Rezension

„Deliverance“: Geistliche Kampfführung für Brettspiel-Fans

Engel kämpfen gegen Dämonen und befreien eine ganze Stadt von finsteren Mächten – das ist der Inhalt des Brettspiels „Deliverance“. Das anspruchsvolle Tabletop-Spiel aus Amerika hat ein Magdeburger Pastor nun auf Deutsch übersetzt.
Von Jörn Schumacher
Ein Mann spielt das Brettspiel „Deliverance“

Der Spiele-Erfinder Andrew Lowen hatte beim Joggen eine Idee: Ein Brettspiel, in dem Engel gegen Dämonen kämpfen, Gebete die Finsternis vertreiben und so eine Kleinstadt vom Bösen befreien. Lowen aus New Braunfels im US-Bundesstaat Texas wollte das christliche Spiel realisieren. Bei zwei Kickstarter-Kampagnen sammelte er von Tausenden Unterstützern insgesamt 800.000 Dollar. Der Vater von sechs Kindern veröffentlichte „Deliverance“ im Jahr 2020. Jetzt will eine Games-Initiative eine deutschsprachige Auflage herausbringen.

„Deliverance“ ist ein kooperatives, storybasiertes Taktik- und Abenteuerspiel für eine bis fünf Personen. Mit Strategie, erzählerischen Elementen und einem biblisch inspirierten Setting rund um den Kampf zwischen Engeln und Dämonen soll das Brettspiel eine breite Zielgruppe ansprechen – Christen, aber auch Nichtchristen. Mit bis zu neun Engeln in 14 Missionen befreien die Spieler eine Kleinstadt von Dämonen – sie spielen dabei nicht gegeneinander, sondern miteinander.

Diese Art von kooperativem taktischem Tabletop-Spiel nennt man in Fachkreisen einen „Dungeon-Crawler“; dabei stehen die Erkundung von labyrinthischen Umgebungen, das Kämpfen gegen Monster, das Finden von Schätzen und das Lösen von Rätseln im Mittelpunkt. Allerdings ist das Spiel anspruchsvoll. Ein erstes Spielen macht klar, dass allein der Aufbau einige Zeit benötigt, denn es gibt sehr viele Karten und Figuren. Auch für das Regelwerk muss man sich Zeit nehmen. Es gibt zwar eine Video-Anleitung, doch auch die ist über eine Viertelstunde lang und auf Englisch. Erfahrene Spieler von modernen Dungeon-Crawlern dürften sich schneller zurechtfinden; wer eher seltener Brettspiele spielt und eher an die Komplexität von Familienspielen gewöhnt ist, die zu den „Spielen des Jahres“ gewählt werden, braucht ein wenig Durchhaltevermögen. Das christliche Fantasy-Spiel wird für Spieler ab 14 Jahren empfohlen.

Auf der säkularen englischsprachigen Spiele-Fan-Website „Boardgamegeek“ wird „Deliverance“ bereits sehr hoch bewertet. Und auch Johannes Fähndrich war von dem Spiel begeistert. Der 57-Jährige, der 25 Jahre lang Gemeindepastor war, in der Baptistischen Pfadfinderschaft und in der christlichen Pfadfindergemeinschaft „Royal Rangers“ aktiv ist, hat bereits selbst christliche Spiele entwickelt und im eigenen Verlag Spiele anderer Erfinder herausgegeben. Er hat das Spiel von Andrew Lowen auf Deutsch übersetzt.

Spieleverrückter Pastor übersetzt „Deliverance“ auf Deutsch

„‚Deliverance‘“ ist wirklich nicht einfach, das gebe ich zu“, sagt Johannes Fähndrich im Interview mit PRO. „Aber es ist kreativ, biblisch und an manchen Stellen erschreckend realistisch.“ Er ist vor allem von der „exzellenten Umsetzung der Spielidee“ begeistert, sagt Fähndrich. Er brachte 2021 ein 1.000-Teile-Bibel-Puzzle heraus. In seinem selbst erfundenen Brettspiel „Dynamis“ können bis zu zwölf Spieler acht Gemeinden verschiedener Typen aufbauen: den katholischen Dom, eine evangelische Landeskirche, eine Freikirche, eine Kleinstadtgemeinde, eine City-Church, eine Eventkirche oder eine internationale Gemeinde. Das Ziel sei es, die Gemeinde aufblühen zu lassen, sagt Fähndrich. Das Wort „Dynamis“ (Griechisch für „Kraft“) stehe für die „Kraft Gottes“. „Sie ist das Entscheidende in unserem Leben, außerdem dass wir mit ihr kooperieren.“ Aus dieser Idee stamme auch der Name seines Spiele-Verlages, den er gründete: die „Dynamis Kooperation“.

Anfang 2024 fasste er gemeinsam mit Andrew Lowen den Entschluss, „Deliverance“ auf Deutsch zu übersetzen. „Als Andrew 2024 eine zweite Kickstarter-Kampagne für eine neue Auflage seines Spiels mitsamt Erweiterungen durchführte, strebte er 185.000 Dollar an; die kamen in nur einer Dreiviertelstunde zusammen“, so Fähndrich. „Am Ende sammelte er eine halbe Million Dollar.“ Seit Sommer 2024 arbeitet Fähndrich mit einem Team von bis zu fünf Mitarbeitern an der deutschen Übersetzung. Das sei viel Arbeit, sagt er. „Allein die Spielregeln sind 32 Seiten lang. Es gibt 76 Gebetskarten, dazu Dämonen-Karten, Talent-Karten und so weiter.“

Brettspiel als Einstieg, um über den Glauben zu reden

Bei der „Spieleschmiede“, der führenden Website für das Crowdfounding von Spielen in Deutschland, hat Fähndrich Ende Mai selbst eine Kampagne gestartet. Bisher sind 12.000 Euro zusammengekommen, rund 100 Spiele wurden bereits vorbestellt. Die deutsche Übersetzung habe nun die finale Phase erreicht, sagt Fähndrich. Die Grafik des Originals bleibe erhalten. Schon jetzt könne man „Deliverance“ auf Deutsch vorbestellen, die Deluxe-Version mit neun Engeln als Kunststoff-Figuren und anderen Extras kostet 89 Euro.

Foto: Jörn Schumacher
Die Figuren wirken sehr qualitativ – keinesfalls billig

„Deliverance“ verbinde epische Spielmechanik mit theologischen Motiven, ohne in platte Didaktik abzurutschen, sagen die Entwickler. Das Spiel könne auch gut als Anlass dienen, über den Glauben zu sprechen. „Es ist ein Spiel, das Christen und Hardcore-Brettspieler gleichermaßen begeistern kann.“

Christlicher Glaube, verbunden mit Fantasy-Elementen

Ein Testspiel der englischen Originalausgabe zeigt: Wer kein „Hardcore-Brettspieler“ ist, muss viele neue Begriffe und Regeln lernen. Nach dem Aufbau ist der Tisch voll mit großen und kleinen Kärtchen, Spielsteinen und Aktionskarten. Die mit Musik unterlegte englischsprachige Video-Anleitung steigt leider sofort tief in den Spielablauf ein, ohne zunächst einmal einen Überblick zu bieten, das Ziel und den Weg dorthin zu erläutern.

Das beigelegte Anleitungsheft macht es leider nicht besser. Doch die Verarbeitung des Spielmaterials wirkt sehr hochwertig, besonders schick sind die Kunststoff-Engel, die Würfel und die Zeichnungen. Erfahrene Brettspieler dürften angesichts des nicht gerade trivialen Spielablaufs voll auf ihre Kosten kommen; „Deliverance“ verbindet christlichen Glauben mit Fantasy-Elementen und erfordert volle Aufmerksamkeit.

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