Ein Drittel der Deutschen fühlt sich diskriminiert. Dabei scheint auch die natürliche Ungerechtigkeit des Lebens eine Rolle zu spielen. Bei gesellschaftlichen Debatten allerdings sollte es um Tatsachen, nicht um Gefühle gehen. Ein Kommentar von Michael Müller
Menschen, die sich wegen ihres Alters in der Gesellschaft benachteiligt fühlen, bilden die größte Gruppe bei der Studie
Ein Drittel aller Deutschen fühlt sich diskriminiert. Das hat eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die am Dienstag vorgestellt wurde, ergeben. 8,8 Prozent der 1.000 Befragten gaben in der repräsentativen Umfrage an, wegen ihrer Religion diskriminiert zu werden, und zwar am häufigsten im Bildungsbereich. Die Autoren der Studie interpretieren, dass es etwa darum gehe, dass Leistungen von Schülern vom Lehrpersonal schlechter bewertet werden oder sie aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung herabwürdigend dargestellt, ausgegrenzt, beleidigt oder ausgelacht werden. Am häufigsten ist laut der Studie aber die gefühlte Benachteiligung aufgrund des eigenen Alters (14,8 Prozent) festgestellt worden. Geschlechtsdiskriminierung beklagen laut der Studie fünfmal häufiger Frauen als Männern.
Die Betonung liegt bei alldem auf „fühlen“, denn die Studie verweist selbst auf die Besonderheit, dass es sich bei den Befragungen um subjektive Diskriminierungserfahrungen handelt. Es könne nicht überprüft werden, ob die berichteten Erfahrungen auch im juristischen Sinne als Diskriminierungen gelten würden.
Der Pressesprecher der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Sebastian Bickerich, erklärte auf die Frage von pro, wie denn zwischen gefühlter und tatsächlicher Diskriminierung zu unterscheiden sei, schlicht: „Wir haben den Teilnehmern anhand der Merkmale des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ganz klar gemacht, was Diskriminierung ist.“ Bislang hätten detaillierte Datenerhebungen zu Diskriminierungserfahrungen in Deutschland noch gefehlt. Gerichtsurteile oder Beschwerdemeldungen bei der Antidiskriminierungsstelle hätten nur einen unzureichenden Einblick in die Gesellschaft gegeben. Das sei durch die Studie geändert worden.
Viele fühlen sich wegen des Alters diskriminiert
Wie die Zahl an Diskriminierungsfällen zu Stande kommt, zeigt ein Aspekt der Studie: Die 14- bis 29-jährigen Befragten fühlen sich wegen ihres zu geringen Alters diskriminiert. Die Altersgruppe der Über-45-Jährigen fühlt sich hingegen wegen des zu hohen Alters diskriminiert. Und die 30- bis 44-Jährigen trifft es am schlimmsten, weil sie je nach Kontext als zu alt oder zu jung eingestuft werden.
Ein wenig scheint bei diesen Werten also auch die natürliche Ungerechtigkeit des Lebens eine Rolle zu spielen. Die Merkmale, nach denen die Diskriminierung definiert ist, gehen auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zurück. Die Merkmale für gesellschaftliche Unterdrückung sind demnach die ethnische Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Religion, Alter sowie sexuelle Identität. Über 8 Prozent der Befragten gaben allerdings an, aus anderen Gründen diskriminiert worden zu sein: Als Eltern, als Kinderlose, als Übergewichtige, als Tätowierte.
Es zeigt sich: An möglichen Gründen, zu diskriminieren oder sich diskriminiert zu fühlen, mangelt es den Deutschen nicht. Das Ansinnen, echte Diskriminierung aufzudecken, ist lobenswert – aufgeregte Debatten und immer neue „Antidiskriminierungsgesetze“ sollten sich aber auf Fälle beschränken, die neben dem Gefühl auch eine objektive Grundlage haben. (pro)
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