Der Journalist Jürgen Todenhöfer ist zum Islamischen Staat (IS) in den Irak gereist und nicht nur lebend, sondern auch mit einem Video-Interview wiedergekommen. Nun streiten Medienvertreter darüber, ob man es der Öffentlichkeit zumuten sollte.
Von PRO
Foto: Jürgen Todenhöfer/Facebook
Sollen Journalisten Islamisten interviewen? Kritiker meinen: Sie machen sich damit zu Handlangern der Radikalen
In einem sind sich alle Kommentatoren einig: Dass Jürgen Todenhöfer im vergangenen Jahr tatsächlich nach Mossul gereist ist, mitten ins Herz der Terrororganisation Islamischer Staat, ist mutig und verdient Achtung. Das war es dann aber auch mit den Gemeinsamkeiten bei der Bewertung von Todenhöfers Reportage. Das Video-Material umfasst einen Spaziergang durch die vom Terror regierte Stadt und ein Interview mit dem deutschen IS-Kämpfer Christian Emde. Im Gespräch berichtet der 30-Jährige von den Eroberungsplänen der Islamisten. RTL sendete es in der Nacht zum Donnerstag.
Auf seiner Facebook-Seite schreibt Todenhöfer selbst, er habe lange darüber nachgedacht, das Interview zu veröffentlichen: „Doch man kann Gegner nur besiegen, wenn man sie kennt. Jeder über 18 Jahre sollte das Interview unbedingt bis zum Ende anschauen.“ Das sieht nicht jeder so. Boris Rosenkranz schreibt im Blog von Medienjournalist Stefan Niggemeier, die Sendung sei ein „Geschenk an die Terroristen“, weil es ihnen helfe, Angst und Schrecken zu verbreiten. Weiter heißt es: „Natürlich ist es interessant, wie diese Typen ticken, die aus Deutschland nach Syrien oder den Irak gegangen sind, um sich dem IS anzuschließen, aber darüber, über den persönlichen Antrieb, erfährt man bei Todenhöfer nichts. Und was im Kopf der Terroristen vor sich geht (Alle umbringen!), kann man sich inzwischen auch ganz gut selbst ausmalen.“ Journalisten, die Radikale im Fernsehen von ihren Anschlagsplänen berichten ließen, machten sich zwangsläufig zu Handlangern.
„Ein journalistischer Coup“
Ähnlich bewertet Matthias Drobinski von der Süddeutschen Zeitung Todenhöfers Arbeit: „Man erfährt nichts über Herrn Emde, nichts über Mossul; man bekommt die Mordfantasien des IS in deutscher Übersetzung präsentiert. Man kann sich als Zuschauer daran aufgeilen, die eigene Angst, die eigenen Vorurteile, den eigenen Hass und die eigenen Mordfantasien aufsteigen lassen, wie das ist, wenn das Offenbare noch einmal unverhüllt gezeigt wird.“ Aufklärung sei das nicht, eher ein „Infoporno“. Die Welt verweist auf andere Reportagen über IS-Kämpfer und erklärt Todenhöfers Arbeit zur „vertanen Chance“: „Es gibt einige Beispiele von Gesprächen mit deutschen IS-Kämpfern. Und die zeigen: Man hätte keine Propaganda für die IS-Terrormiliz machen müssen.“
Meedia-Autor Stefan Winterbauer nimmt Todenhöfer hingegen in Schutz: Der Film sei „ein journalistischer Coup, der seinesgleichen sucht“. „Die Widersprüche, die Verblendung, der Fanatismus werden in dem Video greifbar. Mit Infoporno oder gar Trash-Talk hat das nichts zu tun“, schreibt er. Das Material offenbare, dass der IS eine „Bande von fanatisierten Dummschwätzern mit Waffen“ sei und der Islam mit dem “Islamische Staat” nichts zu tun habe. (pro)
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