Evangelikale Amtsträger üben in offenem Brief Kritik

Mit einem Dekret hat US-Präsident Donald Trump die Einreise aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern zum Schutz der Nation verwehrt. Weil darunter auch die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien leidet und Christen bevorzugt werden, wünschen US-Evangelikale und deutsche Politiker, die Anordnung zu überdenken.
Von Norbert Schäfer
Ein Dekret von US-Präsident Donald Trump setzt das US-Flüchtlingsprogramm zunächst aus und erschwert die Einreise von Bürgern aus sieben muslimisch geprägten Ländern

Am 27. Januar hat US-Präsident Donald Trump ein Dekret zum „Schutz der Nation vor der Einreise von Terroristen“ erlassen. Die Anordnung des Präsidenten verwehrt die Einreise aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern für drei Monate. Der Erlass hat in der Öffentlichkeit und in den sozialen Medien zu breiten Protesten geführt. Nun haben sich auch namhafte Evangelikale mit einem offenen Brief an den US-Präsidenten und seinen Stellvertreter Mike Pence in die Diskussion eingeschaltet.

Die Unterzeichner des Schreibens bitten den Präsidenten, die Entscheidung zu überdenken. Unter ihnen sind der Präsident der „National Association of Evangelicals“, Leith Anderson, und der Präsident des Hilfswerks World Vision, Richard Stearns. Sie wollen erreichen, dass die Umsiedlung von Flüchtlingen und das Regierungsprogramm zur Aufnahme von Flüchtlingen sofort wieder aufgenommen wird. In ihrem Schreiben begründen die Unterzeichner das Engagement von Kirchen und Missionswerken mit der Not der Vertriebenen und Flüchtlinge und berufen sich bei der Hilfe auf die Bibel. Sie lehre, dass jeder Mensch, eingeschlossen Flüchtlinge aller Länder und Abstammungen, unabhängig von Herkunft, dem religiösen Hintergrund oder anderer Merkmale „als Ebenbilder Gottes geschaffen“ seien – mit angeborener Würde und Potentialen.

Moratorium behindert Familienzusammenführung

„Das Leben der Flüchtlinge ist für Gott von Bedeutung – deshalb auch für uns“, schreiben die insgesamt acht Unterzeichner, die namhafte christliche Werke leiten. In ihrem Brief konstatieren sie, dass sich die USA um nur ein Prozent der weltweiten Flüchtlinge gekümmert hätten. In der Aufnahme von Flüchtlingen sehen die Unterzeichner eine Chance, das Gebot der Nächstenliebe zu leben, „Nachfolger Christi aus allen Nationen“ zu machen und Gastfreundlichkeit zu üben. Der Glaube zwinge sie, sich um das Wohl von Familien zu sorgen. Die meisten anerkannten Flüchtlingen, die derzeit in die USA einreisten, kämen für Familienzusammenführungen ins Land. Das Moratorium verzögere Fälle, die bereits begutachtet und entschieden worden seien.

Stephanuskreis mahnt zur Wahrung der Religionsfreiheit

Gegen die Bevorzugung von Christen in dem präsidialen Erlass hat sich der Vorsitzende des Stephanuskreises, der CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte, ausgesprochen. „Die Vereinigten Staaten von Amerika haben sich über Jahrzehnte als Verfechter der Menschenrechte und insbesondere der Religionsfreiheit hervorgetan“, schreibt Hirte in einer Pressemitteilung vom Mittwoch. Mit „großem Bedauern“ habe er die Nachricht gelesen, dass der Flüchtlingsplan „eine explizite Priorisierung von verfolgten Christen“ beinhalte. Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigten, dass „eine explizite Bevorzugung von Christen den Hass ihnen gegenüber weiter schüren kann“, schreibt Hirte.

Der Stephanuskreis hat sich den Angaben zufolge mit einem Brief an den Präsidenten gerichtet, um an die Vorbildrolle der USA im Einsatz für die Religionsfreiheit zu erinnern. Auch warnt die Gruppe darin davor, Christen gegenüber Muslimen zu bevorzugen.

Auch Fürsprecher aus dem evangelikalen Lager

Neben Trump-Kritikern gibt es auch Unterstützer des Präsidenten aus den Reihen der US-amerikanischen Evangelikalen. Darunter ist der Präsident der christlichen Hilfsorganisation „Samaritan’s Purse“, Franklin Graham. Er verteidigt Trumps Handeln in einem Facebook-Post: „Manche Menschen scheinen zu vergessen, dass es die Priorität des US-Präsidenten ist, die Verfassung und die Sicherheit der Amerikaner zu schützen. Das ist genau das, was Präsident Trump zu tun versucht. […] Wir müssen verstehen, dass der Job des Präsidenten ein anderer ist als der der Kirche.“

Auch der Baptisten-Pastor und Fernsehmoderator Robert Jeffress verteidigte Trump. In einem Interview mit dem Sender Fox sagte er: „Präsident Trump handelt richtig, indem er der verfolgten Minderheit, welche Christen sind, den Vorzug gibt.“

Dekret betrifft auch laufende Asylverfahren

Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat Trump mit dem Dekret „Executive Order 13769“ das Wahlversprechen eingelöst, die Einreise von Menschen aus dem Nahen Osten zu erschweren, um so die USA besser vor Terrorismus zu schützen. Der Erlass sieht vor, dass Einreiseersuchende binnen 30 Tagen dahingehend überprüft werden sollen, dass sie kein Sicherheitsrisiko für die USA darstellen. Entsprechende Staaten werden aufgefordert, die Informationen innerhalb von 60 Tagen bereitzustellen. Einreisen von Bürgern aus Ländern, die dem Informationsersuchen der US-Behörden nicht nachkommen, können dauerhaft untersagt werden. An Bürger aus dem Irak, Iran, Jemen, Sudan sowie aus Libyen, Somalia, und Syrien dürfen die Behörden für die Dauer von 90 Tagen keine Visa ausstellen. Zudem wird das gesamte Regierungsprogramm zur Aufnahme von Flüchtlingen für die Dauer von 120 Tage stillgelegt.

Das Dekret betrifft auch laufende Asylverfahren, etwa für Flüchtlinge aus Syrien. Die sind mit dem Erlass gestoppt worden. Das Einreiseverbot nimmt jedoch solche Flüchtlinge aus, die wegen religiöser Verfolgung in ihren Heimatländern fliehen und in ihrem Herkunftsland als Minderheit gelten. Das zielt auf Christen ab, die in Ländern mit einer muslimischen Mehrheit leben. (pro)

Von: nob

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