Algerischer Schriftsteller: Das Problem ist der Islam
Was derzeit in der arabischen Welt passiert, ist zum einen Folge einer Liberalisierung der Wirtschaft, zum anderen aber auch den weltumfassenden Medien zu verdanken. Das schreibt der algerische Schriftsteller Boualem Sansal in der Tageszeitung "Die Welt".
Von PRO
9. Februar 2011
Foto: Ahmad Hammoud (flickr)
Sport und Popmusik und die Bilder, die aus dem Westen ankommen, hätten den Jugendlichen in der arabischen Welt "Appetit gemacht auf Erfolg, auf Heldentaten und Luxus, auf das schnelle Geld und Reisen", schreibt Sansal. Er wurde 1949 in Algerien geboren. Er studierte Ingenieurwesen und Ökonomie und wurde später Schriftsteller. "Vor allem die Jugendlichen stellen solche Forderungen, weil sie offener sind als ihre Eltern – dank Fernsehen, Internet, sozialen Netzwerken, Mobiltelefonen und Bildungsniveau."
Auch unter den Islamisten finde man den Wunsch, von einem demokratischen Regime regiert zu werden. Diese Kategorie von Islamisten und Konservativen glaube nicht mehr an eine Machtergreifung durch Waffen oder Gewalt. "Sie wollen sie an den Urnen erreichen (…)."
Sansal vermutet jedoch, dass das größte Problem noch bevorsteht: Verschiedene soziale Strömungen würden sich direkt gegenüberstehen: "Islamisten, Christen, Nationalisten, Demokraten, Arbeitslose, Gewerkschaften, Armee, Bourgeoisie. Wird es ihnen gelingen, einen Dialog untereinander zu führen und ein gemeinsames Projekt zustande zu bringen?" Denkbar sei ein Bürgerkrieg oder eine Teilung des Landes. "Meine persönliche Einschätzung ist, dass sich kurz- und mittelfristig gar nichts ändern wird außer einigen Korrekturen an der Fassade."
Ein Problem sei der Islam. "Alle – Demokraten wie Laizisten – beziehen sich auf die Religion." Auch Mohammed ElBaradei, einer der Oppositionellen, habe als seine erste Geste das gemeinsame Gebet mit den Islamisten auf offener Straße gewählt, anstatt vor allem seine patriotischen und ideologischen Positionen zu betonen, so Sansal. "Er hätte auch mal in eine Kirche zu den Kopten gehen sollen." Dieses Gebet sei "ein politisches Zeichen der schlechtesten Sorte" gewesen. "Es zeigt, dass viele von der Zukunft und der Demokratie sprechen, während sie sich zugleich ausgerechnet auf die Kräfte beziehen, die für das Gestern und die Ablehnung der Demokratie stehen."
Den arabischen Nationalismus bezeichnet der Schriftsteller als eine "rassistische, antidemokratische, antiwestliche, antisemitische und antiisraelische Ideologie". Sansal weiter: "Man stelle sich vor, Europa erhöbe den Anspruch (so wie es einige Parteien der extremen Rechten gerne hätten), dass allein die europäisch-christliche Rasse Trägerin demokratischer Werte sei!"
Er fordert: "Wenn sich die Ägypter, Algerier, Tunesier endlich als Ägypter, Algerier, Tunesier definieren und nicht auch als Araber oder Muslime – dann wären sie wirklich auf dem Weg zur Demokratie. Dann könnten sie auf eine ganz natürliche Art den anderen akzeptieren, den Christen, den Juden, den Laizisten und den Fremden, der in ihrem Land lebt und heiratet, ohne gezwungen zu sein, zu konvertieren oder seine Identität zu verleugnen." (pro)
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