Die Bremer St.-Martini-Gemeinde zieht erneut den Unmut der Kirchenleitung auf sich. „Die Kirchenleitung distanziert sich ausdrücklich von Redebeiträgen, die im Rahmen einer Veranstaltung der Gemeinde St. Martini Bremen am 23.08.2025 gehalten und anschließend von der Gemeinde im Internet veröffentlicht wurden“, teilte die Landeskirche am Mittwoch mit. Die Beiträge würden den „verfassungsmäßigen Grundsätzen der Bremischen Evangelischen Kirche“ widersprechen.
Der Kirchenausschuss nannte dabei weder einen bestimmten Redner noch konkrete Textpassagen, sie dürfte aber die Predigt des ehemaligen TV-Journalisten Peter Hahne gemeint haben, der anlässlich des 500. Jubiläums der St.-Martini-Gemeinde gesprochen hatte.

Die Predigt ist auf YouTube abrufbar. Hahne sprach über Johannes 14,15–24. Der Text handle von der Frage, wie es weitergehe, wenn Jesus nicht mehr da ist. Der 72-Jährige mahnte die Gemeinde dazu, auch in widrigen Umständen an Gottes Wort festzuhalten: „Jesusliebe heißt Bibeltreue.“
„Schwurbeleien und Fake News“
Hahne zog zahlreiche historische Vergleiche: „Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhen?“, zitierte Hahne aus dem Kirchenlied „Herr, dein Wort, die edle Gabe“, und weiter: „Die ganze Kirchengeschichte ist voll davon. Ob das die Hakenkreuz–Religion war oder die moderne Regenbogenreligion: Wenn ich weggehe vom Kern des Evangeliums, bricht alles in sich zusammen“, so Hahne. „Aber der Kampf, kein anderes Evangelium, der macht stark, der macht mutig, der schafft die Widerstandskraft, die man braucht zum Leben und zum Sterben.“
Der Theologe sagte, der „Irrsinn, der uns heute zugemutet wird von den Kanzeln und Kathedern“, sei ein „Bildungsnotstand“, der sich „gegen die Kraft der deutschen Sprache“ und damit „gegen die Kraft der Reformation und dann gegen die Sprachgewalt der Bibel“ richte. „Und dann ist es die Sprachgewalt von Jesus und von Gott persönlich.“ Luther sei derb, humorvoll, ideenreich gewesen – „während ganze Theologien, vor allem die sogenannte Moderne, sind Verschwörungstheorien in sich: feministische Theologie, queere Theologie, die deutschnationale des Dritten Reiches, die Befreiungstheologie, das ist eine Ansammlung von Schwurbeleien und Fake News. Und dem steht Luther seit 500 Jahren kompromisslos mit Klarheit entgegen“.
Der Kirchenausschuss kommentierte, die Gemeinden der Landeskirche trügen für eigene Veranstaltungen und Beiträge alleine die Verantwortung. „Der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche missbilligt aufs Schärfste jede Form diskriminierender Äußerungen sowie die Verbreitung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.“
Das Verhältnis zwischen der St.-Martini-Gemeinde mit ihrem Pastor Olaf Latzel und der Bremer Kirchenleitung gilt seit Jahren als zerrüttet. Im Mai 2025 verhängte die Bremische Evangelische Kirche als Disziplinarmaßnahme eine Gehaltskürzung von fünf Prozent über vier Jahre, nachdem Latzel sich abfällig über homosexuelle Menschen geäußert hatte. Der Gemeindevorstand erklärte, nicht gegen die Maßnahme vorzugehen, bewertete sie jedoch nicht als gerechtfertigt.
Die St.-Martini-Gemeinde wiederum sei ihrerseits „extrem befremdet“ über die Stellungnahme der Kirchenleitung und die Art und Weise der Kommunikation. Das berichtet die Evangelische Nachrichtenagentur Idea. Der Gemeindevorstand habe erklärt, er sei nicht über den konkreten Grund für die Distanzierung informiert worden. Man habe sich deshalb an die Landeskirche gewandt und um Klärung gebeten.