Südkoreanische Christen bemühen sich um Nordkoreaner

Südkoreanische Christen suchen den Kontakt mit ihren nordkoreanischen Glaubensgeschwistern. Das ist seit den Angriffsdrohungen Nordkoreas jedoch fast unmöglich geworden. Waren vor anderthalb Jahren zumindest noch offizielle kirchliche Treffen und Hilfslieferungen von Süd- nach Nordkorea möglich, so herrscht derzeit Funkstille. Konservative Kirchenvertreter in Südkorea bezweifeln, dass es überhaupt noch Christen im abgeriegelten Norden gibt.
Von PRO

Es sei vor anderthalb Jahren schon sehr schwer gewesen, mit einfachen Gläubigen ins Gespräch zu kommen, berichtet Chang-Hwie Lee vom Nationalen Rat der Kirchen in Südkorea. Das letzte Mal sei er im November 2011 in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang zu Besuch gewesen, erzählt er im Interview mit dem Sender Deutschlandradio. Die Mitglieder einer Hauskirche hätten Fragen von Lee nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet. Vor anderthalb Jahren habe es noch ein gemeinsames Friedensgebet zwischen den Kirchenvertretern beider Länder gegeben. Mittlerweile habe er aber schon lange keinen der nordkoreanischen Kirchenvertreter mehr getroffen, berichtete Lee.

Der Nationale Rat der Kirchen in Südkorea, dem Lee angehört, wurde im Jahr 1924 gegründet und setzte sich bereits in den achtziger Jahren für eine Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea ein. Durch den Einsatz der Südkoreaner sei der Christenbund Nordkoreas wiederbelebt worden und Ende der achtziger Jahre habe es in der Hauptstadt Pjöngjang zwei protestantische und eine katholische Kirche gegeben, berichtet Deutschlandradio. Außerdem gebe es diverse, über ganz Nordkorea verteilte, Hauskirchen. Wie und ob die Christen ihren Glauben in Nordkorea tatsächlich leben können, sei aber kaum zu überprüfen. Kirchenvertreter im Süden seien der Ansicht, dass es so gut wie keine Christen mehr im Norden gibt, da diese im kommunistischen System nicht überleben könnten.

Lee und die anderen Mitglieder des Nationalen Rates der Kirchen sind trotzdem überzeugt, dass es Christen in Nordkorea gibt, die an ihrem Glauben festhalten. “So weit ich das beurteilen kann, ist es ihnen offiziell erlaubt, in die Kirche zu gehen“, sagte Lee über die Kirchenvertreter im Norden. Er räumte aber ein, dass er nicht beurteilen könne, welchem Druck sie ausgesetzt seien. Dazu, warum es trotz der angeblichen Erlaubnis, öffentlich eine Kirche zu besuchen, heimliche Hauskirchen im Land gibt, äußerte sich Lee nicht.

Humanitäre Hilfe dringend benötigt

Auch um humanitäre Hilfsleistungen für den Norden bemüht sich Südkorea. Im vergangenen Jahr und im Jahr 2011 konnten zwei Schiffe mit Nahrungsmitteln nach Nordkorea gelangen. Das Ökumenische Forum für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklung habe im Jahr 2011 außerdem die Erlaubnis erhalten, das Hilfsprogramm im Norden zu überwachen. Frei bewegen konnten sich die Mitarbeiter der Hilfsorganisation in Pjöngjang jedoch nicht, berichtet Pastor Hea Won Chae, Leiter der Organisation mit Sitz in Seoul. Offizielle Vertreter des Christenbundes Nordkorea seien nicht von ihrer Seite gewichen. Bei dem Besuch stellten die Helfer außerdem fest, dass es den Menschen auf dem Land sehr schlecht geht. „Die junge Generation ist durchschnittlich 15 bis 20 Zentimeter kleiner als bei uns im Süden“, berichtete Chae gegenüber Deutschlandradio. Er schiebt dies auf Mangelernährung. Mit Hilfe von Spenden seien in Pjöngjang bisher aber eine Nudelfabrik, eine Bäckerei und ein Gewächshaus für Gemüse gebaut worden.

Kritiker äußern jedoch immer wieder Zweifel, ob die humanitäre Hilfe wirklich der Bevölkerung oder nur dem Militär und den Reichen in Nordkorea zugute komme. Die Versorgungslage sei jedoch so schlecht, dass so viele Nahrungsmittel wie möglich verschickt werden müssten, erklärte Chae im Interview. Dadurch komme den Betroffenen wenigstens ein Teil der Hilfe zu. Er sprach sich außerdem dafür aus, Verständnis zwischen den Menschen in Nord- und Südkorea zu schaffen. „Die Drohungen der Machthaber im Norden können doch kein Grund sein, dass wir den Bedürftigen dort keine Nahrungsmittel schicken können“, sagte der Pastor.

Seit der der Machtübernahme von Kim Jong Un in Nordkorea und den Angriffsdrohungen bestehe jedoch keine Möglichkeit mehr für derartige Hilfsleistungen. Eigentlich sollte in die 10. Generalversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, der sich im Oktober dieses Jahres in Südkorea trifft, auch Nordkorea einbezogen werden. Der anlässlich der Veranstaltung geplante Friedenszug von Berlin aus in den Süden Koreas habe auch durch Pjöngjang führen sollen, berichtet Deutschlandradio. In der gegenwärtigen Situation scheine das aber nicht möglich zu sein. (pro)

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/tagfuertag/2061794/
http://www.opendoors.de/aktiv-werden/beten/kampagne-nordkorea/
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