Werden Christen lau?

In den letzten 20 Jahren hat das Engagement von Christen für ihren Glauben stark nachgelassen. Das besagt eine amerikanische Studie der "Barna Research Group". Studienleiter George Barna warnt, dass Gottesdienst-Besuche weniger geworden seien und die regelmäßige Bibellese abgenommen habe. Lässt sich diese Entwicklung auch unter Christen in Deutschland ausmachen?
Von PRO
Die "Barna Research Group" ist eine Forschungsgesellschaft aus Kalifornien, die seit 1984 Zusammenhänge zwischen Glauben und Kultur untersucht. Die Forschergruppe um den Gründer George Barna erstellte bereits Studien für verschiedenste Firmen und Organisationen, unter anderem  "World Vision", "Compassion International", "Bank of America", "Disney Channel", "VISA" und "Ford Motor Company".

Seit 1991 haben es sich die Experten zum Ziel gesetzt, ein umfassendes Bild vom Zustand der Kirchen in Amerika zu ermitteln. Jedes Jahr werden dafür über tausend zufällig ausgewählte Menschen zu ihrem religiösen Verhalten und Überzeugungen befragt. Die Ergebnisse werden auf der Internetseite der "Barna Research Group" veröffentlicht, mit persönlichen Einschätzungen des Leiters Barna.

Die Forscher dokumentieren auch die Entwicklung einzelner Konfessionen: Katholiken, Protestanten und Personen, die sich außerhalb der beiden großen Gruppen als christlich bezeichnen. Eine weitere Kategorie bilden "wiedergeborene Christen", die aus allen drei Gruppen kommen. Nach der Forschungsgruppe gehören dazu Personen, die eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus haben, die auch im täglichen Leben eine wichtige Rolle spiele, und die einen Glauben an ein ewiges Leben haben, welches man allein aus Sündenerkenntnis, Buße und der Anerkennung Jesu als persönlichem Retter erhalte. In diesem Jahr fallen 40 Prozent aller US-Bürger in diese Kategorie, das bedeutet einen Zuwachs von 6 Prozent seit 1991.

Nachlassender Tiefgang im Glauben

Schaut man sich die Gruppe der wiedergeborenen Christen genauer an, fallen folgende Entwicklungen auf: Die Zahl der Gottesdienstbesuche ist seit 1991 um 7 Prozent zurückgegangen, sie fiel von 66 Prozent auf 59 Prozent. Der Anteil an Christen, die wöchentlich Bibel lesen, ist in 20 Jahren um 9 Prozent gefallen, er steht heute bei 62 Prozent. Ehrenamtliches Arbeiten ist innerhalb zweier Jahrzehnte von 41 Prozent auf 29 Prozent geschrumpft. Der Glaube an die vollkommene Wahrheit der Bibel ist auch um 9 Prozent gefallen, auf 59 Prozent. Ihn vertraten vor 20 Jahren noch zwei Drittel der wiedergeborenen Christen.

Barna will anhand seiner Studie deutlich machen, dass der nachlassende Tiefgang im Glauben eine gemeinsame Entwicklung aller Christen Amerikas sei. Aber während die Zahl der wiedergeborenen Christen gewachsen sei, schwinde der Einsatz für den Glauben zusehends, ein häufiges Problem, wenn eine Bewegung stark und schnell wachse, so Barna. Er weist weiter darauf hin, dass gerade im Bereich des geistlichen Lebens, also beim Gottesdienstbesuch und der regelmäßigen Bibellektüre, eine kritische Entwicklung zu bemerken sei. Während der letzten zwei Jahrzehnte sei sogar der Anteil an wiedergeborenen Christen, die sagen, ihr Glaube ist lebendig und wichtig für sie, merklich zurückgegangen. Barna beschließt seine Analyse der Zustände unter wiedergeborenen Christen mit einem Zitat von Dietrich Bonhoeffer: "Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament; (…) Gnade ohne Preis, ohne Kosten." Dieses Konzept billiger Gnade passe perfekt auf amerikanische Christen, so Barna.

Woher kommt also die wachsende Nachlässigkeit unter Gläubigen? Eine mögliche Antwort liefert George Barna selbst: "Viele fragen nach Gottes Vergebung, aber wenige sind gewillt, etwas zu opfern, um von Sünde befreit zu werden und ein Leben zu führen, das von Hingabe und Unterordnung gekennzeichnet ist, das eine tiefere Beziehung mit Gott hervorbringt und eine ehrliche Liebe für andere Menschen." Eine weitere mögliche Erklärung sei, dass es heutzutage einen übergroßen Reichtum an Ablenkungen gebe, und dass der Wohlstand der Gesellschaft dazu führe, dass auch Christen "bequem" werden.

Jürgen Werth: "Der Glaube an Jesus blüht"

Auch Christen in Deutschland leben in einem reichen Industrieland. Lassen sich daher die Ergebnisse der Studie übertragen? Jürgen Werth, Vorstandsvorsitzender von "ERF Medien" und Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, warnt gegenüber pro vor oberflächlichen Vergleichen. "Ich glaube, dass man auch in diesem Fall keine falschen Rückschlüsse ziehen darf. Die ‚religiöse‘ Situation in den USA ist nicht mit der in Deutschland zu vergleichen. Der christliche Glaube gehört dort noch weitgehend zum ‚guten Ton‘, ist Teil eines allgemeinen gesellschaftlichen Konsens‘. Da jedoch bricht in den letzten Jahren manches weg. Diesen Prozess haben wir in Deutschland längst hinter uns. Mein Eindruck für Deutschland: Traditionen sterben, aber der Glaube an Jesus blüht." (pro)
http://www.barna.org/faith-spirituality/514-barna-study-of-religious-change-since-1991-shows-significant-changes-by-faith-group
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