Hat das Papstamt noch Zukunft?

Am 16. April feiert das Oberhaupt der Katholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., seinen 85. Geburtstag. Die Wochenzeitung "Die Zeit" fragt aus diesem Anlass, ob "wir den Papst noch brauchen". Zu Wort kommen acht "Zeit"-Autoren, die sich Gedanken über die Zukunft und die Gestaltung des Amtes machen.


Von PRO

Für Josef Joffe, Herausgeber der "Zeit", hat ein Chef an der Spitze der Kirche Vorteile. Ohne diesen Spitzenrepräsentanten wären die Katholiken, "ähnlich wie Protestanten, Juden oder Muslime", ein "unordentlicher Verein ohne Führung", der durch eine verwirrende Vielfalt auffalle.



Das funktioniert in unserer modernen Zeit nicht



Mit freundlicher Gleichgültigkeit begegnet Stefan Schirmer dem Papst. Seine Familie habe den "Stellvertreter Christi auf Erden" regelrecht verehrt und in seiner Kindheit im Hunsrück zum Glaubensalltag gemacht. Diese Heiligkeit habe sich bei ihm verflüchtigt – aber nicht wegen der gängigen Kritik am Papsttum oder der Frage der Unfehlbarkeit: "Das Papstamt kann seinem Wesen nach nur funktionieren, wenn es abgehoben erscheint vom Diesseitigen und etwas Unnahbares hat. Das aber funktioniert in unserer modernen Zeit einfach nicht", meint Schirmer.

Die Protestantin Sabine Rückert hat mit dem bestehenden Papstbild große Probleme: "Christus hat keinen Menschen für unfehlbar und alle für vergebungsbedürftig gehalten." Das Papstamt sei eine überkomme Einrichtung, die oft völlig inhaltsleer bleibe und durch pompöse Zeremonien geprägt sei. Der aktuelle "Amtsinhaber" ignoriere evangelische Christen, demütige leidenschaftliche Katholiken und missachte alle Frauen, die seit Beginn der Christenheit der wahre Fels der Gemeinde seien: "Niemand braucht diesen alten Papst mit seiner Altmännerkirche", bilanziert Rückert.



Erde ohne Stellvertreter Christi wäre langweilig



Rüdiger Jungbluth, "des Glaubens wegen aus der Kirche ausgetreten", bekennt, dass es ihm nie schwergefallen ist, den Papst anzuerkennen. Ihm reiche es zu hören, was Benedikt XVI. sagt, den Glauben an Kreuz und Auferstehung lehne er aber ab. Als "König" und "Global Player" sieht Christiane Florin den Papst. Er sei nicht lediglich ein, sondern der Stellvertreter Gottes auf Erden: "Das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche redet stets über Gott, selten über Sex, aber meistens denken wir, es sei umgekehrt." Hier entsteht aus Florins Sicht eine Kluft zwischen Wahrnehmung und Wahrheit. Florin ergänzt: "Eine Erde ohne Stellvertreter Christi wäre langweilig. Eine Welt bloß mit Madonna und Vaterunser-App fürs iPhone – das wäre die geistliche Insolvenz."

Der Papst habe Luthers Kirchenspaltung überstanden und sei aus den Krisen mit geschärftem Profil hervorgegangen. Zu diesem Schluss kommt Ijoma Mangold. Die Kirche habe in den 2.000 Jahren ihres Bestehens einen Wirklichkeitssinn bewiesen, der stärker gewesen sei als ihre Trotzphasen. Das Hirtenamt des Papstes könne die Kirche umso glaubwürdiger umsetzen, je weniger sie sich in die Welt verstricke.

Aus Sicht von Thomas Assheuer hat der Papst mit seiner "Freiburger Rede" die moderne Gesellschaft aufgegeben: "Vieles deutet darauf hin, dass dieser Augenblick für Benedikt mehr eine Hoffnung als ein Schrecken ist", erklärt der "Zeit"-Autor. Der Papst hüte "den Funken der Wahrheit" in der Nacht der Welt. Für Assheuer ist Benedikt XVI. das "Oberhaupt einer privatisierten, an sich selbst interessierten Religion. Ob die Welt einen solchen Papst braucht, ist eine Frage von erhabener Nebensächlichkeit."

Neue Hoffnung auf Reformen mit neuem Papst


Einen Blick in die Zukunft wirft Patrick Schwarz. Die realistischste Hoffnung auf eine Erneuerung der Kirche sei ein neuer Papst, der versuche, "den Betrieb ganz neu zu erfinden". Die Geschichte habe bewiesen, dass der "Feuerkopf Johannes Paul II." die Kirche fast im Alleingang auf einen neuen Kurs gebracht habe. Weil in jedem Konklave der "Heilige Geist zuschlage", bestehe weiterhin die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden könne.



In der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" gehen der Chefredakteur der Zeitschrift "Publik-Forum", Wolfgang Kessler, und der Kulturjournalist Alexander Kissler der Frage nach, ob wir genug von Papst Benedikt XVI. haben. Während Kessler meint, dass der derzeitige Amtsinhaber "die Menschen mit Dogmen abspeist, wo ein Dialog vonnöten wäre, braucht die Welt aus Sicht von Kissler "heitere und gelassene Nonkonformisten, wie den Papst. (pro)

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