Mit der Frage, ob die Kindstaufe noch zeitgemäß ist, beschäftigt sich ein Artikel in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung. Der Autor Michael Neudecker nähert sich dem christlichen Ritual sehr skeptisch an.
Mit der Kindstaufe beschäftigt sich ein Artikel in der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung
Michael Neudecker gibt in dem Artikel zunächst einen historischen Überblick über die Taufe. Das Ritual gehe auf den Propheten Johannes zurück, der im Jordan begonnen habe, Menschen zu taufen. Als sich in der Theologie die Lehre von der Erbsünde durchgesetzt habe – sie besagt, dass durch Adam und Eva alle Menschen Sünder sind – ging es darum, durch die Taufe die Nähe zu Gott zu besiegeln. Der Reformator Martin Luther sah in der Taufe den „alten Adam“ ersäuft.
Limbus keine anerkannte Lehre
Um auch die Kinder nicht in der Hölle zu wissen, habe die Kirche begonnen, diese zu taufen. Die ungetauften gestorbenen Kinder kämen in eine Zwischenwelt, den Limbus. Papst Benedikt XVI. hatte dies während seiner Amtszeit nur als theologische Meinung, nicht aber als anerkannte Lehre bezeichnet. Neudecker sieht im Hinblick auf die Taufe drei Lager: Für die Befürworter sei die Taufe eine Herzensangelegenheit. Das Kind werde in den Schutzraum des Christentums hineingehoben. Atheisten würden ihr Kind logischerweise nicht taufen lassen. Als drittes gäbe es noch die Zweifler, die sich kritisch mit der Taufe auseinandersetzten.
In den vergangenen 50 Jahren habe sich die Zahl der Taufen in beiden Kirchen halbiert, liefert der Autor Fakten. 2012 lagen sie sowohl in der evangelischen als auch in der katholischen Kirche bei etwa 168.000 Kindern jährlich. Dies hänge auch damit zusammen, dass Eltern ihren Kindern selbst die Entscheidung überlassen wollten. Die Zahl der Jugendlichen- oder Erwachsenentaufen sei aber nur marginal gestiegen.
Ein Fall für die Juristen
Die Taufe hat auch bereits zu juristischen Auseinandersetzungen geführt: Ein Vater wollte die von seiner Ex-Frau durchgeführte Taufe der gemeinsamen Tochter annullieren lassen, weil er seine Tochter in der Katholischen Kirche nicht mehr gut aufgehoben sah. Das Verwaltungsgericht Augsburg konnte die Argumente nachvollziehen, sah dies aber nicht als Fall eines weltlichen Gerichts.
Neudecker selbst sieht das Ritual Taufe nur als ersten Schritt und „Eintritt in die christliche Gemeinschaft“. Ohne entsprechende Grundüberzeugung der Eltern und „einen im Alltag gelebten Glauben“ sei das Ganze nur ein Zeremonie. Ob Ungetaufte am Religionsunterricht teilnehmen dürfen, liege im Ermessen der Bundesländer. Alleine in Bayern hätten 58.600 ungetaufte Schüler am Unterricht in Religion teilgenommen.
Der Journalist bilanziert für sich, dass es kaum gravierende Unterschiede im Leben eines ungetauften zu dem eines getauften Kindes gebe – „jedenfalls keine, die mit der Taufe zusammenhängen“. „Unentschlossene Eltern können also beruhigt sein, sie müssen nicht in einen unaufhebbaren Ritus einwilligen, von dem sie nicht überzeugt sind. Wenn ihr Kind seinen alten Adam ersäufen will, kann es das später problemlos selbst erledigen.“ (pro)
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