„Erziehung im christlichen Glauben“: Kritik an von der Leyen

B e r l i n (PRO) - "Leyens Kirchenclub" betitelt die "Zeit" in ihrer Online-Ausgabe das "Bündnis für Erziehung", das Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen initiiert und zu dem sie Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland zu ersten Gesprächen eingeladen hat. Schon jetzt hagelt es Kritik an dem Bündnis – von muslimischen und jüdischen Verbänden.
Von PRO

Das „Bündnis für Erziehung“ soll Leitlinien für eine christliche Werteerziehung erstellen und Maßnahmen der bereits bestehenden „Allianz für die Familie“ ergänzen, die auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgerichtet sind.

Von der Leyen: „Es geht um christliche Werte“

Ministerin von der Leyen sagte in einem WDR-Interview am Donnerstag, sie wolle eine wertebezogene Erziehung fördern. „Es geht um Erziehung im christlichen Glauben, und zwar auf den christlichen Werten, auf denen unser Abendland fußt.“ Die beiden christlichen Kirchen hätten viel Erfahrung bei der Kindererziehung, zum Beispiel als Träger von Kindergärten. Gleichzeitig sagte sie, es handele sich bei der vorgesehen Partnerschaft mit den christlichen Kirchen lediglich um einen „Auftakt“. Auch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften könnten teilnehmen.

Zudem stellten Kirchen, so von der Leyen, rund 72 Prozent aller Kindergartenplätze bei den freien Trägern. In Westdeutschland seien es sogar die Hälfte aller Kindergartenplätze. So erreiche man „viele, viele Eltern und Kinder“. Auch schickten zahlreiche muslimische Eltern ihre Kinder bewusst in christliche Kindergärten, „weil sie sagen: Da wird wenigstens über Religion gesprochen.“

Muslimische und Jüdische Verbände: „Ziemlich schmerzlich“

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, hatte das Bündnis zuvor kritisiert. Der Münchner „Abendzeitung“ sagte er, deutsche Politiker betonten stets das jüdisch-deutsche Fundament. Eine Einladung zum Bündnis habe er jedoch nicht erhalten. Das sei „ziemlich schmerzlich“. „Das bedeutet für Frau von der Leyen wie im Schulunterricht: Durchgefallen, Test nicht bestanden.“ Werte sollten nicht auf eine Religion fokussiert werden, sagte er.

Verärgert reagierte auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland. „Mit Blick auf die Neutralität des Staates wäre es dringend geboten, auch die anderen Religionen einzuladen“, sagte der Zentralrats-Vorsitzende, Ayyub Axel Köhler, der „Abendzeitung“.

Der Erziehungsexperte Klaus Hurrelmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Kirchen als Bündnispartner repräsentieren nur Teile des demokratischen Wertespektrums.“ Ein beträchtlicher Teil der Deutschen gehöre nicht der christlichen oder gar keiner Religionsgemeinschaft an, so der Bielefelder Professor.

Bischöfin Käßmann: „Glaube kein schlechter Ratgeber“

Die Hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann entgegnete im Bayerischen Rundfunk, die christlichen Kirchen seien „ja keine Gruppe, die total am Rande steht, sondern wir haben in unseren Kindertagesstätten ja mehr als eine Million Kinder, die betreut werden“. Es sei notwendig, darüber nachzudenken, in welche Wertegemeinschaft etwa Zuwanderer integrieren werden könnten. Dabei sei der christliche Glaube „nicht der schlechteste Ratgeber“. Das Bündnis für Erziehung sei jedoch „kein exklusiver Club“, so Bischöfin Käßmann.

Christliche Werte in der Erziehung sind Deutschen wichtig

Mit ihrer Forderung nach „konsequenterer Kindererziehung“ und einer stärkeren Beachtung von christlichen Grundwerten in der Erziehung trifft Bundesfamilienministerin von der Leyen einer aktuellen GfK-Umfrage (Nürnberg) zufolge bei den Deutschen den Nerv der Zeit: Laut einer Umfrage im Auftrag des Apothekenmagazins „Baby und Familie“ sind Nächstenliebe, Wohltätigkeit und Gewissensbildung hierzulande äußerst wichtige Erziehungsziele: 84,4 Prozent der Deutschen finden es wichtig, Kinder nach dem Grundsatz der Nächstenliebe zu erziehen. 82,7 Prozent wollen, dass Kinder Wohltätigkeit gegenüber Bedürftigen lernen und 79,6% sagen, dass Erziehung unbedingt zur Gewissensbildung der Kinder beitragen sollte.

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