Das Jesuskind ist weg! Kurz vor Weihnachten wurde aus der Krippe auf dem Kasseler Weihnachtsmarkt die Jesus-Figur gestohlen. Die Kasseläner sind empört und traurig. Weihnachten ohne Jesus – das geht doch nicht! Die Stadt hat einen Aufruf gestartet: Der Dieb möchte das Jesuskind doch bitte wieder zurücklegen. Zur Not auch „heimlich“. Hauptsache, es taucht wieder auf. Sogar auf Instagram fragt die Stadt Kassel: „Wer hat Jesus gesehen?“
Weihnachten ohne Jesus – das geht wirklich nicht. Oder doch?
Dass Weihnachten im Einzelhandel schon im Spätsommer beginnt und das dort wenig mit der Botschaft des Festes zu tun hat, ist nicht neu. In den letzten Jahren fällt mir aber auf, dass Weihnachten und die Zeit davor auch im Privaten immer mehr mit Pflichterfüllung statt mit Weihnachtsfreude zu tun haben. Nicht nur, wer in den sozialen Medien unterwegs ist, unterliegt schnell dem Gruppenzwang: Weihnachtsdeko zum 1. Advent? Viel zu spät. Am besten direkt nach der Halloween-Deko. Natürlich jedes Jahr unter einem neuen Thema. Weihnachten im „Tommy-Hilfiger-Stil“ mit Rot und Karomuster oder „Scandi-Weihnachten“ im skandinavischen Look sind dieses Jahr angesagt. Seit ein paar Jahren können sich viele Eltern zudem kaum noch vor dem Wichtel-Trend retten. Wer kleine Kinder hat, lässt spätestens ab dem 1. Dezember vielleicht einen Wichtel zu Hause einziehen, der über Nacht diverse Streiche spielt: Klopapier auf dem Weihnachtsbaum, Mehlspuren im ganzen Haus… Und das den ganzen Dezember lang. Ich habe keine Kinder, weiß aber aus meinem Umfeld, dass der Wichtel bei vielen Eltern für einigen Stress sorgt – on top zu den anderen To-dos. Und einmal damit angefangen, gibt’s die nächsten Jahre auch kein Zurück mehr. Nicht zu vergessen, die selbstgemachten Adventskalender – oft nicht nur für Kinder, sondern auch unter Erwachsenen.
Und dann muss man ja auch noch die Geschenke für die Familie besorgen, Weihnachtsfeiern stehen an und Weihnachtsmärkte möchte man gern besuchen. Plätzchen backen in der Familie wäre auch schön. Das Weihnachtsessen und die Weihnachtstage selbst wollen geplant werden. Dazu kommt: Zum Ende des Jahres ist nicht selten auch der Arbeitskalender sehr voll.
Dann ist auf einmal der 24. Dezember da. Spätestens jetzt möchte man „besinnlich sein“ und die Zeit mit der Familie genießen, wenn man es schon in den Wochen zuvor nicht geschafft hat. Ein schönes Weihnachtsessen soll es aber auch geben, Gottesdienst, Bescherung und Besuche sollen sein. Der Anspruch an die Weihnachtstage ist oft unglaublich hoch. Und die Enttäuschung, wenn es dann doch nicht so „besinnlich“ war und man sich vor lauter Stress noch gestritten hat, umso größer.
Kartoffelsalat oder Weihnachtsgans? Eigentlich egal.
Und Jesus? Den trifft man, wenn es gut läuft, im Weihnachtsgottesdienst. Und das, obwohl er der Grund ist, warum wir das Fest überhaupt feiern. Weihnachten ohne Jesus – das passiert schneller als gedacht.
Ich habe manchmal den Eindruck: Vieles macht man, „weil man das ebenso macht“ oder weil es immer schon so war.
Aber Weihnachten sollte doch – zumindest für uns Christen – ein Fest voller Freude sein und ganz allein dem dienen, den wir in diesen Tagen feiern und dem wir die beste Botschaft der Welt zu verdanken haben. Da sollte es doch eigentlich egal sein, ob Kartoffelsalat mit Würstchen oder die Weihnachtsgans auf dem Tisch stehen. Ob die Deko pünktlich hing und der Weihnachtsbaum steht. Und eigentlich auch, ob Geschenke unter dem Baum liegen.
Denn das größte Geschenk haben wir als Christen bereits. Nicht nur an Weihnachten ist diese Botschaft einzigartig: „Es wird nie wieder dunkel um dich werden. Denn anders als Sonne und Mond werde ich nie aufhören, dein Licht zu sein.“ (Jesaja 60,20). Sie finden den Vers auch auf der diesjährigen Weihnachtskarte der Christlichen Medieninitiative pro. Ich finde ihn in der aktuellen Zeit, die von so vielen Krisen und Sorgen geprägt ist, besonders ermutigend. Weihnachten ohne Jesus – für mich geht das wirklich nicht.