Es war US-Präsident Harry Truman, der 1952 ein Dokument unterzeichnete, das den Nationalen Gebetstag Amerikas zu einer jährlich widerkehrenden Veranstaltung machte. Jeder Präsident der USA ist seitdem verpflichtet, seinen Bürgern einen Tag für das Gebet zu reservieren. Seit 1988 halten die Amerikaner ihn am ersten Donnerstag im Mai ab. Dann ruft der amtierende Präsident die Nation zur gemeinsamen Fürbitte auf. In Gemeinden, öffentlichen Gebäuden und Privathäusern treffen sich Christen, um ihre Anliegen vor Gott zu bringen. Das soll nun ein Ende haben. Zumindest wenn ein Gerichtsurteil aus Wisconsin landesweite Bestätigung finden sollte.
Richterin Barbara Crabb hatte laut dem Nachrichtensender CNN am 15. April entschieden, dass der "National Day of Prayer" gegen den ersten Zusatzartikel der US-Verfassung verstößt. Da heißt es übersetzt: "Der Kongress darf keine Gesetze entwerfen, die die Festlegung der Religion betreffen oder die freie Ausübung selbiger einschränken." In ihrer Begründung schrieb die Richterin laut dem Magazin "New American": "Weil die Natur des Gebets so persönlich ist und einen so starken Einfluss auf eine Gemeinschaft haben kann, darf die Regierung ihre Autorität nicht nutzen, um zu versuchen, die Entscheidung eines Einzelnen, ob und wann er beten möchte, zu beeinflussen."
Obama kämpft fürs Gebet
Das Urteil geht auf eine Klage der "Freedom From Religion Foundation" (Stiftung für die Freiheit von Religion) aus dem Jahr 2008 zurück. Die atheistische Organisation aus Wisconsin hatte angemahnt, der Nationale Gebetstag widerspreche der Trennung von Staat und Religion. Diverse christliche und politische Gruppen haben bereits gegen die Entscheidung protestiert. Das "Amerikanische Zentrum für Gesetz und Gerechtigkeit" (ACLJ) beabsichtigt laut "New American", Widerspruch wegen mangelnder Beweisführung einzulegen. Die Anwaltskanzlei unterstützt ehrenamtlich öffentliche Anliegen und wurde 1990 von dem evangelikalen Christen Pat Robertson gegründet. Ein Sprecher sagte: "Es ist traurig, dass dieses Gericht nicht verstanden hat, dass der für Gebet für das Land reservierte Tag eine althergebrachte Tradition repräsentiert, die den ersten Verfassungszusatz bestätigt und nicht verletzt." Zu den Befürwortern des ACLJ-Antrages gehören 31 Mitglieder des Kongresses. Andere Kritiker des Urteils argumentieren, beim Gebetstag werde niemand zum Beten gezwungen, der Präsident rufe lediglich dazu auf.
Die Obama-Administration erklärte am Donnerstag laut CNN-Berichten, sie werde für die Erhaltung des Gebetstages kämpfen. Demnach will sie ebenfalls gegen Crabbs Entscheidung Berufung einlegen. Das Weiße Haus sehe den Gebetstag als Tradition an, heißt es im "Wall Street Journal". Der Präsident rufe wie geplant am 6. Mai zum diesjährigen Gebetstag auf. Die "Freedom From Religion Foundation" erklärte dazu: "Es gibt einen Verfassungsexperten im Weißen Haus, der den säkularen Unterbau unserer Regierung nicht beachtet." Damit bezog sich die Organisation auf Obamas Ausbildung zum Juristen. Die atheistische Organisation kündigte zudem eine Online-Petition zum Gebetstag an – ebenso wie die "National Day of Prayer Task Force", die sich für den Gebetstag einsetzt.
Richterin Crabb teilte derweil mit, dass der diesjährige Gebetstag wie geplant stattfinden werde. Ihr Richterspruch habe erst dann Gültigkeit, wenn alle Berufungen bearbeitet worden seien. (pro)