Ablass und Fegefeuer: Protestanten, Katholiken und die Ökumene

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, hat die jüngsten Aussagen der vatikanischen Glaubenskongregation erneut scharf kritisiert. Die Frage, ob die "evangelische Kirche Kirche Jesu Christi und damit Kirche im eigentlichen Sinn ist, wird nicht in Rom entschieden", sagte Huber vor dem Rittertag des Johanniterordens am Wochenende in Hamburg.
Von PRO

Huber betonte weiter, dass durch die wiederholte, bewusste Degradierung der reformatorischen Kirchen „ökumenische Blockaden“ aufgebaut würden, die den Dialog zwischen der evangelischen und der römisch-katholischen Kirche unnötig erschwerten. Ein Wetteifern darum, ob die römisch-katholische oder die evangelische Kirche näher bei Christus sitzen dürfe, sei „schlicht peinlich“. Stattdessen müsse man als Kirche dem Beispiel Jesu folgen und den Menschen dienen.

Schon allein aus diesem Grund müsse die Ökumene weitergehen. Hierüber stimmte Huber mit dem Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke überein. Eine Fortführung der Zusammenarbeit sei unbedingt notwendig, um geistliche Erneuerung zu erfahren und Menschen zu erreichen, denen der christliche Glaube fremd geworden ist. Jesu Aufforderung, „Einigkeit im Geist“ zu bewahren, sei der Grundstein jeglicher ökumenischer Zusammenarbeit. Der Versuch „Einheit in Vielfalt“ zu gestalten könne gelingen, wenn der Maßstab allen Handelns sei: „Dominus Iesus – Herr ist Jesus“.

Vereinbarungen zwischen Protestanten und Katholiken

Welche Fortschritte in der ökumenischen Arbeit bereits existierten, zeige die kürzlich getroffene Vereinbarung zur wechselseitigen Anerkennung der Taufe. Besonders mutmachend sei die Tatsache, dass der Vorschlag dafür von katholischer Seite her eingebracht wurde und dass es im Zuge der Vereinbarung zu einer Annäherung der katholischen an die orthodoxe Kirche gekommen sei.

Um in Zukunft Antworten auf geistliche Frage zu erhalten, müsse man sich auf die Gemeinsamkeiten der reformatorischen, der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche besinnen. Als Beispiel nannte Bischof Huber das ökumenische Gedenken an Elisabeth von Thüringen, die mit ihrem selbstlosen Einsatz für ihre Mitmenschen als Vorbild im Glauben dienen könne.

Gleichzeitig könne es hilfreich sein, sich selbstkritisch mit dem geschichtlich gewachsenen Profil der eigenen Kirche auseinander zu setzen. Bischof Huber gab zu, dass in der evangelischen Kirche eine „Kultur der Individualität“ gepflegt werde. Dabei würde allerdings häufig verdrängt, dass Glaube in der Gemeinschaft der Gläubigen wächst.

Die absolute Notwendigkeit eines ökumenischen Dialogs ergibt sich laut Bischof Huber zudem aus der gemeinsamen Aufgabe der Kirchen, die „Friedensbotschaft des Evangeliums“ zu verbreiten. Dies sei erforderlich, um gesellschaftlichen Problemen zu begegnen und einen festen Standpunkt im interreligiösen Dialog und im Umgang mit einem „zum Teil kämpferischen Atheismus“ einnehmen zu können. Darüber hinaus seien sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche in Deutschland von verschiedenen demographischen und religionssoziologischen Gegebenheiten betroffen, die eine Umgestaltung der Kirchen notwendig machten. Gemeinsam nach Lösungen für eine wieder ansteigende Zahl von Trauungen oder kirchlichen Bestattungen zu suchen, sei da nur nahe liegend.

Befremdlich: Ablass und Fegefeuer

Für eine echte Annäherung der beiden Kirchen sei es allerdings von großer Bedeutung, Unterschiede genau so klar zu benennen wie die reichlich vorhandenen Gemeinsamkeiten. Bischof Huber bezeichnete dies als „Ökumene der Profile“. In diesem Zusammenhang sprach er davon, dass die Vorstellung von „Ablass und Verringerung der Fegefeuerzeit durch die Kirche“ auf viele evangelische Christen genau so befremdlich wirke wie die „Positionierungen zu Themen wie Sexualmoral und Empfängnisverhütung“. Ein zweiter Aspekt der „Ökumene der Profile“ beziehe sich auf das gemeinsame Wirken nach außen. Die Stärken der jeweils anderen Kirche könne man als Beitrag zur Mission der einen christlichen Kirche verstehen. Im Grunde sei es also wünschenswert, dass die „jeweils andere Kirche mit ihren Stärken und Profilen besonders zum Leuchten kommt“, denn dadurch könne man die Menschen erreichen, die sich vom Glauben abgewandt hätten.

Der letzte Aspekt einer „Ökumene der Profile“ sei eine gemeinsame Spiritualität. Huber verwies hierzu auf ein Buch von Kardinal Kasper, welches nachdrücklich bekräftige, dass „die geistliche Ökumene die Seele der ganzen ökumenischen Bewegung ist“. Gemeinsam gelebter Glaube verbinde die Menschen an der „Basis“ und ermuntere sie zu einem „Zeugnis in Wort und Tat“.

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