Bereits zum neunten Mal gibt es in der ARD eine Themenwoche. Der öffentlich-rechtliche Sender kümmert sich in diesem Jahr schwerpunktmäßig um das Thema Toleranz. Aber genau daran scheint es der ARD zu fehlen, wenn man die öffentliche Debatte verfolgt. Ein Kommentar von Johannes Weil
Von PRO
Foto: ARD.de Screenshot
Ein breites Spektrum an Themen beleuchtet die ARD im Rahmen der Themenwoche Toleranz
Mit den Plakaten, mit denen der Sender für die Themenwoche „Toleranz. Anders als Du denkst“ wirbt, hat er für hitzige Diskussionen gesorgt. „Normal oder nicht normal?“ steht über dem Bild eines Mannes, der einen anderen Mann auf die Stirn küsst. „Außenseiter oder Freund?“, fragt ein Mensch im Rollstuhl. Über dem Porträt eines schwarzen Mannes stehen die Worte „Belastung oder Bereicherung?“.
Volker Beck, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion und selbst homosexuell, sieht mit der Aktion das Rad der Zeit um 50 Jahre zurückgedreht. So etwas hätte er „höchstens noch von einem unverbesserlichen rechten Rand erwartet“. Eigentlich sei es unstrittig, Homosexualität und Inklusion zu tolerieren, richtet er seine Bedenken in einem Offenen Brief an die ARD.
Der Berliner Piratenpolitiker Holger Hennig wird noch deutlicher. Er fragt in einem Blogbeitrag, „welchen Schuss die ARD nicht gehört“ habe, als sie die Kampagne gestartet hat. Kritik gibt es sogar aus den eigenen Reihen. Das NDR-Magazin „Zapp“ sieht die gute Absicht hinter der Aktion. Trotzdem habe niemand das Recht, andere Menschen in Schubladen zu stecken. Klaus Raab kommentiert auf der Webseite Zeit Online das Konzept und den Überbau der Themenwoche als „altmodisch im schlechten Sinn“.
Unterstützung von der katholischen Kirche
Unterstützung erhält die ARD in dem Streit von der katholischen Kirche. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hält die Themenwoche für „einen wichtigen Beitrag einer lebendigen Toleranzkultur in Deutschland“. Toleranz erfordere, „andere Positionen und Werte erst einmal wirklich zu verstehen“. Er ergänzt: „Genauso ist es notwendig, auch die eigene Position zu kennen und sie freimütig und ohne Angst ins Gespräch zu bringen. Diese Haltung könnte unsere Gesellschaft in wichtigen Debatten weiterbringen.“
Kardinal Marx würdigt zurecht die guten Absichten der ARD. Dennoch scheint es fraglich, ob die Verantwortlichen der ARD lange genug überlegt haben, welche Botschaft sie mit ihren Plakaten aussenden (wollen). Auch wer keiner der genannten Gruppen auf den Plakaten angehört, möchte sich wohl eher nicht solche Fragen stellen lassen müssen. Denn sie klingen alles andere als sensibel. Hier wäre etwas mehr Fingerspitzengefühl angebracht gewesen.
Die ARD wollte nach eigener Stellungnahme verdeutlichen, dass „intolerantes Verhalten oft von Äußerlichkeiten und Vorurteilen geprägt“ wird. Ein weiteres Ziel ist ihr gelungen: Diskussionen anzuregen. Ja, sie habe provozieren wollen. Nein, die Plakate hätten nicht verletzen sollen. Trotz oder gerade wegen der regen öffentlichen Diskussion wird es interessant, sich den einen oder anderen Beitrag anzuschauen.
Vor allem die Dokumentation über Robert Enke, der sich aufgrund seiner Depressionen das Leben genommen hat, und der Film über die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig versprechen interessant zu werden. Und es ist davon auszugehen, dass sie das eigene Schubladen-Denken nicht befördern werden. (pro)
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