Bohl kritisiert „Jugend mit einer Mission“ in Herrnhut

Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl hat aufgrund einer Reportage des ARD-Magazins "Panorama" scharfe Kritik an der Herrnhuter Einrichtung des charismatischen Missionswerks "Jugend mit einer Mission" geübt. "Mission darf nie etwas Gewaltsames bekommen", so Bohl.
Von PRO

Bischof Bohl war Anfang August einer der ersten Kirchenvertreter, die öffentlich Kritik an einer Reportage des ZDF über die Darstellung christlicher Missionare übten. Anfang Oktober widmete sich das ARD-Magazin "Panorama" ebenfalls dem Thema. Mit versteckter Kamera drehten Reporter in dem Gebäude von "Jugend mit einer Mission – Strategic Frontiers Herrnhut". Jetzt äußerte sich Bohl auch dazu.

Beide Reportagen sind bis heute umstritten, beide viel kritisiert. Die eine, am 4. August in der ZDF-Reihe "Frontal 21" ausgestrahlt, trägt den Titel "Sterben für Jesus – Missionieren als Abenteuer". Der andere Fernsehbeitrag wurde am 8. Oktober in dem Magazin "Panorama" ausgestrahlt und war überschrieben mit "Sterben für Gott?".

Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Jochen Bohl, forderte das ZDF und "Frontal 21" damals, Anfang August, zu einer Richtigstellung des Beitrages auf. "Es ist zu begrüßen, wenn sich Jugendliche für eine gute Sache einsetzen – hier in Deutschland und auch in anderen Ländern", sagte Bohl damals. Erst später, Anfang September, äußerte sich auch der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ähnlich kritisch zu der Sendung, in der Kursteilnehmer einer Bibelschule oder Referenten der Akademie für Weltmission in Korntal zum Teil mit versteckter Kamera nach ihrem Verständnis von Mission befragt wurden.

"Mission darf aber nie etwas Gewaltsames bekommen"

Am Mittwoch nun nahm Bischof Bohl auch zu der "Panorama"-Reportage Stellung. "Die Art der Missionstätigkeit von Strategic Frontiers im ostsächschen Ruppersdorf bei Herrnhut entspricht nach Ansicht von Landesbischof Jochen Bohl nicht dem Verständnis von Mission in der sächsischen Landeskirche", heißt es in der Erklärung. Seine Landeskirche distanziere sich deutlich von der in dem "Panorama"-Beitrag dargestellten Organisation in Herrnhut. In der Stellungnahme heißt es wörtlich: "Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche ist für Mission. Mission darf aber nie etwas Gewaltsames bekommen. Sie darf nie überrumpelnd sein oder von mangelndem Respekt gegenüber den Menschen, denen das Evangelium nahe gebracht werden soll, begleitet sein. Genau dies ist aber in den öffentlichen Äußerungen von Strategic Frontiers Herrnhut der Fall. Darum muss sich die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens davon deutlich distanzieren."

Die Organisation, die unter dem Dach von "Jugend mit einer Mission" arbeite, habe sich in dem Ort "gegen den Willen der Herrnhuter Brüdergemeine angesiedelt". Sie benutze "den Namen und den weltweit bekannten guten Ruf der Herrnhuter Brüdergemeine für ihre Zwecke und schadet damit sowohl dem Ansehen Herrnhuts als auch der christlichen Mission insgesamt", so Bohl.

"Militante Ausdrucksweise"

Die bei "Strategic Frontiers Herrnhut" gepflegte "militante Ausdrucksweise" zeuge zudem von einem mangelnden Einfühlungsvermögen. "Wo Mission in solcher Weise mit einem westlichen kulturellen Überlegenheitsgefühl gekoppelt wird, werden die Fehler des Kolonialismus wiederholt. Wo die Weltsicht verengt wird und das Leben, Brauchtum sowie bestehende Sozialstrukturen einseitig als Ausdruck dämonischer Beherrschung gedeutet werden, die durch intensives Gebet zu beseitigen sei, ist eine offene Wahrnehmung der Lebenssituation nicht mehr möglich."

Weiter kritisierte Bohl "missionarische Kurzzeiteinsätze", die als "spiritueller Abenteuerurlaub ohne ausreichende Ausbildung und Einfühlungnahme in Sprache, Kultur, Lebenssituation und Verhältnisse" vor Ort mehr schaden als nutzen. Unabdingbar für jede verantwortungsvolle Missionstätigkeit im 21. Jahrhundert sei die enge Kooperation mit den Kirchen vor Ort.

Bohl weiter: "Es ist gut, wenn junge Menschen für ihren Glauben einstehen und ihn weitergeben möchten. Aber sie sollten darauf achten, in welchem Rahmen dies geschieht und ob die Organisation, die sie dabei unterstützt, das nötige Verantwortungsbewusstsein besitzt. Bei Strategic Frontiers in Herrnhut-Ruppersdorf scheint dies nicht der Fall zu sein."

JMEM: Ziele und Absichten unterstellt

Bereits nach Ausstrahlung des "Panorama"-Beitrages am 8. Oktober hatte das charismatische Missionswerk "Jugend mit einer Mission" (JMEM) die Darstellung seiner Tätigkeit kritisiert. "Durch Auslassungen und Umdeutungen" sei der Eindruck erweckt worden, "dass JMEM eine gewaltbereite Organisation sei, die ihre Mitarbeiter und Kursteilnehmer in verantwortungsloser Weise unzumutbaren Risiken aussetzt. Durch viele Beispiele ließe sich nachweisen, dass das Gegenteil der Fall ist und dass die Werte, an denen sich JMEM ausrichtet, selbstverständlich auf der Grundlage des Evangeliums von der Liebe Gottes in Jesus Christus beruhen", so die Organisation in ihrer Stellungnahme.

Zudem sei in dem "Panorama"-Beitrag die Tätigkeit von JMEM so dargestellt worden, als ob das Missionswerk Jugendliche zu gefährlichen Einsätzen im Ausland motivieren oder gar zum Märtyrertod aufrufen wolle, hieß es weiter. "Damit wurden JMEM Absichten und Ziele unterstellt, die JMEM ablehnt, und Aussagen von JMEM in einen verzerrenden Zusammenhang gestellt. Teilnehmer, die für Auslandseinsätze in Frage kommen, werden sorgfältig ausgewählt und dem entsprechend  vorbereitet. Unsere Absicht ist es keinesfalls, junge Menschen in Gefahr zu bringen oder sie gar in den Tod zu senden."

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3 Antworten

  1. Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich möchte gerne meine Meinung mitteilen über die Kritik von Bischof Herrn Bohl, sächsiche Landeskirche, an das Missionswerk“ Jugend mit einer Mission“.
    Vorab möchte ich sagen, das ich vor circa 40 Jahren selber mal langjähriger Mitarbeiter von “ Jugend mit einer Mission“ war.
    Die Anschuldigungen von“ Überrumpeln, Gewaltbereit, mangelnden Einfühlsamkeit für Sozialstrukturen,Aufruf zum anstachelden Mäytierertod,Kritik an Kurzzeiteinätzen et. kann ich beim besten Willen nicht nach vollziehen.In meiner gesamten 13 jährigen Mitarbeit habe ich so was NIE auch nur im Ansatz erlebt.
    Jugend mit einer Mission arbeitet in circa 100 verschiedene Länder mit sehr viele Mitarbeiter aus verschiedenen Kulturen, schon von daher ist die Kritik an“mangeldes Verständnis für Sozialstrukturen mehr als abwägig.!!
    Grundsätzlich möchte ich aber gerne Landesbischof Bohl fragen, was die Grundlage seiner Kritik ist ?? Bezieht er sich ausschliesslich auf einen sehr fragwürdigen Artikel und fragwürdigen Ausstrahlung mit Methoden, die schon an die Illegalität grenzen( versteckter Kamera,) wenn ich zu solche Methoden greife. kann man auch den Inhalt des Artikels kritisch hinterfragen auf sein Wahrheitsgehalt.
    Noch wichtiger ist für mich die Frage, ob Bischof Bohl sich direkt an ‚ Jugend mit einer Mission“ gewandt hat und persönlich über die Kritikpunkte gesprochen hat.
    Falls nicht, ist seine Kritik an “ Jugend mit einer Mission“ mehr als fragwürdig, wenn er sich vordergründig auf den Artikel vom 08.Oktober im Magazin mit “ Sterben für Gott“ bzw. am 4. August ZDF REIHE“ FRONTAL21 beruft, dann ist seine Kritik nur auf
    dritte ggründet. Der Apostel Paulus gibt uns aber grundlegend andere Leitlinien wie wir mit Krituk unter “ BRÜDER“ umgehen sollen.
    Man darf und kann andere kritisieren, die Dinge anders machen und andere Schwerpunkte und Überzeugungen haben als ich.
    Allerdings sollte ich mir meine Meinung gründlich und direkt bei den betroffenen eingeholt haben und auf Augenhöhe sein. die Kritik sollte sachlich, und konstruktiv sein und wenn es um das Werk des Herrn geht im brüderlichen Geist, hin weg von allen konfessionellen Eigenarten.
    Zum Schluss noch ein Satz.
    Ich habe viele Menschen erlebt, die Kurzeinsätze gemacht haben, und es wurde eine Türöffnung für eine hingegebene, langfristige Mitarbeit im “ Weinberg des Herrn“
    In Namen von Jesus verbunden
    Günter Franzen

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  2. Sehr geehrte Damen und Herren,
    natürlich war der Bericht von „Frontal“ weder objektiv noch ausgewogen. Allein schon, dass sich Journalisten als Interessenten einer Schule von JMEM ausgeben und dann mit versteckter Kamera filmen, zeigt, dass es hier von Beginn an mehr um Diffamierung als Information ging. Ich selbst war Mitarbeiter bei JMEM Herrnhut. Weshalb ich leider auch sagen muss: die Kommunikation des Zentrums mit der Brüdergemeine, der Ortsgemeinde und der Nachbarschaft war nicht immer diplomatisch. Ich kann leider auch nicht unterschreiben, dass „Teilnehmer, die für Auslandseinsätze in Frage kommen“, immer „sorgfältig ausgewählt und dem entsprechend vorbereitet“ wurden. JMEM ist eine junge dynamische Organisation, bei der vieles begeistert, aber auch vieles nicht gut läuft. So wie eben überall Licht und Schatten ist, wir leben eben in einer unerlösten Welt.

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  3. Ich habe als junger Mensch an einer Freizeit von JMEM teilgenommen. Die Lebensfreude und wertschätzende Art, Menschen zu begleiten und eine schöne Zeit miteinander zu verbringen war einmalig. Ich bin selber „evangelikal“ aufgewachsen und bin inzwischen auch kritische Betrachterin. Das Evangelikale mag vielleicht als Stil nicht jedem gefallen, aber die Begeisterung bei der Arbeit und die Hoffnung auf Entfaltungsmöglichkeiten eigener Talente überwiegen für mich bei Weitem. Wenn man zu dem Stil des lebendigen Glaubens seine Früchte unter die Lupe beziehungsweise Kamera nehmen würde, würde die einseitige Berichterstattung in seinem eigenen Licht anders dastehen. JMEM hat vielen Menschen zu neuen Lebensperspektiven verholfen und unzählige Menschen profitieren rund um die Erde von den Hilfseinsätzen. Es geht um caritative Hilfe im Ehrenamt. Das ist außerordentlich, was hier geleistet wurde. Ich sehe Kritik dennoch als kostenloses Potenzial zur Weiterentwicklung. Wär schön, wenn alle voneinander profitieren und sich die Hand reichen.

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