Elisabeth Hausen
Die 46-jährige Schwester Lioba lebt im baden-württembergischen Laupheim. Davor war sie sechs Jahre lang Oberin des Klosters Theresienheim in Moos bei Friedrichshafen, das zu den Steyler Missionsschwestern gehört. Diese katholische Ordensgemeinschaft mit dem Schwerpunkt „Mission“ wurde 1889 im niederländischen Dorf Steyl, heute Stadt Venlo, von dem deutschen Priester Arnold Janssen gegründet. Missionarische Erfahrungen hat Schwester Lioba bei einem Aufenthalt in Papua-Neuguinea gesammelt. Doch auf ein solches Projekt, an dem sie sich für die ARD-Reportage beteiligte, hatte sie sich bis dahin nicht eingelassen.
Filmemacherin: konträre Menschen in Beziehung bringen
Die Idee zu dem Beitrag hatte Filmemacherin Antonella Berta aus Frankfurt am Main bereits vor mehreren Jahren. Sie wollte gegensätzliche Menschen zusammenbringen. In einem Fall waren es ein Bank-Manager und ein Globalisierungsgegner, der regelmäßig vor dem Gebäude demonstrierte. Jetzt wollte sie zwei konträr lebende Frauen und deren Leben gegenüberstellen oder für einige Stunden „verbinden“: eine Nonne und eine Stripperin. Die Suche nach beiden Teilnehmerinnen gestaltete sich allerdings schwierig. Nach einer Ordensschwester fragte Antonella Berta erst in der Umgebung von Frankfurt. Dort stieß sie teilweise auf sehr unfreundliche Reaktionen, eine Kandidatin fand sie nicht. Also schickte sie fast 300 Anfragen an Klöster und Orden in ganz Deutschland.
Auch Schwester Lioba, zu dem Zeitpunkt noch Oberin in Moos, bekam diese Anfrage. „Ich habe sie gleich gelöscht“, erzählt sie. Später erhielt ihre Nachfolgerin Antonia dieselbe E-Mail und sagte: „Das wäre doch etwas für dich.“ Und nach sechs Jahren als Oberin war Schwester Lioba von dem Gedanken gar nicht mal so abgeneigt: „Jetzt kann ich mal etwas Verrücktes machen.“
Also schrieb Schwester Lioba der Filmemacherin, sie könne sich das prinzipiell vorstellen. Doch gerade befinde sie sich in einem Umbruch. Vom Bodensee sollte sie nach Laupheim ziehen, fast 100 Kilometer weiter nördlich. Die Antwort kam prompt: Es sollte möglichst schnell gehen, solange sich die Nonne noch am Bodensee aufhielt.
Keine Einwände im Kloster
Wie wurde diese Idee aber bei den Schwestern aufgenommen? Die zuständige Provinzoberin hatte jedenfalls keine Einwände. Die Mooser Schwestern waren vor allem gespannt auf das Ergebnis.
Als „Gegenpart“ zu Schwester Lioba fand die Filmemacherin schließlich die 23-jährige Jessy B., die sich zum ersten Mal in einer fremden Welt versuchen wollte. Zuerst kam sie für ein paar Tage nach Moos, erlebte dort den klösterlichen Alltag – Gebet und Stille. Kurz darauf ging Schwester Lioba dann in die Frankfurter Nachtbar. Außerhalb des Blickwinkels der Kameras habe es „persönliche Begegnungen mit den Frauen“ gegeben, berichtet sie. Eine habe sogar ihre Lebensgeschichte erzählt. „Sie haben es nicht als lächerlich angesehen, dass ich da war.“ Für sie selbst war der Krach, in dem Jenny arbeiten muss, sehr ungewohnt. Ein Gegensatz zu der Stille des Klosters.
Mit der Darstellung in dem ARD-Beitrag ist Schwester Lioba im Großen und Ganzen zufrieden. Auch die anderen Schwestern haben nichts dagegen einzuwenden. Er ist „ab 16 Jahren“ freigegeben. Deshalb würden hoffentlich auch die Dritten Programme ihn erst nach 22 Uhr zeigen. Zahlreiche Medien berichteten über die Sendung, darunter die „Bild“-Zeitung. Doch diese hatte ihr zwar Fragen gestellt, die Antworten jedoch nicht in den Artikel integriert. Die abgedruckten Bilder aus der Nachtbar stammten nicht alle aus dem Film, sondern teilweise habe sie wohl die Stripperin an das Blatt verkauft, vermutet Schwester Lioba.
„Vielleicht kommt später etwas zurück“
Was bleibt? Erst einmal hat sich in Jennys Leben nichts verändert. „Aber es ist möglich, dass später etwas zurückkommt, wenn sie nicht mehr auf Wolke sieben schwebt.“ Am Donnerstag, nach der Ausstrahlung, erhielt Schwester Lioba einen Anruf von einem Pfarrer. „Er war ganz begeistert und meinte, das sei ja Evangelium wie damals.“ Der Anrufer verglich ihre Aktion mit der neutestamentlichen Episode, in der sich Jesus von einer Sünderin die Füße waschen ließ. Auch das sei eine „heikle Angelegenheit“ gewesen. Welche Konsequenzen ihr ungewöhnlicher Auftritt haben wird, hat Schwester Lioba von Anfang an in Gottes Hände gelegt.