Weihnachtsmann, Christkind und Co

Wer bringt an Weihnachten die Geschenke? Ein Großteil der Eltern lässt den Weihnachtsmann oder das Christkind diese Aufgabe übernehmen. Ob diese Geschichten für Kinder hilfreich sind, darüber gehen die Meinungen der Experten auseinander.
Von PRO

Laut einer britischen Studie erzählen über 80 Prozent der Eltern ihren
Kindern, dass der Weihnachtsmann oder das Christkind die
Weihnachtsgeschenke bringt. "Wenn man erzählt, dass das Christkind die
Geschenke bringt, sollten Kinder wissen, dass das ein Spiel ist", sagt
Michael Schnabel, wissenschaftlicher Referent des Staatsinstituts für
Frühpädagogik (München), in der "Augsburger Allgemeinen". Der Katholik
warnt Eltern davor, ihren Kindern die Mär vom Christkind zu erzählen,
stattdessen sollen sie den Kleinen sagen, dass es die Erwachsenen sind,
die die Geschenke unter den Baum legen. Unglücklich findet der Theologe
die Tradition, dass der Nikolaus mit seiner Rute zur Bestrafung für
Ungehorsam herhalten soll. "Religiöse Dinge sollten nicht mit Strafe
verbunden sein."

Bilder von Jesu Geburt beeindrucken Kinder

Dieser Meinung ist auch der Pädagoge und Buchautor Wolfgang Bergmann. Er rät Eltern dazu, in der Adventszeit die biblische Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Der Pädagoge begründet dies damit, dass "Kinder besonders empfänglich für die besondere Stimmung des Weihnachtsfestes" seien. Jesus auf dem Schoß seiner Mutter, der beschützende Josef sowie die Tiere im Stall seien starke Bilder, die selbst die größten Rabauken beeindruckten. "Ich kenne aus den Märchen kaum Vergleichbares", so Bergmann gegenüber dem Evangelischen Pressedienst Deutschland (epd).

Kinder hätten religiöse Bedürfnisse, so der Pädagoge weiter. Seiner Ansicht nach könne der kindliche Glaube an das Christkind oder den Weihnachtsmann trotzdem so lange wie möglich aufrecht erhalten werden. Es gehe darum, beglückende und versöhnliche Bilder zu schaffen.

Fantasiefiguren nicht zu Erziehungszwecken einsetzen

Die Entwicklungspsychologin Ursula Kastner-Koller sagte gegenüber der österreichischen Zeitung "Die Presse", es komme darauf an, welche Funktion diese Figuren einnähmen. Pädagogisch gesehen regen Christkind und Co. die Fantasietätigkeit an. Verbinde man den Glauben daran mit etwas Positivem, etwa der Idee, jemandem etwas zu schenken, so sei das aus pädagogischer Sicht nicht schädlich. Bedenklich sei jedoch, wenn die Figuren als Erziehungsinstanzen eingesetzt werden, so Kastner-Koller.

"Der Glaube an den Weihnachtsmann gehört zu unserer Kultur einfach dazu", sagt die Psychologin Felicitas Heyne gegenüber dem Nachrichtenportal "ntv". Für die meisten Kinder sei es ihrer Ansicht nach kein Schock, wenn sie erfahren, dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Es sei, so Felicitas Heyne, eher ein Gefühl von "Oh, schade", das jedoch schnell durch das Triumphgefühl aufgewogen werde, hinter ein Geheimnis der Erwachsenen gekommen zu sein. Mütter und Väter müssten nicht befürchten, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren: "Kinder spüren ganz schnell, dass die Eltern sie nicht ‚angelogen‘ haben, sondern ihnen eine schöne Erfahrung vermitteln wollten." Nach Ansicht der Psychologin haben Kinder keine Probleme damit, gewisse Widersprüche auszuhalten, weil der Weihnachtsmann in der Vorstellungswelt der Kinder Teil der "guten Mächte" sei.

Der Glaube an den Weihnachtsmann ist also weder gut noch schlecht. Die Frage aber, welche Bedeutung die biblische Geschichte von der Geburt Jesu in ihrer Familie haben soll, müssen Eltern individuell für ihre Familie festlegen. Und damit auch die Traditionen, die sie an den Weihnachtstagen befolgen wollen.

Unterscheiden zwischen Erfindung und Wahrheit

Das amerikanische Fachmagazin "Child Development" hat im Jahr 2006 eine amerikanische Studie veröffentlicht, die untersuchte, ab welchem Alter Kinder zwischen Realität und Erfindung unterscheiden können. Forscher erzählten 400 Kindern zwischen drei und sechs Jahren verschiedene Geschichten und wollten dann von den Kindern wissen, ob sie diese für wahr oder erfunden hielten. Dabei stellte sich heraus, dass Kinder ab dem Alter von vier Jahren sehr wohl imstande waren, Realität und Erfindung zu unterscheiden.

Der Weihnachtsmann: weltweite Tradition

Die Figur des Weihnachtsmanns geht auf die Legende um den heiligen Nikolaus zurück. Er ist aber keinesfalls mit diesem gleichzusetzen. Bischof Nikolaus von Myra lebte im 4. Jahrhundert und gilt als Schutzpatron für die Kinder. Traditionell wurde er in Europa als hoch gewachsene, ernste Bischofsfigur dargestellt. In den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts setzte sich die Figur des dicken Weihnachtsmannes im roten Mantel durch. Am 27. November 1927 schrieb etwa die New York Times: "Ein standardisierter Santa Claus erscheint den New Yorker Kindern. Größe, Gewicht, Statur sind ebenso vereinheitlicht wie das rote Gewand, die Mütze und der weiße Bart." Im Jahr 1931 begann Coca Cola mit der bekannten Werbekampagne, die einen rot-weißen Weihnachtsmann zeigt.

Der Weihnachtsmann ist übrigens international: In den USA glauben die Kinder, dass "Santa Claus" am Nordpol wohnt und seine Geschenke mit einem Rentierschlitten ausfährt. In Frankreich bringt "Pere Noel" die Geschenke, in Russland beschert "Väterchen Frost" die Kinder am 31. Dezember, dem Jolkafest. Bei den Briten legt "Father Christmas" bunte Päckchen unter den Baum.

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