Der Verband pro familia und die Grünen fordern von Bund und Ländern Konsequenzen aus dem Abschlussbericht des Forschungsprojekts „Elsa“ über die Versorgungslage ungewollt schwangerer Frauen in Deutschland. Es sei wichtig, „dass Menschen in dieser Situation bestmöglich unterstützt werden“, erklärte die pro-familia-Bundesvorsitzende Monika Börding am Donnerstag. „Der ‘Elsa‘-Abschlussbericht zeigt: Das ist in Deutschland nicht der Fall“, konstatierte sie. Politikerinnen der Grünen erneuerten ihre Forderung nach einer Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, um die Versorgungslage zu verbessern.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte am Mittwoch den Abschlussbericht des Forschungsprojekts veröffentlicht. Er fußt unter anderem auf einer repräsentativen Befragung von Frauen. Zentrale Ergebnisse sind, dass sich Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch hatten, in der überwiegenden Mehrheit stigmatisiert fühlen, und dass die Versorgung für ungewollt Schwangere, die abtreiben wollen, regional weiter sehr unterschiedlich und oftmals eher schlecht ist.
Grüne fordern Entkriminalisierung – Versorgung bleibt lückenhaft
Demnach weisen Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg die geringste Versorgungsdichte auf. In den ost- und norddeutschen Bundesländern gebe es tendenziell eine bessere Verfügbarkeit von medizinischen Angeboten. Auf dem Weg zum Schwangerschaftsabbruch seien vier von fünf Frauen auf mindestens eine Barriere gestoßen, heißt es in der Zusammenfassung der Studie. Neben dem Zugang zu medizinischer Versorgung werden den Angaben zufolge auch Zeitdruck und Schwierigkeiten bei der Organisation der Abtreibung gezählt.
Der Verband pro familia forderte Bund, Länder sowie Berufs- und Fachverbände dazu auf, auf der Grundlage der gewonnenen Daten für Verbesserungen zu sorgen. Dazu gehörten auch „Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen“, erklärte Börding.
Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig, werden aber nicht bestraft, wenn die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung verursacht wurde oder Gesundheit oder gar das Leben der Mutter in Gefahr sind, sowie innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis, wenn eine Beratung stattgefunden hat. Seit Längerem wird diskutiert, Abbrüche in der Frühphase der Schwangerschaft nicht mehr im Strafgesetzbuch zu verbieten, sondern grundsätzlich zu entkriminalisieren.
Die Koalition aus Union und SPD hat im Koalitionsvertrag versprochen, ungewollt Schwangeren „Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung“ zu ermöglichen. Zudem soll die Kostenübernahme durch die Krankenkassen erweitert werden. Bei nach der Beratungsregelung vorgenommenen Schwangerschaftsabbrüchen übernimmt die Krankenversicherung die Kosten nur, wenn die Frau ein relativ niedriges Einkommen hat.
Die rund 1.000 Seiten starke „Elsa“-Studie hat ein Kapitel auch dem Thema Kosten gewidmet. Die Befragung ergab demnach, dass bei rund 62 Prozent der Abbrüche die Kostenübernahme bewilligt, in knapp 7 Prozent abgelehnt wurde. Fast ein Drittel (31 Prozent) der Frauen beantragten keine Kostenübernahme. Ihre Kosten variierten den Angaben zufolge teilweise erheblich. Mehr als die Hälfte der Frauen (53 Prozent) zahlten zwischen 201 und 399 Euro für die Abtreibung. 30 Prozent zahlten mehr als 400 Euro, knapp 8 Prozent sogar mehr als 600 Euro. Für 9 Prozent der Frauen fielen Kosten von weniger als 200 Euro an.
Die Grünen-Politikerinnen Ulle Schauws und Kirsten Kappert-Gonther halten nur eine Erweiterung der Kostenübernahme bei Schwangerschaftsabbrüchen nicht für ausreichend. Für sie stehe „unstrittig“ fest, „dass die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen die Versorgungslage verbessern würde“, erklärten die Bundestagsabgeordneten. Dadurch werde nicht nur die Stigmatisierung der betroffenen Frauen beendet. Es erleichtere auch eine Kostenübernahme der Eingriffe und könne die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten verbessern.