Bedford-Strohm: Demokratie und Menschenwürde auch hierzulande unter Druck

Die Initiative „Gesichter der Demokratie“ wirbt mit Prominenten für die Stärkung von Pluralismus und Meinungsfreiheit. Der scheidende EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärt in einem Interview der Initiative, was Demokratie für ihn bedeutet.
Von Valerie Wolf
Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Für den EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm ist die Demokratie ein „Ausdruck biblischer Grundüberzeugungen“. Das erklärte der 61-Jährige in einem Interview mit der Initiative „Gesichter der Demokratie“. Zudem sei Demokratie ein Grund für große Dankbarkeit. Darüber hinaus sprach er über die gesellschaftliche Rolle der Kirche und das Thema Antisemitismus. 

„Jeder Mensch ist zum Bilde Gottes geschaffen“, erklärte der bayerische Landesbischof. Daher sei es ihm sowohl als Mensch als auch als Christ wichtig, sich für die Demokratie einzusetzen. Als Beispiel für sein persönliches Engagement nannte er seine Tätigkeit als Sprecher des „Bayerischen Bündnisses für Toleranz – Demokratie und Menschenwürde schützen“. Er gab jedoch zu bedenken, auch in Deutschland stünden Demokratie und Menschenwürde zunehmend unter Druck. 

Angesprochen auf das Verhältnis von Kirche und Demokratie erklärte Bedford-Strohm, das unterscheidende Element zur säkularen Demokratie sei die Verantwortlichkeit gegenüber Jesus Christus. Das Zeugnis der Bibel von Jesus Christus stelle die entscheidende Gesprächsgrundlage dar. Aufbauend auf dieser Basis könne sich die Kirche auch im öffentlichen Diskurs einmischen und somit dem Gemeinwohl dienen. Die Besonderheit der Kirche bestehe vor allem darin, dass sie im Interesse aller handele. „Das „Dasein für Andere“, für die Schwachen, Verletzlichen und diejenigen, die keine Stimme haben, gehört zur DNA der christlichen Religionsgemeinschaft“, stellte der Theologe fest. Gottesliebe und Nächstenliebe gehörten untrennbar zusammen. 

Antisemitismus kein „importiertes Problem“ 

Aus aktuellem Anlass wurde auch das Thema Antisemitismus angesprochen. Dabei erklärte er, es sei falsch, von einem „importierten“ Problem zu sprechen. Antisemitismus werde traditionell von Rechtsradikalen geprägt und dies sei das Hauptproblem. Den Vorwurf des „importierten Antisemitismus“ von rechter Seite bezeichnete er daher als „Hohn“. Dennoch sei es wichtig, Einwanderern zu erklären, dass jegliche Form von Antisemitismus tabu und nicht akzeptabel sei: „Wer zu uns kommt, muss unsere Werte annehmen.“ 

Dass seit Jahresbeginn 743 Menschen (Stand 25. Mai) im Mittelmeer ertrunken seien, bezeichnete Bedford-Strohm als „Schande“. Zudem kritisierte er, dass Seenotretter an ihrer Arbeit gehindert würden. Darin sehe er einen tiefen Widerspruch zu den Grundorientierungen Europas und des Christentums. 

Die Initiative „Gesichter der Demokratie“ wurde 2017 gegründet und setzt sich für die Stärkung von Demokratie, Pluralismus und Meinungsfreiheit ein. Im Laufe der Jahre haben bereits 103 prominente Vertreter aus Politik und Gesellschaft ihr Gesicht für die Kampagne zur Verfügung gestellt. Darunter sind unter anderem der der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, die Journalistin Sandra Maischberger und der Kabarettist Olaf Schubert. 

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2 Antworten

  1. „Antisemitismus wird TRADITIONELL von Rechtsradikalen geprägt“. Das habe ich nicht gewusst, aber das heisst ja dann das hier die religiösen Führer, die die Juden des Erlösermordes bezichtigen dort einzuordnen sind? Genauso wären es dann die Herren des Mittelalters, die die Juden in den Handel und das Geldwesen abgedrängt haben. Natürlich Luther, der sogar der Gründungsvater der EKD ist ebenso die Deutschen Christen in der evangelischen Kirche im Dritten Reich. Nicht zu vergessen, dass es in weiteren Bevölkerungskreisen zu Beginn des 2. Weltkrieges massiven Antisemtismus in z.B. den USA und GB gegeben hat usw. Auch wären ja dann und das kann ich mir nicht vorstellen, viele Moslems rechtsradikal und auch nicht nur rechts sondern auch links im Bundestag würden dann sehr viele sitzen.
    Nein Herr Bedford-Strohm, die Voraussetzung für Meinungsfreiheit ist, dass die Beteiligten einen vernünftigen Umgang mit der Wahrheit pflegen, was Sie nicht tun. Sie beten, übrigens wie schon oft in der Geschichte der evang. Kirche, die Meinung der Regierung nach, anstatt selbst reflektiert nachzudenken. Vernebelt das massive RRG Denken in der EKD incl. Antifa-Fahne Ihnen etwa die Sinne oder machen Sie diese Aussagen wider besseres Wissen?
    Wenn man dann solche Aussagen zum Thema Meinungsfreiheit trifft wird man unglaubwürdig, denn der Volksmund sagt: Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Steinen werfen. Die Kirche war es doch, die in der Geschichte den Antisemitismus losgetreten hat. Antisemitimus ist ein tief in vielen Kreisen sitzendes strukturelles Problem. Eine Begrenzung auf den Rechtsradikalismus verniedlicht das Problem und ist ein tolles Ablenkungsmanöver um sich nämlich nicht um die wirklichen Ursachen zu kümmern. Das kennen wir aber ja schon von den Schiffen im Mittelmeer.
    Kein Wunder, dass immer weniger Menschen den Kirchen glauben wenn solche Aussagen getroffen werden. Herr Bedford-Strohm, nur zur Info: die Menschen werden seit einigen hundert Jahren ermutigt sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen und das tun sie jetzt. Darum glauben sie eben einfach nicht mehr alles was ihnen vorgesetzt wird. Vor allem dann wenn es unwahr ist und wenn damit anscheinend eine massive Beeinflussung des Denkens der Gesellschaft erreicht werden soll. Wir brauchen keine Nanny-Religiosität

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  2. Antisemitismus ist ein globales Problem, und es kommt aus verschiedenen Lagern: Rechts/Links und natürlich auch aus dem arabisch/muslimischen Bereich.

    Das sollte man nicht totschweigen.
    Und man sollte sich damit auseinandersetzen, sonst wird es in Zukunft öfters solche Aktionen geben wie erst kürzlich. Der Anschlag auf die Synagoge in Ulm, erst vor ein paar Wochen, war auch eine Tat eines türkischen Extremisten. Er hat sich mittlerweile in die Türkei abgesetzt.

    Ausserdem gibt es den Rechtsextremismus nicht „nur“ innerhalb der deutschen Neo-Nazi-Szene, sondern auch bei den „Grauen Wölfen“, einer der größten türkischen Rechtsextrem-Gruppierungen in Deutschland. Man hat in diesem Land -vorallen Dingen in der Gesprächskultur-verlernt ‚ Ross und Reiter‘ genauer zu bennen und zu differenzieren.

    Und über das ‚Demokratie-Verständnis‘ eines Herrn Bedford-Strohm weiß ich Bescheid, seit „sein Schiff“ die Antifa-Flagge hisst, dem ist nichts hinzuzufügen.

    Hört zu und schaut genau hin! Das ist mein Anspruch an mich selber und an jeden Einzelnen in unserer Gesellschaft!

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