„Gesellschaft für bedrohte Völker“ kritisiert Papst Leo XIV.

Das Gespräch zwischen Papst Leo XIV. und Präsident Erdoğan sei „enttäuschend“ im Blick auf Religionsfreiheit verlaufen, kritisiert die „Gesellschaft für bedrohte Völker“. Christen und andere Minderheiten blieben ohne Fürsprache.
Von Norbert Schäfer

Die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) hat deutliche Kritik an der Begegnung von Papst Leo XIV. mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan geäußert. Aus dem Treffen sei kein starkes Signal für die Lage religiöser Minderheiten hervorgegangen. „Es ist enttäuschend, dass der Papst keine klaren Worte gefunden hat – insbesondere für die christlichen Gemeinschaften, die in der Türkei und Syrien seit Jahrzehnten Diskriminierung und Gewalt erleben“, erklärte Kamal Sido, Nahost-Referent der GfbV in einer Pressemitteilung vom Freitag.

Papst Leo XIV. besuchte vom 27. bis 30. November die Türkei im Rahmen eines offiziellen Dialog- und Versöhnungsbesuchs. Die Reise führte den Pontifex zuerst nach Ankara, dann nach Istanbul und am Freitag nach Iznik (Nizäa) zum ökumenischen Gedenken an das Erste Konzil von Nizäa vor 1.700 Jahren. Mit seiner Reise will der Papst ein ökumenisches Zeichen setzen für Einheit unter Christen. Am Sonntag war der Papst dann in den Libanon weiter gereist.

Bereits im Vorfeld hatte die GfbV den Papst auf das Schicksal zweier 2013 entführter Bischöfe aus Aleppo hingewiesen und einen Besuch im Tur Abdin als Zeichen der Solidarität mit syrisch-orthodoxen Christen angeregt. Die GfbV verwies auf Hinweise, wonach radikale islamistische Milizen, die von der Türkei unterstützt würden, an der Entführung beteiligt waren. Die GfbV ruft Kirchen und Politik dazu auf, sich stärker für den Schutz religiöser Minderheiten einzusetzen.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) verwies auf Anfrage darauf, dass die menschenrechtliche Lage für religiöse Minderheiten in der Türkei weiterhin von strukturellen Problemen geprägt sei und nannte Einschränkungen für christliche Gemeinschaften – vor allem fehlende Rechtspersönlichkeit, massive Hürden für theologische Ausbildung, Enteignungen, Hassrede sowie Einreiseverbote für Geistliche.

Für entscheidend hält die IGFM, dass weiterhin hochrangige politische und religiöse Besuche genutzt werden, um auf die Lage verfolgter Minderheiten aufmerksam zu machen und politischen Druck für Reformen aufzubauen. Die Menschenrechtsorganisation warnte jedoch vor vereinfachenden Deutungsmustern: Menschenrechtsverletzungen beträfen nicht nur Christen, sondern ebenso Aleviten, Juden und muslimische Gruppen außerhalb der sunnitischen Orthodoxie. Ein universeller menschenrechtlicher Ansatz sei zwingend notwendig.

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