AfD provoziert auf Katholikentag

Über das Verhältnis von Religion und Staat haben auf dem 101. Deutschen Katholikentag Vertreter der Bundestagsparteien diskutiert – unter ihnen auch ein Vertreter der AfD. Die Veranstaltung entwickelte sich zu einer hitzigen Debatte – und wurde von Demonstranten gestört.
Von PRO
Der kirchenpolitische Sprecher der AfD, Volker Münz, provozierte in einer Debatte auf dem Katholikentag

Auf dem Katholikentag debattierten am Samstag Vertreter der Bundestagsparteien zu der Frage, welche Rolle Kirche und Religion in Zukunft in Staat und Gesellschaft spielen könnten. Bereits vor der eigentlichen Debatte erhielt die Veranstaltung viel Aufmerksamkeit. Als bekannt wurde, dass an der Podiumsdiskussion auch die AfD teilnehmen soll, gab es Gegenwind. Unter anderem rief das Bündnis „Keinen Meter“ aus Münster im Vorfeld zum Protest auf. Kurz vor der eigentlichen Veranstaltung demonstrierten am Samstagmittag zudem rund tausend Menschen in der Stadt gegen den Aufritt der AfD. Unter hohem Polizeiaufgebot zogen sie an der Münsterlandhalle, dem Veranstaltungsort der politischen Debatte, vorbei.

„Suche Frieden, nicht die AfD – für eine antifaschistische Kirche“ stand auf dem Banner der Demonstranten, die in den ersten Minuten die Veranstaltung unterbrachen Foto: pro/Martina Blatt
„Suche Frieden, nicht die AfD – für eine antifaschistische Kirche“ stand auf dem Banner der Demonstranten, die in den ersten Minuten die Veranstaltung unterbrachen
Aktion gegen die AfD Foto: pro/Martina Blatt
Aktion gegen die AfD

Auch zu Beginn der Debatte störten einige Demonstranten die Veranstaltung. Als der kirchenpolitische Sprecher der AfD, Volker Münz, sein Bekenntnis zum christlichen Glauben erklären wollte, stürmten einige Besucher mit einem Plakat nach vorne und riefen: „Sucht Frieden, nicht die AfD!“ Der Slogan „Suche Frieden“ ist das Motto des 101. Deutschen Katholikentags. Münz war zudem der einzige der teilnehmenden Politiker, dem auch auf der Bühne Personenschützer zur Seite standen.

Christine Buchholz, Karlheinz Busen, Kerstin Griese, Moderator Thomas Arnold, Bettina Jarasch, Christian Hirte und Volker Münz diskutierten zum Thema „Nun sag', wie hast du's mit der Religion?“ (v.l.n.r.) Foto: pro/Martina Blatt
Christine Buchholz, Karlheinz Busen, Kerstin Griese, Moderator Thomas Arnold, Bettina Jarasch, Christian Hirte und Volker Münz diskutierten zum Thema „Nun sag‘, wie hast du’s mit der Religion?“ (v.l.n.r.)

Auch danach gab es immer wieder Zwischenrufe und Buh-Rufe, aber auch einige Sympathiebekundungen aus dem Publikum, wenn sich Münz in der Diskussion zu Wort meldete. Neben ihm debattierten die religionspolitische Sprecherin der Linken, Christine Buchholz, die Sprecherin des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD, Kerstin Griese, der CDU-Politiker Christian Hirte, die religionspolitische Sprecherin der Grünen, Bettina Jarasch, und Karlheinz Busen von der FDP.

AfD-Politiker: Islam gehört nicht zu Deutschland

Die Haltung der AfD zum Thema Religion in Staat und Gesellschaft entwickelte sich zum zentralen Streitpunkt der Debatte. Münz bekannte sich zu seinem christlichen Glauben, der Glaube an Gott gebe ihm Halt und Zuversicht. Seine Partei mache Politik aufgrund des christlichen Menschenbildes, sagte er. Nach Parteikollege Björn Höcke gefragt, sagte er: „Ich halte nicht für alle Menschen in meiner Partei den Kopf hin.“ Seine Partei wolle „das christliche Menschenbild in Deutschland bewahren“. Dieses dürfe „nicht einem Experiment zum Opfer fallen, das hier auf dem Rücken der Menschen ausgetragen wird“, sagte er mit Bezug auf die Flüchtlingspolitik.

Die Grünen-Politikerin Jarasch fragte Münz im weiteren Verlauf der Debatte, wie er es mit dem christlichen Menschenbild vereinbaren könne, dass seine Partei Muslimen in Deutschland nicht die gleichen Rechte gewähren wolle wie anderen Menschen. Münz betonte, er unterscheide zwischen Muslimen, die ihren Glauben leben dürften, und dem Islam, der als Institution nicht zu Deutschland gehöre. „Der Islam hat ein anderes Gottesbild, akzeptiert nicht die allgemeine Erklärung der Menschenrechte“, sagte er.

Um die Diskussion zu entschärfen, rief Griese dazu auf, sich mehr der Lösung der Probleme, als deren Diskussion zu widmen. Sie erklärte, das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland sei im Vergleich zu dem in anderen Ländern „das beste, was es gibt“. Außerdem müsse das Staatskirchenrecht offen sein für alle Religionen, „die sich im Rahmen der Verfassung bewegen“. Griese betonte, wie wichtig interreligiöser Dialog sei. „Wir wissen viel zu wenig voneinander.“

Die SPD-Politikerin bezeichnete den christlichen Glauben zudem als „politischer als die Alltagspolitik“. Jesus habe nie gesagt, seine Botschaft gelte nur für bestimmte Gruppen und er habe nie bestimmte Gruppen ausgegrenzt. „Gelebter Glaube ist Engagement gegen Ausgrenzung und soziale Ungerechtigkeit“, sagte sie. Ihr werde es „außerdem schwummrig“, wenn die Religion dazu benutzt werde, bestimmte Ziele zu erreichen. Wenn zum Beispiel argumentiert werde, man müsse wegen seines Glaubens eine bestimmte Position vertreten.

Politiker verteidigen Rolle der Kirchen im politischen Diskurs

Auch Grünen-Politikerin Jarasch versteht das Christentum „als Liebe Gottes zu allen Menschen. Ausgrenzung ist damit nicht zu vereinbaren“. Mit Blick auf Münz erklärte sie, die multikulturelle Gesellschaft sei „eine Tatsache und es ist eine Frage, wie wir sie gestalten“.

Zur Rolle der Kirchen im politischen Diskurs sagte Münz, es sei nicht deren Aufgabe, sich einzumischen. „Kirchen haben andere Aufgaben, als Politik zu machen.“ Wenn sich „die Amtskirchen als politische Vorfeldkirchen generieren, ist das nicht in Ordnung. Wenn es darum geht, dass aktuelle politische Dinge vorangetrieben werden, überschreitet die Kirche ihre Aufgaben“, sagte der AfD-Politiker. Griese widersprach Münz heftig und sagte: „Kirchen hätten ihre Aufgabe nicht getan, wenn sie sich nicht im Sinne der Nachfolge Jesu für die Menschen einsetzen, die Unterstützung brauchen.“ Kirchen seien zwar keine politischen Parteien, ständen aber auf der Seite der Armen und Schwachen. Unions-Mann Hirte sagte: „Aufgabe der Kirchen ist es, Stachel im Fleisch der Politik zu sein.“ Es sei richtig und wichtig, dass Kirchenvertreter ihre Meinung gegenüber Politikern zum Ausdruck brächten.

Etwas Erstaunen erntete FDP-Politiker Busen für die Äußerung, seine Partei sei „mit der Kirche komplett im Reinen. Auch beim Einzug der Kirchensteuern.“ Es sei wichtig, im Dialog zu bleiben.

Auch über die Frage, wie einer Radikalisierung des Islam entgegen gewirkt werden könne, diskutierten die Politiker. Linken-Politikerin Buchholz forderte, „mit Kriegen und Terror aufzuhören, die selbst Kriege und Terror hervorbringen“. Sie forderte weniger militärische als politische Lösungen. Griese hielt dagegen: „Ursachen mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpfen. Was denn sonst, bitte?“ Auch Jarasch sagte, die Terrormiliz Islamischer Staat könne nicht politisch bekämpft werden.

Eine Stunde, bevor die Podiumsdiskussion begann, trafen sich Demonstranten, um gegen die AfD zu protestieren Foto: pro/Martina Blatt
Eine Stunde, bevor die Podiumsdiskussion begann, trafen sich Demonstranten, um gegen die AfD zu protestieren

Münz provozierte mit der Aussage, dass „alle hier auf dem Podium Verantwortung für die Probleme tragen, die wir in Deutschland erleben“. Er ergänzte: „Sie laden Schuld auf sich.“ Buh-Rufe, aber auch Applaus erklangen aus dem Publikum. Moderator Thomas Arnold ermahnte, nicht zu verallgemeinern. Münz sagte, „der Rechtsstaat muss zur Anwendung gebracht werden“. Schon bei der Grenzöffnung im Rahmen der Ankunft zahlreicher Flüchtlinge habe Deutschland versagt. Erneut ermahnte der Moderator, „nicht alles in einen Topf“ zu werfen.

Auch Hirte erklärte, man dürfe nicht pauschalisieren. Zu Münz sagte er: „Sie haben beim Christentum nicht verstanden, dass jeder Einzelne wertgeschätzt ist. Wenn Sie alle anderen pauschal abwerten, ist das völlig unchristlich.“ Jarasch ergänzte, sie verstehe Münz‘ Äußerung so, dass die Schuld Deutschlands darin bestehe, Flüchtlinge aus einer Situation des Bürgerkriegs aufzunehmen.

Griese sagte abschließend, sie sei zwar „nicht blauäugig“, aber es sei „eine große Leistung unserer Gesellschaft und der Kirchen, dass die Flüchtlinge bei uns gut aufgenommen worden sind“. Man könne dankbar dafür sein, „dass das im Großen und Ganzen in unserem Land funktioniert hat“.

Von: Swanhild Zacharias

Helfen Sie PRO mit einer Spende
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.

Ihre Nachricht an die Redaktion

Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

PRO-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen