie habe sich aus einer spontanen Demonstration heraus entwickelt. Staatssekretär Patrick Kennedy wehrte sich laut AFP unterdessen gegen Vorwürfe, das Außenministerium habe zunächst bewusst verschwiegen, dass es sich bei dem Angriff um einen Terroranschlag gehandelt habe. Er erklärte vor dem Kongress, dass sich die von den Geheimdiensten gelieferte Informationslage ständig verändert habe. "Offenkundig wissen wir heute mehr, als wir am Sonntag nach dem Angriff wussten." (pro)

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