Kommentar

Da muss man sich nicht wundern

Die AfD will mit aller Kraft verhindern, dem Verfassungsschutz Material für die Einschätzung zu liefern, rechtsextremistisch zu sein. Das jüngste Beispiel stammt ausgerechnet von der Kirchenbeauftragten der Partei.
Von Nicolai Franz
Foto von Nicole Höchst (SPD) im Bundestag

Das war selbst der AfD zu viel: Deren Abgeordnete Nicole Höchst postete am Dienstag ein Bild mit der Aufschrift „AN ALLE MOSLEMS IN DEUTSCHLAND: Was auch immer du isst… Es ist mit Schweinescheiße gedüngt…“

Frau Höchst sitzt nicht nur für die AfD im Bundestag, sondern ist auch deren kirchen- und religionspolitische Sprecherin. Auf Betreiben der Fraktionsführung (Alice Weidel und Tino Chrupalla) löschte sie das Bild wieder. Immerhin. Denn der geschmacklose Post hatte nichts mit sachlicher Kritik am Islam zu tun – die sowohl erlaubt als auch geboten ist. Er zielte alleine darauf, eine bestimmte Gruppe von Menschen zu diffamieren. Und das in Fäkalsprache.

Dass Frau Höchst spätestens jetzt unter muslimischen Verbänden persona non grata ist, dürfte klar sein. Aber wer so austeilt, muss sich auch nicht wundern, wenn auch kirchliche Vertreter nicht mit der Kirchensprecherin reden wollen.

Dass Weidel und Chrupalla so schnell reagiert haben, dürfte auch mit der Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextremistisch“ zu tun haben, die der Verfassungsschutz vor Wochen verkündete. An dem Bericht gibt es einiges zu kritisieren. Zum Beispiel den Zeitpunkt: Die Einstufung der AfD als Gesamtpartei als „gesichert rechtsextremistisch“ unter der damaligen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) wurden nur wenige Tage vor Ende ihrer Amtszeit bekannt. Damit setzte sie ihren Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) unter Druck, dessen Stab nun den Scherbenhaufen aufkehren darf.

Das gar nicht so geheime Gutachten

Denn kommunikativ war die Causa ein Desaster. Es gab keine transparente Begründung für den Schritt, sowohl die Zusammenfassung als auch der Bericht selbst wurde unter Verschluss gehalten. Manchen Medien – aber eben nicht allen – lag der Bericht trotzdem vor. Man musste davon ausgehen, dass in dem mehr als 1.000 Seiten langen Dokument streng geheime nachrichtendienstliche Erkenntnisse zu finden waren, die Namen von Maulwürfen in der Partei oder noch Sensibleres.

Nichts davon traf zu.

Davon kann sich jeder ein Bild machen, seit Medien wie „Cicero“ oder „Nius“ das Dokument zum Download anbieten. Wer das tut, den erwartet eine riesige Sammlung von öffentlichen Zitaten und Einschätzungen – aber eben kaum etwas, was man sich nicht selbst in mühevoller Kleinarbeit hätte zusammengooglen können. Warum also wurde der Bericht nicht gleich veröffentlicht? Vermutlich hatten die Verantwortlichen schlicht schlechte Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Und der Zeitdruck verschlimmerte sie nur noch. Manche Zitate aus dem Geheimgutachten sind sicher eher rechtspopulistisch, aber damit nicht gleich extremistisch. Das würde bedeuten, dass die AfD die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zum Ziel hat und dass dies ein Grund dafür ist, ein Parteiverbot zu erlassen. Das ist das schärfste Schwert überhaupt – und muss wohl überlegt sein.

Deutlicher wird die extremistische Haltung der AfD bei der Frage danach, wer eigentlich Deutscher ist. Die Verfassungsschützer attestieren der Partei ein „ethnisch-völkisches Volksverständnis“. Demnach gelten für die AfD nicht automatisch diejenigen als Deutsche, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben, wenn sie beispielsweise Wurzeln in einem anderen Land haben. Sondern nur die, die auch von ihrer Abstammung her deutsch sind – wie auch immer man das begründen will.

Verfassungsfeindliche Positionen

Aus der Partei gibt es immer wieder Aussagen, die diese menschenfeindliche Haltung belegen, aber auch Distanzierungen. Sie ist eindeutig rassistisch im Wortsinne: Wer Menschen nur als Deutsche gelten lässt, die die „richtige“ Hautfarbe und den „richtigen“ Stammbaum haben, der benachteiligt und bevorzugt Menschen nach Rasse-Kriterien. Genau das verstößt nicht nur gegen die Menschenwürde (Artikel 1 im Grundgesetz), sondern auch gegen das Benachteiligungsverbot wegen „Abstammung“ und „Rasse“ in Artikel 3 des Grundgesetzes.

So oder so: Solch ein Gedankengut darf eine demokratische Partei niemals tolerieren. Tut sie es doch, muss sie sich nicht wundern, wenn sie die Verfassungsschützer auf den Plan ruft. Die Angst der AfD, dem Verfassungsschutz weiteres Material für ihre Einstufung als extremistisch zu liefern, ist groß. Der Wirbel um Nicole Höchsts diffamierenden Post ist dafür ein klarer Beleg.

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