„Abendblatt“ gewinnt Rechtsstreit gegen Herman

Das "Hamburger Abendblatt" hat Recht bekommen. Der Bundesgerichtshof entschied am Dienstag, dass die Zeitung in der gewählten Form über die Äußerungen der ehemaligen Tagesschau-Sprecherin Eva Herman zur NS-Familienpolitik auf einer Pressekonferenz im Jahr 2007 berichten durfte. Damit geht ein jahrelanger Rechtsstreit endgültig zu Ende.
Von PRO



Die von Eva Herman geltend gemachten Ansprüche auf Schmerzensgeld,
Unterlassung und Richtigstellung wurden abgewiesen, das vorangegangene
Urteil des Oberlandesgerichtes Köln aufgehoben. Der Axel-Springer-Verlag, zu
dem das Blatt gehört, hatte gegen das Kölner Urteil Revision eingelegt
und den Bundesgerichtshof angerufen.
In der Gerichtsentscheidung heißt es, dass die Aussagen Hermanns "weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt" wiedergegeben worden sei. Der zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte entschieden, dass die beanstandete Berichterstattung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin nicht beeinträchtigt. Die Äußerung lasse, so der Bundesgerichtshof, "im Gesamtzusammenhang betrachtet gemessen an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung" nur die Deutung zu, die das "Hamburger Abendblatt" ihr beigemessen habe.


"Fehlentscheidungen der unteren Instanzen korrigiert"



Claas-Hendrik Soehring, Leiter Verlagsrecht der Axel Springer AG, zeigte sich erleichtert: "Mit dem heutigen Urteil hat der Bundesgerichtshof einmal mehr Fehlentscheidungen der unteren Instanzen korrigiert. Selbstverständlich müssen auch Prominente wie Eva Herman eine kritische Auseinandersetzung mit ihren öffentlichen Äußerungen hinnehmen – alles andere liefe auf bloßen Verlautbarungs- und Gefälligkeitsjournalismus hinaus und hätte mit objektiver, unabhängiger publizistischer Arbeit nichts zu tun", heißt es in einer Mitteilung des Verlages.

Hermans 

Rechtsanwalt hingegen deutete das Zitat so, dass bereits mit dem Nationalsozialismus das Mutterbild abgeschafft worden sei. "Wir können wohl kaum davon ausgehen, dass ein positives Mutterbild in der NS-Zeit geherrscht hatte", wird er in der "Süddeutschen Zeitung" zitiert. Das vorherige Instanz, das Oberlandesgericht Köln, hatte noch geurteilt, dass das Zitat des "Abendblattes" Herman in ihrer sozialen Wertgeltung massiv beeinträchtigt und herabgewürdigt hatte. Deswegen wurde der Verlag verurteilt, die umstrittene Darstellung nicht zu wiederholen, eine Richtigstellung zu veröffentlichen und Herman eine Geldentschädigung von 25.000 Euro zu zahlen.



Die Kölner Richter argumentierten, dass das Zitat Herman in den Mund gelegt worden sei und nicht den tatsächlichen Äußerungen der Moderatorin während der Pressekonferenz entspreche. Es sei eine Interpretation der tatsächlichen, mehrdeutigen Äußerungen Hermans, als solche aber nicht deutlich gemacht worden. Dennoch sei der Verlag nicht allein für die Medienkampagne verantwortlich, die Herman im Anschluss an die Buchvorstellung ihre Anstellung beim NDR gekostet habe. Die Moderatorin war nach den umstrittenen Äußerungen vom NDR entlassen worden. Auch dagegen hatte sie ohne Erfolg geklagt.



Der Axel-Springer-Verlag hatte damals gegen das Kölner Urteil Revision eingelegt. Herman hatte im September 2007 ihr Buch "Das Prinzip Arche Noah" vorgestellt. Die Tageszeitung zitierte sie damals mit den Worten, in der NS-Zeit "sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter".


Entlastung und nicht Belastung zumuten



Wörtlich hatte Herman 2007 gesagt: "Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ‘ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Und wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen lernen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das alles, was wir an Werten hatten, es war ‘ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle, aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben…."

Die Moderatorin hatte sich 2007 in mehreren Interviews ausdrücklich vom "Dritten Reich" distanziert und darauf hingewiesen, dass ihre Äußerungen im Gesamtkontext betrachtet werden müssten. "Es ist ein Halbsatz, der zu diesem Missverständnis geführt hat", betonte sie in einem Interview mit der "Bild am Sonntag". Ein Missverständnis das bei der Urteilsfindung der deutschen Rechtsprechung am Bundesgerichtshof keinen Bestand hatte. (pro)

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