„Es gibt inzwischen No-Go-Areas für Juden“, sagt der Berliner Rabbiner Daniel Alter, der vor einem Jahr von arabischen Jugendlichen in Berlin angegriffen und verletzt wurde. Gerade in Teilen von Wedding und Neukölln, wo arabische und türkische Migranten einen hohen Bevölkerungsanteil stellen, sei es gefährlich, als Jude erkennbar herumzulaufen.
Zu Wort kommt auch Ahmad Mansour. Er erforscht die Verbreitung des muslimischen Antisemitismus. Mansour, arabischer Israeli, lebt seit neun Jahren in Deutschland. Mit seiner islamistischen Vergangenheit, die von vehementem Antisemitismus geprägt war, hat er lange abgeschlossen. In Gesprächen mit Jugendlichen heute stellt sich heraus, dass in vielen muslimischen Familien bis heute Judenhass vorgelebt wird – häufig gestützt von arabischen Fernsehsendern, die ihre antisemitischen Kampagnen weltweit verbreiten und über Satellit auch in Deutschland zu empfangen sind.
Auch das rechtsextremistische Lager wird in der Reportage beleuchtet. Der TV-Journalist Jo Goll hat dazu Aussteiger aus der rechten Szene interviewt und ein koscheres Restaurant in Chemnitz besucht, dessen Inhaber von massiven Übergriffen berichten. Gleiches gilt für die jüdische Gemeinde in Dessau, von deren schwieriger Situation berichtet wird: „Ich traue mich schon lange nicht mehr mit Kippa auf die Straße“, erklärt der Gemeindevorsitzende Alexander Wassermann.
Schließlich stellt die Reportage auch die Frage, in wieweit Antisemitismus in der viel zitierten „Mitte der Gesellschaft“ zu finden ist. Die Linguistin Monika Schwarz-Friesel hat dazu über 100.000 E-Mails, Leserbriefe und Texte aus dem Internet mit anti-jüdischen Klischees untersucht. Ihr Fazit: Die überwiegende Mehrheit der Verfasser antisemitischer Inhalte gehört keinem extremen Lager an, sondern stammt aus der Mitte der Gesellschaft. (pro)
„Die Story im Ersten: Antisemitismus heute. Wie judenfeindlich ist Deutschland?“ Montag, 22.45 Uhr in der ARD, nach der Ausstrahlung online in der ARD-Mediathek abrufbar.