Die Redakteure der Reportage „Mission unter falscher Flagge – Radikale Christen in Deutschland“ haben in einer umfangreichen Erklärung auf die mehr als 7.000 Zuschauerbriefe zur Sendung reagiert. Vereinzelt räumen die Reporter Fehler ein.
Von PRO
Foto: ARD
Die ARD reagiert nun ausführlich auf die zahlreichen kritischen Zuschauerreaktionen
In der 9-Seitigen Stellungnahme heißt es zum Vorwurf, Evangelikale unter Generalverdacht zu stellen:
„Natürlich wissen wir aus eigener Erfahrung, dass viele Kirchengemeinden eine vorbildliche und sinnvolle Arbeit zum Nutzen ihrer Gläubigen machen. Genau diese engagierten Gemeinden sollen ermutigt werden, indem wir auf die fehlende Seriosität jener hinweisen, die statt „normaler“ Gemeindearbeit lieber auf spektakuläre Inszenierungen, unheilvolle Heilungsversprechen oder absurde ‚Sündenregister‘ setzen – um damit Menschen zu erreichen, an sich zu binden und dann ein Leben zu fordern, das mit christlichen Werten häufig nichts mehr zu tun hat.“
Unterzeichner des Papiers sind die Redakteure Kuno Haberbusch und Julia Stein sowie die beiden Autorinnen der Dokumentation, Mareike Fuchs und Sinje Stadtlich. Sie gehen auf die häufigsten von Zuschauern erhobenen Vorwürde gegen ihre Sendung, die für große Aufregung gesorgt hatte, ein. Auf Kritik, die den Machern ein fehlendes Verständnis für christliche Werte vorhält, schreiben sie:
„Immer wieder wird der Dokumentation auch vorgeworfen, dass sie den ‚vorehelichen Geschlechtsverkehr‘ – im Gegensatz zu manchen Gemeinden – im 21. Jahrhundert nicht als ‚Sünde‘ einstufe und auch nicht die Ansicht teile, der ‚Satan‘ sei oftmals für Krankheiten verantwortlich. Auch unsere Kritik an dem bisweilen vermittelten – und gepredigten – ‚christlichem Gebot‘ der (auch sexuellen) Unterordnung der Frauen gegenüber den Männern wird zurückgewiesen. Wir können dies nur zur Kenntnis nehmen, distanzieren uns aber weiterhin mit Bezug auch auf unser Grundgesetz ausdrücklich von solch einem Weltbild.“
Wo die Macher Fehler zugeben
Im Bezug auf den missionarischen Verein „Zukunft für Dich“ teilen die Journalisten mit:
„Empört äußert sich der Vorsitzende des Vereins, Jörg Kohlhepp, über einen Satz in der Dokumentation: ‚Jörg Kohlhepp hat sich vor allem auf Kinder spezialisiert‘. Diese Kritik ist berechtigt, die Formulierung ist missverständlich und deshalb misslungen.“
Die Kritik an der Programmierung der Dokumentation unmittelbar vor der Sendung „Sterben für Allah“ über islamistisch motivierte Terroristen können die ARD-Reporter nachvollziehen:
„Zu Recht ist hier vielfach der Eindruck entstanden, dass man hier Parallelen zeigen wolle, die es so nicht gibt. Die Redaktion bedauert, wenn solche Irritationen entstanden sind. Sie hatte allerdings keinen Einfluss auf diese Planung. Auch bei der ARD-Programmdirektion ist man sich mittlerweile bewusst, dass diese Abfolge sehr unglücklich war.“
„Steeb und Diener verweigerten Interviews“
Vielfach sei die Frage aufgekommen, warum weder der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, noch deren Vorsitzender Michael Diener zu Wort gekommen seien. Beide hätten die Interviewanfragen der ARD abgelehnt, Diener habe auf DEA-Vorstandsmitglied Jürgen Werth verwiesen, der dann auch im Film vorkam.
Die Vorwürfe des Stuttgarter Gospel-Forums, ein Mitglied zu Hause besucht und unter Druck gesetzt zu haben, nennen die Autoren „reine Stimmungsmache“. Zufriedene Gemeindemitglieder seien deswegen nicht gezeigt worden, weil dem Team eine Drehgenehmigung für das Gospelforum verweigert worden sei.
„Wir haben keine christenfeindliche Haltung“
In dem Schreiben wird des Weiteren betont, dass die Hamburger Pastorin Gaby Wentland und ihr Verein „Mission Freedom“ mit der erfundenen Geschichte einer angeblichen Zwangsprostituierten geworben hätten. Man bleibe bei dieser Darstellung. Zu ihrer persönlichen Haltung schreiben die Journalisten: „Die Redaktion – und die Autorinnen – respektieren nicht nur die Glaubensfreiheit, sondern auch das Evangelium als Grundlage von verantwortungsbewusstem Handeln. Kritische Fragen, ob und wann diese Grenzen überschritten werden, sollten (und müssten) allerdings erlaubt sein. Es gibt keine ‚christenfeindliche Haltung‘ der Autorinnen.“
Abschließend weist die Redaktion darauf hin, „dass hunderte von Zuschauern sich bei der Redaktion für diese Dokumentation bedankt haben, eigene Erlebnisse geschildert, weitere kritikwürdige Gemeinden benannt und uns Standhaftigkeit gewünscht haben. Alle versicherten uns, dass sie gläubige Christen sind, die allerdings ein anderes Verständnis vom Christentum haben.“
Bis zum 12. August sind bei der Redaktion rund 7.000 Briefe und E-Mails zu der Sendung eingegangen. Die Stellungnahme der Redaktion wurde per E-Mail an diejenigen Zuschauer geschickt, die zuvor auf die Sendung reagiert hatten. (pro)
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