Ein Gespräch der „Zeit“ unter dem Titel „Sollen die Christen Feiertage abgeben?“ mit der deutsch-indischen Autorin Mithu Sanyal und dem katholischen Theologen Manfred Lütz dreht sich um die Bedeutung religiöser Feiertage in Deutschland – und um die Frage, wie sie in einer zunehmend vielfältigen und säkularen Gesellschaft aussehen könnten.
Lütz warnt davor, christliche Feiertage leichtfertig infrage zu stellen und weist in dem Gespräch auch auf die Tradition hin, mit der nicht „allzu freihändig“ umgegangen werden dürfe. Feiertage seien tief in der Kultur verwurzelt und würden auch von vielen Nichtgläubigen geschätzt. Atheisten etwa gingen „Weihnachten aus nostalgischen Gründen in die Kirche“.
Sanyal hingegen plädiert dafür, die religiöse Vielfalt stärker sichtbar zu machen und „mindestens einen muslimischen und einen jüdischen Feiertag ebenfalls zum gesetzlichen Feiertag zu erheben“. Lütz erteilt diesem Ansinnen eine Absage und warnt vor gesellschaftlichen Spannungen. Er hält eine Debatte über „muslimische oder andere staatliche Feiertage“ zum gegenwärtigen Zeitpunkt für „völlig abwegig“ und erkennt darin gar eine „kostenlose Wahlkampfhilfe für die AfD“.
Beide Gesprächspartner sind sich einig, dass Feiertage mehr als religiöse Rituale sind. Auch lehnen beide ab, alle religiösen Feiertage abzuschaffen und durch frei wählbare Urlaubstage zu ersetzen.
Für Lütz ist Ostern als Fest der Auferstehung der wichtigste christliche Feiertag, emotional steht für ihn jedoch Weihnachten im Mittelpunkt – besonders dort, wo das Fest gemeinschaftlich gefeiert wird. Auch Sanyal, katholisch und hinduistisch geprägt, erinnert sich an Ostern als höchsten Feiertag ihrer Kindheit. Sie betont: Feiertage brauchen eine tragende Gemeinschaft. Es bereite ihr „Sorgen“, wenn die Regierung in Erwägung ziehe, Feiertage abzuschaffen. Sanyal: „Denn dann hätten wir keine Zäsuren mehr, keine Auszeiten, an denen alles andere einmal stillsteht.“