Pakistanische Christen in Angst

In der pakistanischen Stadt Lahore hat am Samstag eine aufgebrachte Menschenmenge dutzende Häuser von Christen in Brand gesetzt. Ein Christ soll dort den Propheten Mohammed beleidigt haben. Laut Polizeiangaben beteiligten sich rund 3.000 Muslime an dem Protest.
Von PRO

Die Szenen spielten sich in der sogenannten „Joseph Colony“ ab, dem Stadtteil, in dem Angehörige der christlichen Minderheit wohnen. Der 28-jährige Sawan Masih solle abfällige Bemerkungen über den Propheten Mohammed gemacht haben und war am Freitag von der Polizei festgenommen worden, meldet das Nachrichtenportal Die Presse. Viele Christen seien schon am Freitag vorsorglich geflüchtet, aus Angst vor Selbstjustiz.

Obwohl er nun in Haft sitzt, zogen tausende Moslems plündernd durch die Siedlung. Schlichtungsversuche, von denen Spiegel Online berichtet, halfen nicht. Die randalierende Menge setzte am Samstag Möbel, Rikschas, Fahrräder und Motorräder in Brand. Die Bewohner flüchten aus Angst um ihr Leben. Die Polizei vertrieb die Randalierer mit Schlagstöcken. Bei den Auseinandersetzungen wurden 20 Polizisten leicht verletzt.

Ausschreitungen unabhängig vom Wahrheitsgehalt

Berichte über Beleidigungen Mohammeds führen in Pakistan immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen – unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. Blasphemie kann in dem Land im schlimmsten Fall mit dem Tod bestraft werden. Zwar wurde dies nach Medienangaben noch nie vollstreckt, doch oft werden die Beschuldigten Opfer von Lynchjustiz.

Spiegel Online berichtet von einer Frau, die seit bald vier Jahren wegen Blasphemie-Vorwürfen in der Todeszelle sitzt. Politiker, die sich für sie eingesetzt hätten, seien ermordet worden. Im vergangenen Herbst sorgte der Blasphemie-Vorwurf gegen ein Mädchen weltweit für Aufsehen, das angeblich Seiten eines Lehrbuchs mit Koranversen verbrannt haben sollte. Später stellte sich heraus, dass ein Geistlicher die Seiten mit Absicht angesteckt hatte (pro berichtete).

Regierung: Hauptaufgabe ist Schutz aller Bürger

Der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari zeigte sich schockiert über den jüngsten Vorfall. Der Schutz der Rechte aller Bürger, ob Muslime oder nicht, sei die „Hauptaufgabe der Regierung“ und dieses werde die Regierung verteidigen. Gegen die Gewalttäter werde Klage wegen Vandalismus erhoben. Die Christen sollten für ihr verlorenes Hab und Gut entschädigt werden.

Aus Protest gegen den Überfall auf das Viertel sind am Montag zahlreiche christliche Schulen in Pakistan geschlossen geblieben. Der christliche Regierungsberater Paul Bhatti sagte, am Dienstag sollten die Schulen, die als die besten im Land gelten, wieder öffnen. Am Sonntag hatten Tausende Christen in großen Städten zum Teil gewaltsam für einen besseren Schutz der Minderheit demonstriert. (pro)

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