Andy Stanley: Als Leiter richtige Schwerpunkte setzen

Er gilt als einer der bekanntesten und einflussreichsten Christen der USA: Andy Stanley. Der 48-Jährige ist Sohn eines Baptistenpastors, studierte zunächst an der Georgia State University Journalismus, anschließend Theologie am Dallas Theological Seminary. In seiner Heimatstadt Atlanta im US-Bundesstaat Georgia gründete Andy Stanley 1995 gemeinsam mit Freunden eine Gemeinde. Die Gottesdienste der North Point Community Church besuchen heute mehr als 15.000 Menschen.
Von PRO

Andy Stanley war einer der Hauptredner auf dem diesjährigen Willow Creek Leadership Summit in der Gemeinde in South Barrington bei Chicago. Seine Gemeinde, die North Point Community Church, wurde kürzlich vom US-Magazin „Church Report“ als eine der drei „einflussreichsten Gemeinden der USA“ bezeichnet – direkt hinter Bill Hybels‘ Willow Creek Community Church und der Saddleback Church von Rick Warren.

Stanleys Thema: „Focused Leadership“. Sein Vortrag auf dem Leitungskongress ist mehr ein Lebensbericht. Im Gegensatz zu anderen Referenten nutzt er keine Flipcharts, lässt keine Kernaussagen auf die Leinwände projizieren, damit alle mitschreiben können. Andy Stanley erzählt einfach, wie er die Frage nach den richtigen Schwerpunkten in seinem Leben als Gemeindeleiter beantwortet hat. Und seine Antwort lässt viele der Zuhörer im Saal der Willow Creek-Gemeinde aufhorchen, immer wieder zustimmend applaudieren.

Viel Zeit für die Familie

Sehr konkret spricht Andy Stanley über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Er hat seine eigenen Prinzipien, die er seit langem umsetzt. „Als wir die North Point-Gemeinde gegründet haben, habe ich mit Gott einen Vertrag geschlossen: Jeden Tag um 16 Uhr verlasse ich mein Büro in der Gemeinde und widme mich meiner Familie. Nach 16 Uhr sollte sich Gott ohne mich um die Gemeinde kümmern“, erzählt Andy Stanley. Natürlich sei er von vielen – und wird es bis heute – als „Faulpelz“ gesehen, der sich nicht genug für seine Arbeit einsetzt. Doch das nehme er in Kauf.

Vor vielen Jahren erhielt Andy Stanley, so erzählt er, kurz vor 16 Uhr einen Anruf von einem einflussreichen Ehepaar aus seiner Gemeinde. Es gehe um eine seelsorgerliche Angelegenheit, sagte das Ehepaar, sie wollten einen Termin, noch an diesem Nachmittag. Doch er lehnte ab. „Ich habe ihnen gesagt, dass die Zeit nach 16 Uhr meiner Frau und meinen Kindern gehört. Doch das haben sie mir richtig übel genommen, beide wurden ziemlich böse“, sagt Stanley. Doch der Zorn über ihren Pastor habe sich nach einigen Wochen gelegt. „Dann sprach mich das reiche Ehepaar wieder an: Sie wollten sich daran beteiligen, in unserer Gemeinde eine Seelsorgearbeit zu gründen und aufzubauen. Im Rückblick ist erst durch ihr Engagement dieser heute wichtige Arbeitsbereich in unserer Gemeinde entstanden und gewachsen.“

„Gesunde Familien – gesunde Gemeinde“

Bis heute gilt in seiner North Point Church das Prinzip: eine gesunde Gemeinde besteht aus gesunden Familien. Er lege großen Wert darauf, dass alle Ehren- und Hauptamtlichen viel Zeit in ihren Familien verbringen. „Ich sage immer wieder und jedem: bevor du deine Familie vernachlässigst, vernachlässige die Gemeinde oder mich“, so Stanley. Zu dem Thema hat er vor Jahren ein Buch geschrieben, es wurde in christlichen Kreisen ein Bestseller, mehrfach aufgelegt.

Seine Entscheidung kann Andy Stanley auch biblisch begründen, sagt er. Mit der Aufforderung von Paulus aus dem Epheserbrief: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Gemeinde geliebt hat…“  Seine theologische Auslegung des Verses sei zwar „etwas provokant“, aber für ihn gelte dennoch: „Ich werde als Ehemann, Pastor und Leiter nicht zuerst aufgefordert, meine Gemeinde zu lieben. Ich werde aufgefordert, meine Frau zu lieben. Um die Gemeinde kümmert sich Christus.“ Aus dem Paulus-Vers leitet Stanley auch sein Gemeindeprinzip ab, das auf „gesunden Familien“ baut.

Andy Stanleys Lebensbericht trifft den Nerv der Teilnehmer. In Gesprächen nach dem Vortrag sagt ein Teilnehmer aus Chicago: „Sein Referat war zwar unstrukturiert, aber seine Aussagen haben mich am tiefsten getroffen.“ Christen in Amerika legen großen Wert darauf, ihren Glauben im Leben zu leben, praktisch anzuwenden. Wenn also ein gestandener Gemeindepastor wie Stanley berichtet, wie er Familie und Beruf ganz praktisch vereinbart, nicht nur theoretisch über die Möglichkeit referiert, horchen die Zuhörer auf. Und nicht nur die Amerikaner.

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