Als Christ auf der RTL2-Liebesinsel

Auf Instagram zeigt er sich meist oberkörperfrei in Badehose, in seinem Herzen und unter seiner Haut hat er einen ganz anderen Fokus gesetzt: Tim Kühnel, der diesjährige Gewinner der RTL2-Dating-Sendung „Love Island“ hat mit pro über seine Tattoos und seinen Glauben gesprochen – und erklärt, warum er bei dem kontroversen TV-Format mitmachte.
Von PRO
Tim Kühnel und Melina Hoch haben die diesjährige Staffel von „Love Island“ gewonnen

Eine Gruppe Singles lebt isoliert von der Außenwelt und unter ständiger Begleitung von Kameras vier Wochen lang in einer Villa auf der „Liebesinsel“ Mallorca. Bei sogenannten „Paarungszeremonien“ müssen die Kandidaten Paare bilden. Sie können sich immer wieder neu verkuppeln oder sich für ihren bisherigen Partner entscheiden. Um für mehr Spannung zu sorgen, kommen ausgewählte Kandidaten als „Granaten“ im Laufe der Sendung hinzu. Wer nach einer neuen Partnerwahl Single ist, fliegt raus. Das Paar, das am längsten in der Villa bleibt, gewinnt 50.000 Euro. Das ist das Konzept der Kuppelshow „Love Island – Heiße Flirts & wahre Liebe“ von RTL 2. Im September lief die vierte Staffel.

Tim Kühnel und Melina Hoch sind während der Sendung ein Paar geworden und haben die Staffel gewonnen. Wenn Kühnel sich in der Sendung und auf Instagram mit freiem Oberkörper und in Badehose zeigt, fallen seine zahlreichen Tattoos auf. „Meine Tattoos haben alle eine Bedeutung“, betont der 24-Jährige aus Sindelfingen. So stehe die Taube auf seinem Oberarm für Frieden und für den Heiligen Geist, der Löwe auf der Innenseite seines Unterarms sei ein Sinnbild für Jesus, abgeleitet aus dem Symbol für den Stamm Juda. Der Unterarm zeigt zudem den Schriftzug „by grace through faith“ („durch Gnade, durch Glauben“), sein Bizeps „soli deo gloria“ („Gott allein die Ehre“). Auf seine linke Seite platzierte er ein Zitat aus Jesaja , Kapitel 40, Vers 31: „Aber die auf den Herrn harren, schöpfen neue Kraft.“ Der gehöre zu seinen Lieblingsversen, weil er ihn motiviere und immer wieder neue Hoffnung und Kraft schenke.

Warum er an Gott glaubt, erklärte Kühnel auf Instagram so: „Weil er uns liebt und uns neues Leben durch Jesus schenkt, obwohl wir ständig sündigen und nichts verdienen.“ Er ist evangelisch getauft und christlich erzogen worden. Im Rahmen seiner Konfirmation setzte er sich persönlich intensiver mit dem Glauben auseinander. Unter anderem machte er sich viele Gedanken darüber, was nach dem Tod kommt. „Da ist der Glaube der Halt und das Fundament für mich geworden“, erklärt Kühnel, der in der Fußballmannschaft des SV Böblingen spielt. Der Glaube an Gott gebe ihm unglaublich viel Kraft, auch wenn es mal nicht so gut laufe.

Kuppelshow als Chance

Für „Love Island“ bewarb er sich eigentlich nur aus Spaß – und das bereits im vorigen Jahr –, nachdem ihn ein paar Freunde im Fitnessstudio dazu ermutigt hatten. Die dann erfolgte Zusage konnte er allerdings nicht annehmen, weil sich die Drehzeit mit der Bachelorarbeit für sein duales Studium bei der Mercedes-Benz-Bank in Stuttgart überschnitten hätte. Anfang 2020 fragte ihn RTL2 dann für die diesjährige Staffel an. Dafür sagte er erst zu, als sein geplanter BWL-Master in den USA durch Corona unmöglich wurde.

Die Frage, wie er seine Teilnahme an der Kuppelshow mit dem Glauben vereinbaren könne, kann Kühnel nachvollziehen. Über Instagram wurde sie ihm mehr als einmal gestellt. Er habe selbst lange hin und her überlegt, ob es das Richtige sei, erzählt er. Schließlich kam er für sich zu dem Entschluss, dass er mit einem guten Gewissen in die Sendung gehen kann, wenn er sich selbst treu bleibt, sich nicht verstellt, wenn seine Familie damit einverstanden ist und wenn er sich im Nachhinein nichts vorzuwerfen hat. Er erklärt: „Ich habe meine Teilnahme als Chance gesehen, meine Werte zu vertreten und meinen Glauben zu teilen, auch wenn es vielleicht nicht die üblichste Plattform ist.“

Die zweiwöchige obligatorische Quarantäne vor der Sendung nutzte Kühnel, um Bücher zu lesen, darunter „Wie man Gottes Reden hört“ von der Predigerin Joyce Meyer. Zudem verfolgte er seinen Bibelleseplan. „Ich habe die Zeit für mich genutzt, um runterzukommen, viel zu schlafen und viel zu beten.“ Dementsprechend sei er, als er schließlich in der Villa auf Mallorca angekommen war, sehr entspannt gewesen. Und das, obwohl sein zweiter Coronatest in der Quarantäne positiv war. Der dritte Test eine Woche später fiel wieder negativ aus. Deshalb kam er – anders als geplant – erst in der vierten Folge hinzu.

Das Eintreffen des nebenberuflichen Models bezeichnete die Bild-Zeitung als „Zicken-Zoff um Schwaben-Adonis“. Tatsächlich wurde Kühnel als „Granate“ im Leopardenmuster-Hemd sofort auf ein Doppeldate mit zwei Single-Damen geschickt. Diese bemühten sich natürlich schwer um die Aufmerksamkeit des Neuankömmlings. Sofort angetan hat es dem Wirtschafts­psychologie-Studenten aber Kandidatin Melina Hoch, die zu diesem Zeitpunkt noch mit einem anderen Teilnehmer unglücklich verkuppelt war. Bereits am nächsten Tag konnte er die 24-jährige Sportmanagement-Studentin und Cheerleaderin als Partnerin wählen. Rückblickend stellt Kühnel fest, dass die Überschneidung mit seinem Studium im vergangenen Jahr sowie die zeitliche Verzögerung durch den zunächst positiven Coronatest „im Nachhinein perfekt gepasst“ haben. Dass er mit Hoch die Kuppelshow letztlich gewann, sei erst einmal zweitrangig.

Sieger der Herzen

Positiv aufgefallen ist der diesjährige Gewinner bei den Zuschauern in jedem Fall. Als der authentischste und ehrlichste „Islander“ wird Kühnel im Internet und auf sozialen Medien gefeiert. Schließlich wählten ihn die Zuschauer am Ende der Staffel sogar zum „Sieger der Herzen“.

Während der gesamten Sendung zeigte er sich als ruhiger, humorvoller und liebevoller Kandidat, der für die anderen Teilnehmer stets ein offenes Ohr und einen weisen Ratschlag parat hatte. Er vermittelte zwischen Konfliktparteien und hielt treu und geduldig zu seiner TV-Partnerin Hoch, die in den Augen vieler als wenig konfliktscheu galt. Bei Anspielungen unterhalb der Gürtellinie hielt sich der Student zurück. Bei einem Spiel à la „Ich habe noch nie“ stand er zudem dazu, noch nie einen Porno geschaut zu haben.

„Ich wollte von Anfang an ehrlich sein“, berichtet Kühnel über sein Verhalten in der Sendung. Er sei der Ansicht, dass Intrigen zu spinnen keinen Sinn habe und nur für Ärger sorge. „Mir war einfach wichtig, die Werte Ehrlichkeit, Authentizität und auch ein Stück weit Nächstenliebe zu vertreten“, betont der Publikumsliebling. Deshalb sei er stets auf die anderen Teilnehmer eingegangen – vor allem, wenn sie ein Problem hatten. Seine Mit-Kandidaten wollte er so behandeln, wie er auch behandelt werden möchte. Er versuche, seine „Werte zu leben“, und wenn Leute dann fragen, wieso er sich so verhalte, das Ganze – also seine christliche Motivation dahinter – zu erklären.

Im Dezember trennten sich Tim Kühnel und Melina Hoch Foto: RTLZWEI
Im Dezember trennten sich Tim Kühnel und Melina Hoch

Stets sichtbar trug Kühnel in der Sendung ein schwarzes „Vier Punkte“-Armband, das anhand von Symbolen die Kernaussagen der Bibel aufgreift. Wie der Gewinner berichtet, sei dies auch einigen Zuschauern aufgefallen. Auch seine christlichen Tattoos waren Gesprächsstoff bei „Love Island“ und den anderen Kandidaten. „Wenn mich jemand nach meinem Glauben fragt, rede ich gerne darüber, auch wenn es vielleicht nicht für jeden direkt klar oder nachvollziehbar ist“, sagt Kühnel.

In das perfekte Leben von Jesus hineinwachsen

Die Teilnahme an der Show bereut er nicht. „Im Gegenteil: Ich bin sehr dankbar für die Erfahrung und dafür, wie alles gekommen ist“, bemerkt der Student. Seinen gemeinsamen Sieg mit Hoch – inklusive den Preis von 50.000 Euro, den er sich mit seiner Freundin teilt – sieht er als Segen, als Geschenk, und nicht als etwas, das er durch seinen eigenen Verdienst gewonnen habe.

Einen Teil seines Siegergeldes verwendete Kühnel für ein Auto, das er gemeinsam mit seiner Schwester seiner Mutter schenkte. Sie habe für ihn stets zurückgesteckt, ihn finanziell unterstützt und ihm etwa Urlaube ermöglicht. „Meine Mutter ist der wichtigste Mensch in meinem Leben“, begründet Kühnel diese Entscheidung. Mit dem Auto will er ihr nun etwas zurückgeben. Den restlichen Teil des Preisgeldes hat er sich fürs Studium zurückgelegt. Auch mit seiner Freundin habe er schon über den Glauben gesprochen. Sie stehe dem „neutral“ gegenüber und glaube, dass es etwas Höheres gebe, sagt er.

Kühnel ist es wichtig, später einmal kirchlich zu heiraten und seine Kinder christlich zu erziehen. „Oft vertreten Menschen aber auch gewisse Werte, die aus dem christlichen Glauben stammen, ohne es wirklich so zu wissen“, sagt er und findet, dass seine Beziehung mit Hoch gut funktioniert. Unbedingt vermeiden möchte Kühnel, dass sich die Beziehung wegen unterschiedlicher Glaubensvorstellungen auflöse. „Wer bin ich, dass ich sagen kann, deshalb hast du keinen Platz in meinem Leben?“, fragt er. Mitte Dezember teilten die beiden in einem Instagram-Video mit, dass sie ihre Beziehung beenden. Ohne Details zu nennen, sagte er: „Es gab einfach ein paar Differenzen, die wir jetzt in den letzten Wochen nicht entdeckt haben, aber die einfach etwas stärker geworden sind, wo wir am Anfang nicht mit gerechnet haben. Deswegen haben wir beschlossen, dass wir uns trennen werden.“

Eine feste Gemeinde hat Kühnel nicht. Er war schon in der „Himmelsleiter“, einer freikirchlichen Jugendgemeinde in Stuttgart, oder beim evangelistischen Jugendevent „Jesus House“. Wenn er seine Freundin in Köln besucht, schaut er auch bei der dortigen „City Church“ vorbei. Er hört Predigt-Podcasts und ist ein Freund der Bibel-App „YouVersion“ und der darin enthaltenen Lesepläne. Die Institution Kirche und der Glaube sind für ihn „zwei Paar Stiefel“, sagt Kühnel und betont, dass der Glaube in erster Linie die Beziehung zu Gott sei.

Seine Hoffnung ist es, nach dem Tod ewiges Leben bei Gott zu haben. Hier auf Erden sei es sein Ziel, andere Menschen mit dem Glauben zu erreichen. Nicht indem er etwas einfordert; er möchte seine Überzeugung vorleben und „in Jesu perfektes Leben reinwachsen“, erklärt er. „Das sehe ich als meinen Auftrag und als meine Aufgabe als Christ.“

Von: Tabita Prochnau

Dieser Text erschein zuerst in der Ausgabe 6/2020 des Christlichen Medienmagazins pro. Sie können das Heft kostenlos online bestellen oder telefonisch unter 06441/56677-00.

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