Er befasste sich immer wieder auch mit christlicher Theologie. Einmal wurde er von einem Schweizer Pfarrer aufgefordert, entweder das Christentum zu widerlegen oder selber Christ zu werden, woraus eine fruchtbare öffentliche Diskussion zum Glauben entstand. Als Jude hatte es Mendselssohn (1729–1786) nicht leicht, Juden waren zu seiner Zeit gerade einmal knapp geduldet.
Mendelssohn trennte strikt zwischen Staat und Religion, denn beide erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Gotthold Ephraim Lessing setzte dem großen jüdischen Philosophen mit seinem berühmten „Nathan der Weise“ ein Denkmal. Die „Moses-Mendelssohn-Medaille“ wird seit Jahrzehnten an Persönlichkeiten verliehen, die sich für Toleranz und Völkerverständigung sowie für eine Verbesserung der deutsch-jüdischen Beziehungen engagieren.
Der Platz gegenüber vom Jüdischen Museum in Berlin sollte ursprünglich nach dem großen deutschen Denker benannt werden. Doch da hat niemand mit den Bezirksverordneten in Friedrichshain-Kreuzberg gerechnet. Die Grünen, die die Mehrheit der Bezirksverordneten stellen, haben ein Manko an dem deutschen Aufklärer entdeckt: Er war ein Mann. Sie wollten den Platz, an dem die Jüdische Akademie entsteht, lieber nach einer Frauenrechtlerin benennen, Rahel Levin-Varnhagen, die zum Christentum konvertierte. Tatsächlich gibt es im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg seit 2005 ein Gesetz, nach dem bei Benennungen von Straßen und Plätzen Frauen bevorzugt werden sollen. Und zwar so lange, bis eine Parität zu den Männern erreicht ist. Von 375 Straßen sind bislang leider erst zwölf nach Frauen benannt.
Die Bezirksverordneten haben vergangene Woche eine Lösung für einen Streit gefunden, der mittlerweile über ein Jahr dauerte. Der Name für den Platz soll nun auch Mendelssohns Ehefrau Fromet enthalten. Über die weiß Wikipedia zwar nichts, aber sie hat zumindest eine historisch bemerkenswerte Eigenschaft: Sie war eine Frau. Der Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platz wird von nun an zwar nicht unbedingt an den jüdischen Aufklärer erinnern, wohl aber daran, dass das Geschlecht – anders als in der Gender-Debatte immer wieder behauptet – eben doch nicht nebensächlich ist, sondern noch wichtiger als irgendwelche historischen Leistungen. (pro)