Afrikanische Bischöfe wehren sich gegen „Angriff auf die Ehe“

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat auf der Familiensynode in Rom Unterschiede zwischen der westlichen Welt und Afrika ausgemacht. Afrikanische Delegierte hätten gar vor einem Gender- und Abtreibungskolonialismus gesprochen.
Von PRO
Der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, hat erstmals an einer Synode in Rom teilgenommen
Bei einem Pressegespräch am Dienstag erklärte der Erzbischof in Berlin, Heiner Koch, der auch Relator der deutschsprachigen Delegation auf der Synode war, dass ihm manche Themen und Äußerungen der afrikanischen Bischöfe „schon fremd“ erschienen seien. „Natürlich wussten wir, dass sie eine eigene Kultur, einen eigenen Horizont und eigene Erfahrung mit einbringen“, sagte er. „Für die afrikanischen Christen ist die Hochzeit die Feier der Verbindung zweier Familien. Zwei Familien kommen zusammen, zwei Großfamilien kommen zusammen. Dort ist jeder Angriff auf die Ehe auch ein Angriff auf ihr Leben, weil der Staat dort nicht die Bedeutung hat über Altersversorgung, Stabilität und Rechtsfragen, wie hier.“ Am Sonntag war die Familiensynode im Vatikan nach dreiwöchiger Beratungszeit zu Ende gegangen. Zu dem Verhältnis von Gemeinde und Ehe in Afrika erklärte Koch: „Die Gemeinde ist wesentlich. In der Eheliturgie nimmt die Gemeinde das junge Paar in ihrer Mitte auf. Das ist ein Gemeinschaftserlebnis und nicht eine private, familiäre Feier von Freunden und engsten Verwandten.“ Er sieht in dem Verständnis der afrikanischen Vertreter auch eine Bereicherung. „Wir werden uns hier fragen müssen, was das für uns bedeutet, dieses Eingebundensein in die Kirche.“ Es könne „einfach nicht sein, dass die Ehevorbereitung bei uns so ein Schnellverfahren ist“. In anderen Ländern würde sich über Monate auf die Ehe vorbereitet, sagte Koch.

Afrikaner gegen „Gender-Kolonialismus“

Es sei schwierig gewesen, wegen der beschränkten Redezeit von drei Minuten im Plenum mit rund 300 Teilnehmern zu diskutieren. Als besonders wertvoll wertete Koch die abendliche, offene Diskussion im Plenum. „Wir müssen das was Ehe ist, was sie für uns als Christen und Katholiken ist, stabil halten, hoch halten“, erläuterte Koch den Grundtenor der Synode. „Haltet fest, haltet fest“, sei gerade den Bischöfen aus Osteuropa ein großes Anliegen gewesen. Koch sagte, dass bei der Diskussion um Ehe, Scheidung und Familie darauf geachtet werden müsse, „dass wir hier nicht über eine Sache, sondern über Menschen reden und den Einzelnen sehen müssen“. Es gelte, die biblische Botschaft über die Ehe nicht zu „minimalisieren auf die Frage der Scheidung“. Von einigen afrikanischen Kollegen sei versteckt der Vorwurf des Kolonialismus erhoben worden. „Die westliche Welt will, dass wir ihre Werte wie Abtreibung, Gender und Homosexualität übernehmen“, hätten afrikanische Synodale verlauten lassen. „Wenn wir das nicht machen, bekommen wir kein Geld. Diesen Kolonialismus, unter dem wir so lange gelitten haben, machen wir nicht mehr mit.“ Der Erzbischof betonte, dass die Zusammenkunft der Bischöfe „ein Beratungsgremium“ gewesen sei. Die Entscheidungen in fundamentalen Glaubensfragen müsste der Heilige Vater treffen. „Die Synode ist kein Parlament oder ein Parteitag, der beschließt. Sondern wir geben unsere Ratschläge an den Heiligen Vater weiter. Das bedeutet auch, dass wir unterschiedliche Ratschläge an bestimmten Punkten geben. Das ist kein Qualitätsverlust“, erklärte Koch und bemängelte, dass man im Vorfeld und zwischen den Synoden „hätte themenorientierter arbeiten können“, und zwar mit „Menschen aus verschiedenen Kulturräumen mit verschiedenen Empfindungen und theologischen Richtungen“. Es gelte nun, mit unterschiedlichen Kulturen und theologischen Richtungen das Gespräch weiter zu führen. „Ich würde dringend vorschlagen, mit den osteuropäischen Bischöfen und Theologen ins Gespräch zu kommen. Wir müssen mal frei sprechen, ohne dass gleich ein Ergebnis dabei herauskommen muss“, sagte Koch. Zur Ökumene erklärte der Berliner Erzbischof: „Wir leben nicht nur nebeneinander her. Was der eine denkt, beeinflusst den anderen.“ Protestanten und Katholiken stünden gesellschaftspolitisch in den Fragen von Ehe und Familie vor den gleichen Herausforderungen. Als greifbares Ergebnis der Synode für seine Kirche wünscht sich Koch, dass Eheleute erkennen „dass Gott da ist, dass er mit geht, dass er trägt, ganz egal was geschieht, auch wenn ihr scheitert, wenn es schwierig wird.“ Zudem sollten die Gläubigen wissen: „Du bist konkret im Blick und Deine Geschichte ist einmalig. Wir machen keine Pauschalurteile“, sondern seine Kirche ringe mit den Gläubigen als Teil der „neuen, großen Familie Jesu, die weit über Grenzen hinaus geht“, in allen Fragen. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/nach-synode-mehr-verantwortung-fuer-die-ortskirchen-93817/
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