Kauder hatte in Ägypten unter anderem den Großscheich Ahmad Al-Tayyeb, die oberste religiöse Autorität des sunnitischen Islam in Ägypten, und den ägyptischen Religionsminister, Mahmud Zaqzouq, getroffen. Bereits am Samstag war der Fraktionsvorsitzende von Papst Shenouda III., dem Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, in Privataudienz empfangen worden. Er hatte auch eine koptische Gemeinde besucht, den Kopten die Solidarität der Union und der Kanzlerin bekundet und Gespräche mit Repräsentanten anderer christlicher Kirchen geführt.
Keine konkreten Maßnahmen gegen Diskriminierung
Bei den Gesprächen habe die Delegation den Eindruck gewonnen, dass die ägyptische Regierung um eine Aufklärung des Anschlags gegen Kopten in der Neujahrsnacht bemüht sei, erklärte Kauder am Sonntag im Gespräch mit pro. Führende Politiker des Landes verstünden das Verbrechen als eine Attacke auf die nationale Einheit des Staates. Nun seien sie vor allem daran interessiert, dass wieder "Ruhe einkehre". Konkrete Maßnahmen zum Schutz von Christen in Ägypten seien in den Gesprächen mit den Unions-Vertretern dennoch nicht genannt worden. "Die ägyptische Regierung verweist darauf, dass Christen durchaus die Erlaubnis haben, Kirchen zu bauen", sagte Kauder.
Im Gespräch mit Christen habe er erfahren, dass in Ägypten zwar nicht von Verfolgung, durchaus aber von Diskriminierung gesprochen werden könne. "Viele haben bedenken, dass die Rechte der Christen mit einem Fortschreiten der Islamisierung weiter eingeschränkt werden", sagte Kauder weiter. Er verriet zudem, dass die ägyptische Regierung skeptisch gewesen sei, ob der Zeitpunkt der Anreise der Delegation richtig gewesen sei. "Man hat wohl außenpolitische Diskussionen befürchtet", sagte Kauder.
Kauder: "Beziehungen zu Ägypten stärken"
Die Fraktion teilte weiter mit, sowohl die ägyptische Regierung als auch der oberste Repräsentant der Muslime, Großscheich Al-Tayyeb, hätten die Kopten als eine Säule der ägyptischen Gesellschaft bezeichnet. Kauder plädierte: "Deutschland sollte die Beziehungen zu Ägypten intensivieren und zu einem gleichberechtigten Zusammenleben der Religionen beitragen." In diesem Sinne sei ein Gesprächskreis zwischen Kopten und Muslimen gegründet worden, hieß es in einem Statement am Montag.
Unions-Politiker wollten sich mit ihrer Reise ein Bild von der Lage der Christen in Ägypten machen. Neben Kauder waren am Samstag die Kirchenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Flachsbarth, und die stellvertretende Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, Ute Granold, angereist. Der Hintergrund: Am Neujahrstag hatten Extremisten einen Anschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria verübt, bei dem 23 Menschen getötet wurden.
Am Samstag haben Christen und Muslime in Frankfurt mit einer ökumenischen Feier gemeinsam der Opfer des Anschlags gedacht. Bei der Gedenkfeier sagte das Oberhaupt der koptischen Kirche in Deutschland, Bischof Anba Damian, laut Deutscher Presse-Agentur (dpa): "Wir erheben heute gemeinsam unsere Stimme, um als Botschafter für den Frieden einzutreten." Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sagte: "Diese Terroristen wollen einen Keil zwischen Christen und Muslime treiben. Aber dieses Ziel wird ihnen nicht gelingen." Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in ihrem Podcast zum Eintreten für Religions-, Presse- und Meinungsfreiheit aufgerufen. Deutschland werde immer darauf achten, dass diese grundlegenden Freiheiten eingehalten würden.(pro)