Spaß mit Games und Glaube

PRO hat die „Gamescom“, die größte Computerspielemesse der Welt, besucht – und auch einige christliche Aspekte gefunden.
Von Jörn Schumacher

Die fünftägige Gamescom in Köln ist jedes Jahr ein Anziehungspunkt für Spieler, Entwickler und Publisher aus der ganzen Welt. In diesem Jahr hat die größte Messe für Videospiele erneut Rekorde gebrochen: 357.000 Besucher kamen aus 128 Ländern, 1.568 Aussteller aus 72 Ländern stellten ihre Produkte aus. Der größte Zuwachs kam dabei aus den USA, China, Kanada und Japan, teilten die Veranstalter mit. Die Livestreams und Videos wurden 630 Millionen Mal weltweit aufgerufen.

Auf der Messe konnte die neue Demo des christlichen Computerspiels „Gate Zero“ angeschaut werden. Am Stand von „Templar Media“, dem neuen Publisher des Spiels aus den USA, standen zwei der Entwickler den Besuchern Rede und Antwort. Im christlichen Computerspiel „Gate Zero“ schlüpft der Spieler in die Rolle von Max, der mit einer Zeitmaschine ins Jahr 33 nach Christus reist. In Jerusalem muss er Aufgaben lösen, die ihn unter anderem auf die Spuren Jesu bringen.

Passt die Bibel zum Zocken? PRO hat sich auf der Gamescom umgeschaut – und hat mit interessanten Menschen gesprochen, die begeistere Computerspielefans und Christen sind

Arve Solli, Produzent und Game-Designer, sagte gegenüber PRO, es gebe leider noch kein festes Veröffentlichungsdatum für das Spiel. Er berichtete, wie es zu dem Spiel kam: Am Anfang stand ein digitales 3D-Modell des Zweiten Tempels in Jerusalem. Solli und seine Freunde erstellten das Modell am Computer für ein bevorstehendes christliches Jugendcamp. Danach entstand die Idee, daraus ein Computerspiel zu entwickeln. Die Entwicklerfirma „Bibel X“ mit Sitz in Oslo war geboren. Die norwegische Non-Profit-Organisation BCC Media, die christliche digitale Medien erstellt, half bei der Gründung. Die Schwester-Organisation von BCC Media, BCC Norge, ist Mitglied in der „Christian Council of Norway“ einer Vereinigung von evangelikalen Kirchen und Gemeinden. Solli: „Mittlerweile sind Spenden aus der ganzen Welt zusammengekommen, und auch die Menschen, die am Spiel arbeiten, kommen aus der ganzen Welt.“ Er betonte, „Gate Zero“ sei „mit Sicherheit einzigartig und das erste hochwertige Videospiel, das Geschichten aus der Bibel erzählt“. Der Spieler werde in die Zeit Jesu versetzt und könne seine Geschichten nacherleben.

Einer der Entwickler des Spiels, John Gibson, präsentierte auf der Gamescom eine Demo. Darin zeigte sich, dass die Entwickler nun auch Elemente eingefügt haben, die nichts mit der Bibel zu tun haben, wohl aber den Unterhaltungswert als Action-Spiel steigern sollen. Mindestens 15 Stunden Spielerlebnis stünden zur Verfügung, sagte Gibson, der selbst Christ ist. Er verglich die Spiele-Entwicklung mit der Serie „The Chosen“: „In dieser Fernsehserie brauchte man sieben Staffeln, um alles zu erzählen. Bei uns sind es vier Spiele, welche die gesamte Geschichte von Jesus und den Aposteln nacherzählen.“ „Gate Zero“ wird es über Steam für PC, PlayStation und Xbox geben.

Podcaster zum Thema Glaube und Computerspiele

PRO traf auf der Gamescom zudem die drei Initiatoren des christlichen Podcasts „Faith and Pixels“: Robin, Gemeindepädagoge im evangelischen Dekanat Biedenkopf-Gladenbach und Master-Student an der CVJM-Hochschule, Maxi, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Bieberstein-Dipperz und Jugendpfarrer des Kirchenkreises Fulda, und Ruben, Referent für Jugendarbeit beim deutschen EC-Verband. Die drei Christen spielen regelmäßig Computerspiele und streamen dies bei Twitch; sie versuchen dabei nach eigener Aussage, die Themen, die im Spiel angesprochen werden, mit dem realen Leben zu verbinden. Alle zwei Wochen gibt es zudem eine neue Podcast-Folge. Ihr Angebot ist ein Kooperationsprojekt des EC Deutschland und des Kirchenkreises Fulda und wird gefördert von der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck. „Ich bin seit 30 Jahren Nerd und seit 20 Jahren Christ“, sagte Ruben im Interview mit PRO. „Computerspiele bieten sehr oft inhaltlich einen Anknüpfungspunkt für das eigene Leben und für den Glauben an.“ Als Beispiel nannte er „The Last of Us“: „Dieses Spiel erzählt eine sehr tiefe, berührende Geschichte“, so Ruben. „Das macht etwas mit dem Spieler. Wir wollen über solche Erlebnisse und über den Glauben mit den Leuten sprechen.“ Der gläubige Gamer fügte hinzu: „Wir sind mit unserem Streaming-Angebot so etwas wie Pioniere. Dabei kann sich die Kirche hier ein großes Feld erschließen.“

Sein Kollege Robin sagte über sich: „Meine Liebe zu Computerspielen hat damals mit dem Gameboy angefangen und sich dann immer weiterentwickelt. Die Leidenschaft ist geblieben, der Glaube hinzugekommen. Beides verbinden wir mit ‚Faith & Pixels‘.“ Maxi ergänzte: „Viele verbinden mit Computerspielen Erinnerungen an die Jugendzeit und eben vor allem Spaß. Und Spaß kommt in der Kirche oft zu kurz. Aber man darf Spaß haben am Gamen genau wie am Glauben.“

Ruben betonte: „Meine Überzeugung als Christ ist es, dass ich im Grunde jeden Moment meines Lebens Gott entdecken kann. Und so steckt auch in jedem Spiel dieses Potenzial.“ Bei „Baller“-Spielen wie „Fortnite“ oder „Counterstrike“ allerdings falle es ihm schwerer, gab er zu. „Aber in jedem Spiel, das eine gute Geschichte erzählt und in dem Menschen authentisch sind, können wir etwas lernen, und sicher findet sich auch eine Bibelstelle, die daran anknüpft.“ Ruben weiter: „Ich wünschte mir, Kirche würde das Medium Videospiel als kulturelles Gut anerkennen und nicht verurteilen. Warum nicht eine Film-Predigt machen oder auch eine Computerspiel-Predigt? Das schafft sehr viele Anknüpfungspunkte besonders für junge Menschen.“ Die drei Podcaster veranstalten im November 2025 eine eigene Konferenz zum Thema mit dem Namen „Level Up“. Die Veranstaltung könne eine Art „Familientreffen für christliche Gamer“ sein.

Wissenschaftliche Forschung zu Religion in Videogames

Ebenfalls auf der Gamescom waren zwei Studenten der evangelischen Theologie von der Universität Hamburg. Janos Kiedrowski und Sebastian Ryterski leiten gemeinsam mit Lisa-Marie Blume die Forschungsgruppe „Heilige Krieger, Klöster und Dämonen“, welche das Bild der christlichen Religion in Videospielen und Fernsehserien untersucht. Im Interview mit PRO sagte Kiedrowski, Ziel des Exzellenzprojektes sei es, im kommenden Jahr ein Medienanalyse-Wiki zu erstellen. Er wolle zudem selbst Pastor werden und verfolge die Frage, inwiefern man Spiele in der Jugendarbeit nutzen kann, so Kiedrowski.

In seinem Forschungsobjekt, dem Spiel „Blasphemous“, gebe es zum Beispiel einen Unterschied zwischen einem „guten“ und einem „schlechten“ Ende, erklärte Ryterski: „Das hat mit einem Bußeweg zu tun; die Hauptfigur wird ‚The Penitent‘ genannt, also ‚der Büßer‘. Der Zyklus von Schuld und Buße in diesem Spiel ist theologisch sehr aufgeladen.“

Überhaupt gebe es in Computerspielen sehr häufig Helden- und Erlöserfiguren, ergänze Kiedrowski. „In der ‚Far Cry‘-Reihe etwa geht es immer darum, einen Diktator zu stürzen. Die Helden erstehen dabei immer wieder auf.“ Dieses klassische Wiederauferstehen von Figuren (im Fachjargon „Respawn“ genannt) sei an sich auf eine „skurrile“ Art und Weise christlich konnotiert.

„Baldurs Gate 3“ wiederum sei geradezu „vollgestopft“ mit kirchlichen Elementen, so Kiedrowski. „Es gibt Tempel, Kirchen, Klöster. Interessant ist hierbei immer die Frage, ob diese religiösen Anleihen nur Szenerie sind oder wirklich Bedeutung haben.“ Manchmal steht etwa in Fantasy-Spielen lediglich eine Kirche herum, weil zu einem kleinen Dorf nun einmal eine Kirche gehöre.

Ryterski verweist zudem auf eine Neben-Aufgabe im Spiel „Cyberpunk 2077“: Hier gebe es einen Mann, der wegen Mordes im Gefängnis saß und zum christlichen Glauben umkehrte. Für ein Produktionsstudio erlebt er die Kreuzigung Jesu nach, damit andere Menschen diese Szene ebenfalls nacherleben können. In dieser Spiel-Szene wird viel gebetet, und es werden Bibelstellen rezitiert. Wohlgemerkt: Das Spiel ist ansonsten nicht explizit als christlich beworben.

In Multiplayer-Spielen wie „World of Warcraft“ gebe es Kirchen, die von Spielern aufgesucht und genutzt werden, so Kiedrowski. „Das zeigt: Es entwickeln sich religiöse Strukturen innerhalb von Computerspielen.“ Selbst wenn die Handlung nur innerhalb eines Rollenspiels stattfindet, „ich bin mir sicher, dass es auch etwas mit einem Menschen macht, wenn er in eine digitale Kirche geht.“ Ein Fazit Kiedrowskis lautet: „Alle Science Fiction-Spiele, die mir bislang begegnet sind, haben klare religiöse, oft christliche Anspielungen, Jesus-Figuren und sogar Trinitäten.“

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