Als Nicht-Kämpfer im Krieg

Am 1. August jährt sich der Beginn des 1. Weltrieges zum 100. Mal. In den kommenden Tagen berichten wir hier über die Haltung verschiedener Organisationen in der Zeit des „Großen Krieges“. Diesmal behandeln wir die Siebenten-Tags-Adventisten.
Von PRO
William Miller gilt als Mitbegründer der Freikirche der Siebenten-Tages-Adventisten: Sie lehnten den Militärdienst aus Glaubensgründen ab, später sollten die Mitglieder der Kirche stattdessen Sanitäts- und Botendienste übernehmen
Die Siebenten-Tags-Adventisten lehnen den Militärdienst aus Glaubensgründen ab. Dennoch dienten im Ersten Weltkrieg Adventisten in verschiedenen Armeen. Die protestantische Freikirche der Siebenten-Tags-Adentisten wurde 1863 in den USA gegründet. Adventisten heiligen den siebten Wochentag nach der biblischen Zählung als Ruhetag, den Samstag (Sabbat). Das unterscheidet sie von den meisten Christen, die den ersten Wochentag (nach der kirchlichen Zählung der Sonntag) als Tag der Auferstehung feiern. Die Kirchenleitung der Adventisten stellte ihren Mitgliedern die Teilnahme am Krieg frei, sprach jedoch die Empfehlung aus, den Dienst an der Waffe zu meiden und stattdessen Sanitäts- und Botendienste zu übernehmen. Bereits im amerikanischen Bürgerkrieg hatten Adventisten waffenlosen Dienst in der Armee geleistet, was zu ersten Spannungen und einer Spaltung innerhalb der Glaubensbewegung führte. Im Ersten Weltkrieg vereinbarte die Kirchenleitung in Nordamerika – die USA trat erst 1917 in den Krieg ein – mit der Regierung einen Nicht-Kämpferdienst, einen waffenlosen Dienst in der Armee, für die Wehrpflichtigen ihrer Kirche.

Menschen auf Jesu Wiederkunft vorbereiten

In den Ländern, die am Krieg beteiligt waren, war die Zahl der wehrpflichtigen Adventisten überschaubar. Die 130 britischen Wehrpflichtigen wurden aufgefordert, Nicht-Kämpferdienste zu leisten. Auch die meisten der etwa 500 russischen Adventisten wurden als Nichtkämpfer eingesetzt. 70 russische Adventisten verweigerten den Dienst an der Waffe und kamen dafür ins Gefängnis oder ins Arbeitslager. Südafrikanische und australische Adventisten bewerteten den Krieg als „Zeichen der Endzeit“. Der „Bayerische Kurier“ behauptete am 11. Februar 1914, die Adventisten würden mit der unmittelbaren Erwartung der Wiederkunft Christi weite Volkskreise ernstlich beunruhigen. In Deutschland hielten adventistische Pastoren Vorträge zu Themen wie „Das Ende der Türkei ist das Ende der Welt“.

„Ziehen den Samariterdienst vor“

Die Leitung der Freikirche in Deutschland empfahl ihren Mitgliedern am 26. Juli 1913, keinen Militärdienst zu leisten, „[wir] ziehen aber den Samariterdienst vor“. Die Behörden sollten ihren Kirchenmitgliedern Nichtkämpferdienste und einen dienstfreien Sabbat ermöglichen, lautete der Wunsch. Der beginnende Krieg verhinderte, dass sich die Reichstagskommission mit dem Thema befasste. Wer es nicht schaffte als Sanitäter oder Koch Dienst zu leisten, wurde deswegen aber nicht aus seiner Ortsgemeinde ausgeschlossen. Der Sekretär der Adventisten, Pastor Guy Dail aus Hamburg, versandte am 2. August 1914 ein Rundschreiben als Orientierungshilfe an alle Adventgemeinden in Deutschland. Darin hieß es: „Soweit wir im Heer stehen oder ins Heer eintreten müssen, [sollten wir] unsere militärische Pflicht freudig und von Herzen erfüllen … Aus Josua 6 ersehen wir, dass die Kinder Gottes von den Kriegswaffen Gebrauch gemacht und auch am Sabbat den Kriegsdienst versehen haben.“ Ähnliche Erklärungen wurden später auch von anderen Freikirchenleitern in Deutschland abgegeben.

Entschuldigung bei den Kindern und Nachkommen für das Versagen

Diejenigen, die mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden waren, begannen sich ab August 1915 zu organisieren und verstanden sich schließlich als „Reformationsbewegung“ unter den Siebenten-Tags-Adventisten. Die umstrittene Erklärung zum Kriegsdienst wurde von den deutschen Freikirchenleitern bereits im Juni 1920 während einer Pastorentagung in Friedensau bei Magdeburg als „fehlerhaft“ zurückgezogen. Anlässlich des 100. Jahrestags des Ersten Weltkriegs gab die Freikirche im Mai 2014 eine Erklärung ab, in der sie sich bei den „Kindern und Nachkommen“ für ihr „Versagen“ im Krieg entschuldigten: „Wir haben aus unserer leid- und schmerzvollen Geschichte gelernt, dass Kinder Gottes berufen sind, Menschen des Friedens zu sein und jede Form von Gewaltanwendung gegenüber Unschuldigen abzulehnen.“ Einige hätten im Ausbruch des Ersten Weltkriegs „ein Zeichen des Weltendes“ gesehen und hätten sich trotz drohender drastischer Strafen der Kirchenleitung am Krieg beteiligt. (pro)
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