Ägyptische Christen weiter in der Schusslinie



In Ägypten stehen Christen immer wieder in der Schusslinie. Laut Informationen der Nachrichtenagentur dpa wurde am Wochenende eine Dauerdemonstration christlicher Kopten in Kairo durch gewalttätige Anwohner angegriffen. Bei den anschließenden Straßenschlachten sollen 78 Personen verletzt worden sein.
Von PRO


Von diesen Zahlen berichteten ägyptische Medien in Kairo unter Berufung
auf Quellen im Gesundheitsministerium. Die Kopten demonstrieren seit
einer Woche mit einer Sitzblockade vor einem Fernsehgebäude am Nil-Ufer.
Die Gruppe verlangt einen besseren Schutz ihrer Kirchen, nachdem
radikale Muslime am vergangenen Wochenende zwei Gotteshäuser im Kairoer
Armen-Viertel Imbaba angegriffen und in Brand gesteckt hatten. Bei
diesen Zusammenstößen waren 15 Menschen getötet und 240 weitere verletzt
worden.


Zu den jüngsten Straßenschlachten am Wochenende kam es, nachdem Randalierer aus benachbarten Wohngebieten die Demonstranten vor dem Fernsehgebäude mit Steinen und Molotow-Cocktails angegriffen hatten. Polizei und Armee setzten Tränengas ein, um die Kämpfenden zu trennen. Auch Warnschüsse wurden abgefeuert. Mindestens zehn Autos gingen in Flammen auf. Laut Innenministerium wurden 15 Menschen festgenommen.



Wie Daniel Ottenberg, Leiter des Referats für Menschenrechte von Open Doors Deutschland e.V., gegenüber pro betont, sind Gerüchte über zwei zum Islam konvertierte Christinnen der ursprüngliche Auslöser für die anhaltenden Unruhen. "Eine der Frauen hat aber in einem christlichen Fernsehsender dementiert, dass dies stimmt", weiß Ottenberg. Der Vorfall reihe sich ein in die Unruhen seit dem Ende des Mubarak-Regimes: "Die allgemeine Unruhe wird von Extremisten genutzt, um gegen Christen vorzugehen."


"All dies beschädigt unser Ansehen"

Das Oberhaupt der Kopten in Ägypten, Patriarch Schenuda III., hatte nach den Zusammenstößen die christlichen Gläubigen aufgefordert, den Sitzstreik zu beenden, weil die Situation durch den andauernden Protest weiter angeheizt werde. "All dies beschädigt euer Ansehen und das Ansehen Ägyptens", hatte er am Tag zuvor erklärt. "Die Aussagen passen genau ins Bild, weil der Patriarch regelmäßig Todesdrohungen bekommt", erklärt Ottenberg gegenüber pro. Kundgebungsteilnehmer taten die von der staatlichen Nachrichtenagentur "Mena" verbreiteten Worte des Patriarchen sogar als "Falschmeldung" der Staatsmedien ab, berichtete die Tageszeitung "Daily News Egypt" am Montag.



Es könne sein, dass die ägyptische Interimsregierung die Geduld mit den Demonstranten verliere, so Schenuda III.. Wie das Nachrichtenportal "Süddeutsche.de" berichtet, fühlten sich viele Muslime durch den Sitzstreik provoziert – und greifen deswegen zur Gewalt. Mit der Fortsetzung des Sitzstreiks widersetzten sich die Demonstranten der Forderung ihrer Kirchenführung. "Die Vorfälle, dass christliche Häuser und Güter zerstört werden, häufen sich. Neu ist aber auch, dass die christliche  Minderheit beginnt für ihre eigenen Rechte einzustehen", bilanziert Ottenberg. "Gerechterweise müssen wir aber auch sagen, dass die Armee nach den Vorfällen im März ihr Versprechen eingehalten zum Wiederaufbau der damals zerstörten Kirchen beigetragen hat." (dpa/pro)

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