Warum ich Angela Merkel für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen habe

Der frühere Präsident der südostasiatischen Republik Timor-Leste José Ramos-Horta hat Kanzlerin Angela Merkel einmal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Gegenüber pro erklärte er, warum. Er selbst hatte die Auszeichnung 1996 bekommen.
Von Jonathan Steinert
Der frühere Präsident von Timor-Leste, auch Osttimor genannt, José Ramos-Horta sprach bei der Weltkonferenz von „Religions for Peace“ über die Aussöhnung zwischen seinem Land und Indonesien – und über die deutsche Bundeskanzlerin

Bundeskanzlerin Angela Merkel galt schon mehrmals als aussichtsreiche Kandidatin für den Friedensnobelpreis. Einer, der sie dafür vorgeschlagen hat, ist José Ramos-Horta. Der frühere Präsident von Timor-Leste erklärte gegenüber pro, warum: „Kanzlerin Merkel hat außergewöhnliche moralische und politische Courage gezeigt, indem sie mehr als eine Million Flüchtlinge willkommen hieß.“ Merkel habe um die politischen Kosten dieser Entscheidung gewusst und sie in Kauf genommen: „Sie wusste, dass sie dafür leiden würde – und sie hat gelitten“, sagte Ramos-Horta am Rande der Weltkonferenz von „Religions for Peace“.

Sie habe nach den besten humanitären Prinzipien Deutschlands und nach den europäischen Werten gehandelt. „Darüber hinaus war sie ein politischer Anker der Stabilität für ganz Europa in diesen Zeiten mit unglaublichen internationalen Herausforderungen“, erklärte Ramos-Horta. In den USA regiere mit Donald Trump ein Präsident, der politisch skrupellos und unvorhersehbar handle, Großbritannien befinde sich vollständig in Unordnung und Frankreich schätzte Ramos-Horta auf internationaler Bühne im Zuge der Flüchtlingskrise als „relativ schwach“ ein. „Da war Deutschland der Anker Europas.“ Merkel habe „mit persönlicher Moral und politischem Mut“ gegenüber Trump für europäische Werte eingestanden.

Auf den Einwurf hin, dass Merkels Entscheidung für innenpolitische und gesellschaftliche Spaltungen gesorgt habe, erwiderte Ramos-Horta, andere Länder würden viel höhere politische Kosten für die Entscheidungen ihrer Regierungen zahlen. In Syrien, dem Land, aus dem die meisten Flüchtlinge nach Deutschland kamen, hätten Hunderttausende ihr Leben verloren. „Wichtiger als politische Kosten ist die moralische Courage“, betonte er.

Versöhnung statt Vergeltung

Ramos-Horta hat 1996 zusammen mit seinem Landsmann Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo den Friedensnobelpreis für seinen Einsatz gegen die Unterdrückung der „kleinen Leute“ bekommen. Die Auszeichnung sollte damals auch eine Ermutigung dafür sein, im Konflikt zwischen Timor-Leste und Indonesien eine friedliche Lösung zu finden. Timor-Leste, auch Osttimor genannt, war bis 1975 von Portugal besetzt. Wenige Tage nach der Unabhängigkeit besetzte das Nachbarland Indonesien das Gebiet. Während dieser Besatzung und der damit verbundenen gewalttätigen Auseinandersetzungen starben rund 200.000 Menschen. 2002 wurde Timor-Leste erneut unabhängig. Der heute 70-jährige Ramos-Horta war zunächst Außenminister, später für einige Monate Premier und anschließend von 2007 bis 2012 Präsident des kleinen Landes mit knapp 1,3 Millionen Einwohnern. Er war 2006 auch als Nachfolger von Kofi Annan als UN-Generalsekretär im Gespräch, jedoch entschied er sich wegen politischer Unruhen, in seinem Land zu bleiben.

Ramos-Horta ist katholisch, so wie 97 Prozent der Bevölkerung in Timor-Leste. Auf der Weltkonferenz von „Religions for Peace“ in Lindau erklärte er, heute hätten sein Land und Indonesien sehr gute Beziehungen. Ein Grund dafür sei gewesen, nach der Unabhängigkeit auf politische Vergeltung gegenüber den Besatzern zu verzichten und stattdessen eine Versöhung anzustreben.

Von: Jonathan Steinert

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