Rund 71 Prozent der Flüchtlinge, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland kamen, sind Muslime, etwa 17 Prozent sind Christen. Dazu kommen je sechs Prozent Konfessionslose und jene, die einer anderen Religion angehören, zum Beispiel Jesiden. Das hat eine aktuelle Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ergeben. Muslime kamen mehrheitlich aus Syrien und Afghanistan hierher, eritreische und iranische Flüchtlinge sind mehrheitlich Christen.
Wenig überraschend und dennoch bemerkenswert ist, dass sich die religiösen Konstellationen bei den Flüchtlingen jener Jahre zu denen der deutschen Gesellschaft in verschiedener Hinsicht deutlich unterscheiden: Formal sind mehr als 50 Prozent der Deutschen Christen, also Mitglied einer Kirche, rund fünf Prozent zählen sich zu einer muslimischen Konfession. 37 Prozent sind jedoch konfessionslos. Drei von vier Flüchtlingen sagen, dass ihnen ihre Religion wichtig bis sehr wichtig ist für ihr Wohlbefinden, christliche Flüchtlinge schätzen sich der Studie zufolge zu 86 Prozent als eher oder stark gläubig ein – und damit noch etwas häufiger als Muslime.
Während mehr als 50 Prozent der christlichen Flüchtlinge angeben, mindestens einmal pro Woche eine religiöse Veranstaltung zu besuchen, liegt der durchschnittliche Gottesdienstbesuch von Protestanten und Katholiken hierzulande bei fünf bis zehn Prozent ihrer Mitglieder. Diese Zahlen lassen sich nicht exakt vergleichen, weil sie auf verschiedene Weise ermittelt wurden. Aber sie weisen doch auf eine Tendenz hin: Religion ist für viele Menschen, die nach Deutschland flüchten, ein wichtigerer Teil des Lebens, als er es für viele Menschen ist, die bereits hier leben.
Religion kann verbinden
Die Studie des BAMF konstatiert zudem, dass „religiöse Gemeinschaften das Einleben von insbesondere Neuzuwanderern in die Aufnahmegesellschaft erleichtern“ können. Dass dies auch geschieht und Flüchtlinge, die religiöse Veranstaltungen besuchen, auch tendenziell häufiger Kontakt zu Deutschen haben, dafür gibt es in der Studie Hinweise – allerdings scheint dieser Effekt schwach ausgeprägt zu sein. Das wird damit erkärt, dass zum Beispiel vor allem orthodoxe Christen oder arabische Muslime zuwandern, während die Kirchen in Deutschland vor allem katholisch und evangelisch, die muslimischen Gemienden vorwiegend türkisch geprägt sind. Das macht den Anschluss schwierig.
Christliche Gemeinden sollten sich – wie sie es vielerorts getan haben – immer wieder neu davon anspornen lassen, für diese Menschen sichtbar zu werden: den Kontakt zu Flüchtlingen suchen, sie zu Veranstaltungen und Begegnungen einladen. Für geflohene Christen kann das eine Ermutigung sein, um ihren Glauben auch in einer religionsarmen Umgebung zu leben, gerade wenn sie keine Gemeinde mit Landsleuten oder Angehörigen ihrer Konfession finden. Auch in der Begegnung mit Muslimen ist das gegenseitige Wissen um eine religiöse Überzeugung mehr verbindendes als trennendes Element innerhalb einer religiös ansonsten eher „unmusikalischen“ Gesellschaft.