Erwachsene trauen der Jugend wenig Demokratiefähigkeit zu

Ein Drittel der Deutschen hat nur ein geringes Vertrauen in die Demokratiefähigkeit der jungen Generation. Das hat der Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks ergeben. Besonders skeptisch sind Anhänger zweier Parteien vom politischen Rand.
Von Johannes Blöcher-Weil
Junge Menschen in Deutschland müssen wieder in Sachen Demokratie geschult werden. Dies ist der Wunsch der Befragten in der Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerks.

Das Deutsche Kinderhilfswerk ist alarmiert, wie gering das Vertrauen der Deutschen in die jüngere Generation ist. Nur knapp zwei Drittel der Deutschen (64 Prozent) trauen Kindern und Jugendlichen zu, als Erwachsene Verantwortung für den Erhalt der Demokratie zu übernehmen. Im Kinderreport, der repräsentativen Umfrage des Deutschen Kinderhilfswerkes, fordern 75 Prozent der Befragten politische Bildung als Pflichtfach für angehende Lehrer.

„Das geringe Vertrauen Erwachsener in die Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen, die Demokratie in Deutschland auch zukünftig zu bewahren, erfüllt uns mit Sorge“, erklärte Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks bei der Präsentation der Zahlen. Demokratische Kompetenzen müssten frühzeitig und milieuübergreifend gefördert werden, wenn sie nachhaltig wirken sollten. Die Studie zeigt, dass das Zutrauen mit zunehmendem Alter und steigendem Einkommen deutlich ansteigt. Die 18- bis 44-Jährigen sind am skeptischsten.

Skeptische AfD- und Linksparteianhänger

Das größte Vertrauen in die Jugend haben die Anhänger von der FDP (84 Prozent) und den Grünen (78 Prozent). Die SPD-Anhänger (69 Prozent) liegen ebenfalls etwas über dem Durchschnitt wie auch die von CDU und CSU (66 Prozent). Als skeptischer erweisen sich die Unterstützer und Anhänger von AfD (58 Prozent) und Linkspartei (56 Prozent).

Die überwältigende Mehrheit der Befragten (90 Prozent) sehen Familie und Eltern in der Pflicht, die Demokratiefähigkeit zu fördern. 65 Prozent sehen das vor allem als Aufgabe von Schulen und Kindertagesstätten. Weit dahinter liegen mit einem Zehntel der Befragten Sportvereine und politische Parteien. Neun von zehn Befragten halten mehr Geld für Kinder- und Jugendarbeit für nötig, um dieses Ziel zu erreichen. Zudem wollen 89 Prozent den Gesellschaftskunde-Unterricht an Schulen stärken.

Politiker kümmern sich zu wenig um Kinderarmut

In der Umfrage wurde auch nach dem Thema Kinderarmut gefragt. Hier nennen 93 Prozent der Kinder und Jugendlichen zu niedrige Einkommen vieler Eltern als wichtigsten Grund. Die Zahl ist gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozentpunkte gestiegen. Bei den Erwachsenen ist dies für 87 Prozent das Hauptargument. 87 Prozent der Kinder und 75 Prozent der Erwachsenen finden, dass sich Politiker zu wenig um Kinderarmut kümmerten.

Mehr als acht von zehn Befragten wünschen sich, dass die Politik Kinder- und Jugendinteressen stärker berücksichtigt. Für 79 Prozent haben die Trainer in den Sportvereinen eine Vorbildfunktion in Sachen Demokratie. Bedenklich finden die Studienbetreiber auch, dass nur 18 Prozent der Kinder und Jugendlichen sich bei Kinderrechten „ganz gut“ auskennen. 60 Prozent von ihnen sowie 73 Prozent der Erwachsenen kennen die Kinderrechte nur vom Namen und wissen über Einzelheiten nicht gut Bescheid.

Die Erwachsenen wünschen sich vor allem mehr Mitbestimmung im organisierten Sport-, Kultur- oder Freizeitbereich (80 Prozent), in der Familie (79 Prozent) und in der Schule (72 Prozent). Knapp zwei Drittel (64 Prozent) halten mehr Mitspracherechte für sehr wichtig oder wichtig. Bei den Kindern und Jugendlichen liegt dieser Wert bei 80 Prozent.

Für den Kinderreport befragte das Institut Infratest Dimap insgesamt 1.703 Menschen, darunter 623 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren. Die Befragungen erfolgten online oder durch computergestützte Telefoninterviews. Die Fragen für Kinder und Jugendliche waren in der Formulierung altersgerecht angepasst. (pro)

Von: jw

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